Zeitung: Berliner V-Mann-Affäre erreicht Wirtschaftsministerium

Die Berliner V-Mann-Affäre um Thomas S. beschäftigt jetzt auch das Bundeswirtschaftsministerium. Das Ministerium hatte S., der in einer Dresdner Hochtechnologie-Firma arbeitet und dort an Verschlusssachen des Bundes gelangen kann, im Jahr 2008 einer Sicherheitsüberprüfung durch das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) unterziehen lassen. Damals hatte das BfV keine Sicherheitsbedenken.

Doch nach dem Bekanntwerden von Details aus dem Vorleben von S., der langjährige V-Person des Berliner Staatsschutzes war und 2005 unter anderem wegen Volksverhetzung verurteilt wurde, revidieren Ministerium und Verfassungsschützer ihre damalige Einschätzung. Das Wirtschaftsministerium (BMWi) erklärte auf Anfrage der „Welt“: Im Rahmen der Sicherheitsüberprüfung „ist dem BMWi eine Straftat aus 2005 wegen Volksverhetzung, Verunglimpfung der Bundesrepublik und Verbreitung von Propagandamitteln verfassungsfeindlicher Organisationen … nicht mitgeteilt worden.“ Mittlerweile habe man Konsequenzen gezogen. „Aufgrund der im Juli 2012 bekannt gewordenen Tatsachen hat das BMWi veranlasst, dass Thomas S. unverzüglich aus der sicherheitsempfindlichen Tätigkeit herausgenommen wurde.“ Das BMWi führt nach eigenen Angaben rund 10.000 erstmalige Sicherheitsüberprüfungen von Personen aus der Privatwirtschaft durch. Dabei obliege es dem Bundesamt für Verfassungsschutz als mitwirkende Behörde, die „sicherheitserheblichen Erkenntnisse mitzuteilen, die für eine Entscheidung erforderlich sind“. Der Verfassungsschutz hält jedoch an seiner Einschätzung der Verurteilung von 2005 fest. Die letzte Straftat von S. geschah im Jahr 2000, allein die Verurteilung erfolgte 2005. „Ewige Rache gibt es im deutschen Rechtsstaat nicht“, heißt es in Sicherheitskreisen gegenüber der Zeitung. Allerdings hätte aufgrund der neuen Informationen zu S. die Sicherheitsüberprüfung der Verfassungsschützer negativ beschieden werden müssen: „Hätten wir gewusst, dass Thomas S. eine V-Person des Berliner Landeskriminalamtes ist, wäre das Ergebnis unserer Sicherheitsüberprüfung bestimmt anders ausgefallen“, erklärten Verfassungsschützer der „Welt“.