Die Kredit- und Medienaffäre von Bundespräsident Christian Wulff lässt Zweifel an seiner künftigen Amtsführung aufkommen. „Ein Bundespräsident von Kanzlers Gnaden ist nicht der Bundespräsident, der dem Grundgesetz vorschwebt“, mahnt der Leipziger Verfassungsrechtler Christoph Degenhart im „Handelsblatt“ (Dienstagsausgabe). Diese Aufgabe erfordere „Unabhängigkeit und Standvermögen“.
Konkret geht es um die Frage, wie ein Bundespräsident, der mehr oder weniger davon abhängt, dass er von der Bundesregierung noch gehalten wird, unvoreingenommen Gesetze prüfen oder sogar deren Ausfertigung verweigern soll. „Bei strittigen Gesetzen kann es zu Konfliktsituationen zwischen der Bundesregierung und dem Bundespräsidenten kommen“, meint Verfassungsrechtler Degenhart. „Der Druck hinter den Kulissen kann sehr hoch sein“, warnt er. Gerade bei Gesetzen, die im Eilverfahren verabschiedet würden, könne es schnell zu Verfahrensfehlern und auch inhaltlichen Defiziten kommen. „Wulff muss hier unabhängig prüfen und in letzter Konsequenz die Ausfertigung von Gesetzen verweigern. Das ist in der derzeitigen Situation eher fraglich“, meint Degenhart.