Zapfsäule
dts Nachrichtenagentur
Nach monatelangem Streit wird die Bundesregierung nach Informationen der „Welt“ noch in dieser Woche die Markttransparenzstelle für Benzinpreise auf den Weg bringen. Am Donnerstagnachmittag will der Bundestag das dafür notwendige Markttransparenzstellen-Gesetz verabschieden. Nach der zweiten und dritten Lesung steht die abschließende Entscheidung an.
Das Gesetz ist im Bundesrat nicht zustimmungspflichtig. Auch gibt es in der Regierungskoalition keinen Streit mehr über das vorliegende und abgespeckte Modell. Die Autofahrer werden damit eine Datenbank an die Hand bekommen, die sämtliche Preisänderungen an den rund 14.000 Tankstellen auflistet und das tagtäglich rund um die Uhr. Über Internetseiten etwa des ADAC oder über Apps für Handys von verschiedenen Preisportalen kann sich jeder Tankkunde darüber informieren, welche Station in seiner Nähe aktuell die günstigste ist. Federführend bei der Gesetzesinitiative ist das Bundeswirtschaftsministerium. „Die Hoffnungen, die sich mit der Transparenzstelle verbinden, beziehen sich auf die häufigen Preisschwankungen an den Tankstellen“, sagte Klaus Picard, Hauptgeschäftsführer des Mineralölwirtschaftsverbands, der Zeitung. Die Ölindustrie hatte die Schwankungen stets mit dem Einfluss des Weltmarktes begründet. Das Bundeskartellamt hatte dagegen oftmals das hohe Preisniveau in Deutschland moniert und mehr Wettbewerb gefordert. „Sollte es zu einer Glättung kommen, wäre dies durch Transparenz und damit auf marktwirtschaftliche Weise erreicht worden“, sagte Picard der „Welt“. Der Benzinmarkt wird in diesem Jahr um rund fünf Prozent schrumpfen, Grund sind sparsamere Motoren in Neuwagen. Auch dies verschärft aus Sicht der Öllobbyisten den Preiskampf an den Stationen. Wegen der aufwendigen Einrichtung der Datenbank sowie der Preismeldungen wird ein Start erst für den Sommer 2013 erwartet. Das Umschwenken der Ölkonzerne hat einen Grund: Sie konnten sich mit ihren Vorstellungen durchsetzen, dass ausschließlich Tankstellenpreise und nicht ebenfalls Großhandelspreise an Raffinerien oder Tanklagern an das Kartellamt gemeldet werden müssen. „Das Bürokratiemonster ist vom Tisch. Denn eine Meldung aller Großhandelspreise und Großhandelsmengen wird von der Politik nicht mehr verlangt“, sagte Verbandschef Picard. Zunächst war dies in dem Gesetzentwurf vorgesehen. Doch die Menge an Daten schreckte die Behörde davon ab. Deutschland folgt damit dem Beispiel Österreichs. Im Nachbarland erhebt die Gesellschaft Energie-Control in Wien Daten von gut 4.000 Stationen. Doch der Erfolg ist bislang bescheiden: Im Durchschnitt werden die Preise gerade einmal von 15.000 bis 20.000 Autofahrern am Tag abgerufen und das bei 4,5 Millionen Autos in der Alpenrepublik. Dies geht aus einer Analyse der Spritpreisstelle hervor, die der „Welt“ vorliegt. Danach schauten im ersten Quartal 2012 rund 1,4 Millionen Österreicher auf die beiden Internetseiten. Auch eine zweite Erwartung hat sich im Nachbarland nicht erfüllt: Tankstellen ändern ihre Preise öfter und nicht seltener. Im Durchschnitt drehte jede einzelne Station 1,76 Mal am Tag an der Preistafel, im Vorquartal hatte diese Zahl noch bei 1,48 gelegen. Zu einem niedrigeren Preisniveau hat die Meldepflicht im Nachbarland bislang ebenfalls nicht geführt. Österreich ist lediglich durch niedrigere Steuern auf Benzin und Diesel beim Tanken günstiger als Deutschland.