Wohnungseigentümerversammlung vor 17 Uhr: So viel Handlungsspielraum haben Immobilienverwalter bei der Festlegung des Zeitpunkts

Eigentümerversammlungen finden meist abends statt. Die Rechtsprechung gesteht Immobilienverwaltern jedoch Handlungsspielraum bei der Festlegung des Zeitpunkts zu. Der BVI Bundesfachverband der Immobilienverwalter e. V., der bundesweit mehr 800 Unternehmen aus der Branche vertritt, hat die Rechtslage gesichtet und Handlungsempfehlungen abgeleitet. Demnach ist es unter gewissen Umständen zulässig, Versammlungen nachmittags oder sogar vormittags stattfinden zu lassen.
„Die meisten Immobilienverwaltungen beraumen Eigentümerversammlungen in den Abendstunden an, um auf die Berufstätigkeit der Wohnungseigentümer Rücksicht zu nehmen. So sieht es das Gesetz vor“, sagt Thomas Meier, Präsident des BVI Bundesfachverbandes der Immobilienverwalter. Doch Termine um 18 Uhr oder später erschweren es der Branche zunehmend, Fachkräfte zu finden und sich als attraktiver Arbeitgeber zu positionieren. „Immer mehr Verwalter gehen daher dazu über, Eigentümerversammlungen früher stattfinden zu lassen“, sagt Meier. Darauf deuten zahlreiche Nachfragen hin, die den BVI zu dem Thema erreichen. Die Empfehlung des BVI-Präsidenten: „Verwalter sollten ihren Handlungsspielraum bei der Festlegung des Versammlungszeitpunktes ausschöpfen. Rechtlich gesehen gibt es für Eigentümerversammlungen keine verbindliche, in jedem Fall zu beachtende Anfangszeit.“

Keine verbindliche Anfangszeit

Zu diesem Schluss kommt auch Dr. Olaf Riecke, weiland Richter am Amtsgericht Hamburg-Blankenese und Herausgeber des juristischen Fachmagazins ZMR – Zeitschrift für Miet- und Raumrecht. „Grundsätzlich soll eine Versammlung so stattfinden, dass ein ortsansässiger berufstätiger Eigentümer daran teilnehmen kann, ohne Urlaub zu nehmen“, erklärt der Experte. Daraus lasse sich ableiten, dass eine Versammlung in der Zeit von Montag bis Freitag in der Regel nach 17 Uhr beginnen sollte. Doch nicht unbedingt später. Und auch frühere Termine seien unter gewissen Umständen möglich. Voraussetzung ist, dass der Zeitpunkt im Fall des Falls gerichtlich nachprüfbar, verkehrsüblich und zumutbar ist.
„Was zumutbar und verkehrsüblich ist, hängt im Einzelfall wiederum von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und der WEG-Anlage ab“, konkretisiert Riecke. Demnach hat das AG Oldenburg/Holstein für zulässig befunden, bei Großanlagen die Versammlung deutlich früher anzusetzen als 17 Uhr, im betroffenen Fall von 10.53 Uhr bis um 20.20 Uhr (AG Oldenburg/Holstein, ZMR 2022, 843). Zutreffend akzeptierte schon früh das OLG Köln einen Versammlungsbeginn werktags um 15:00 Uhr für eine auf 5 Stunden angelegte Versammlung für eine Anlage mit mehr als 500 Wohnungseigentümern (OLG Köln, ZMR 2005, 77).

Persönliche Wünsche berücksichtigen

„Bei umfangreicher Tagesordnung und zahlreichen zu erwartenden Redebeiträgen darf eine Versammlung also durchaus bereits am frühen Nachmittag oder vormittags beginnen“, sagt Riecke. Verwalter, die einen frühen Termin für die Eigentümerversammlung erwägen, sollten jedoch in jedem Fall die Zustimmung der Eingeladenen einholen. So hat das AG Hamburg-Wandsbek die Anberaumung einer Eigentümerversammlung auf werktags 14 Uhr nur dann als nicht ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechend angesehen, wenn einzelne Wohnungseigentümer berufsbedingt nicht persönlich erscheinen konnten und dies auch vorher (!) mitgeteilt und anschließend um Verlegung des Termins für die Versammlung gebeten hatten (AG Hamburg-Wandsbek, ZMR 2004, 224; vgl. auch LG München I, NZM 2005, 591).
Wenn die Eigentümergemeinschaft sich damit einverstanden erklärt, kann also ein früher Termin legitim sein und hat vor Gericht Bestand, wenn es zu Rechtstreitigkeiten kommt. Das gilt auch für Termine an Samstagen, Sonntagen oder Feiertagen. „An Sonn- und Feiertagen aber nicht vor 11 Uhr“, warnt der Rechtsexperte. Eine ordentliche Versammlung ohne besondere Dringlichkeit sollte zudem nicht in der Ferienzeit des jeweiligen Bundeslandes stattfinden. Außerordentliche Versammlungen aus dringendem Anlass sind aber möglich.

WEG-Recht auf den neuesten Stand bringen

Das Fazit des BVI: Es gibt bei Eigentümerversammlungen keine Anfangszeit, die für Verwalter verbindlich ist. Auf bereits vor der Ladung geäußerte Wünsche Einzelner sollte eingegangen werden. Und häufiger als gedacht sind Wohnungseigentümer offen für Termine an Vor- oder Nachmittagen, da Eigentümerversammlungen in der Regel nur einmal im Jahr stattfinden. „Vor diesem Hintergrund ist es einer WEG durchaus zuzumuten, innerhalb gängiger Bürozeiten an einer Eigentümerversammlung teilzunehmen“, betont BVI-Präsident Thomas Meier. Er fordert, das Wohnungseigentumsgesetz in diesem Punkt zu präzisieren, um Verwaltern mehr Flexibilität zu ermöglichen.

Der BVI Bundesfachverband der Immobilienverwalter e. V. vertritt seit 1983 professionelle Unternehmen aus der Immobilienverwaltung. Insgesamt gehören dem Verband rund 800 Hausverwaltungen an, die über 1,4 Millionen Einheiten betreuen und damit rund 15 Prozent des Bestandes an Eigentumswohnungen in Deutschland. Die von den Verbandsmitgliedern verwalteten Vermögenswerte in der Immobilienwirtschaft betragen über 140 Milliarden Euro. Thomas Meier ist seit mehr als 20 Jahren Präsident des BVI.

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