Der Gewinner des diesjährigen Nobel-Gedenkpreises für Wirtschaftswissenschaften, Alvin E. Roth, hat die Marktfixierung mancher Ökonomenkollegen kritisiert. In einem Interview mit der Wochenzeitung „Die Zeit“ sagte er, manche Menschen lehnten nun mal den Vormarsch von Märkten in immer neue Lebensbereiche ab, „und wir Ökonomen dürfen dann nicht immer sagen: Diese Menschen sind uninformiert. Manchmal haben sie ja gute Gründe, und wir müssen ihnen andere Verteilungsmechanismen anbieten.“
Roth selbst ist ein Pionier darin, ökonomische Logik in so unterschiedliche Lebensbereiche wie das Spenden von Nieren oder die Vergabe von Schulplätzen einzuführen. Allerdings setzt er dabei nicht schlicht auf das Wechselspiel von Angebot, Nachfrage und Preisen, also auf klassische Marktstrukturen, sondern auf deutlich kompliziertere und teils computergestützte Verfahren. „Wenn ich `Markt` sage, dann verstehe ich darunter etwas viel Allgemeineres“, sagte er der ZEIT. „Am Heiratsmarkt etwa geht es so komplex zu, dass Sie ihn mit einem gewöhnlichen Warenmarkt kaum vergleichen können. Ich möchte aber auch dort verstehen, wie die Tausch- und Verteilungsmechanismen in unserer Gesellschaft funktionieren – und wie sie noch besser arbeiten könnten.“ Solche praktischen Überlegungen schadeten der Fortentwicklung der Lehre keineswegs, sagte Roth. Allerdings könne er sich vorstellen, dass sie auf Dauer „neue Verdienstwege für Ökonomen“ eröffnen.