Qualitätszertifikate wie ISO9001, 14001 sind ein Muss für jedes Unternehmen und jede Institution. Was sagen sie aber tatsächlich über die Qualität aus und wie steht es mit der Kosten-Nutzen-Rechnung?
Vor einigen Wochen wurden vermehr Kehrichtsäcke mit fehlender Schweissnaht an die Verkaufsstellen zurück gebracht. Auf das Problem angesprochen teilt der Hersteller wie folgt mit:
Zitat:“Als ISO 9001/14001 zertifiziertes Unternehmen verfügen wir über ein Managementsystem, dass uns befähigt, unsere Produktionsprozesse im Griff zu haben und die Qualität zu überwachen“.
„Es darf nicht sein was ist, weil wir ein zertifiziertes Qualitätsmanagementsystem (QM-System) nach ISO 9001/ 14001 haben.
Wer nun glaubt, dies sei ein Einzelfall der irrt. Es gibt bereits Unternehmen, die für fehlende Qualität sowohl in Produkt als auch in den Prozessen jährlich 7stellige Beträge ausgeben. Tendenz steigend.
Es herrscht die Meinung, dass ein Zertifikat alleine die Qualität von Produkt und Dienstleistung beweist und über regelmässige Nachaudits dies auch sicherstellt.
Reinhard Sprenger hat bereits 1995 im Manager Magazin unter dem Titel „Der grosse Bluff“ darauf hingewiesen, dass Qualitätsmanagement vorallem ein grosses Geschäft ist.
Ein Zertifikat sagt absolut nichts über die Qualität eines Unternehmens oder einer Institution aus.
Und Sprenger weiter: „Hier werden Mindeststandards definiert und Kontrollprozesse idealtypisch beschrieben und Normen festgelegt“.
Die Fremdbestätigung (Zeugnisse, Atteste) feiert den Sieg über die Fähigkeitsorientierung.
Qualitätsmanagement als Flucht ins Handbuch.
Sprenger fragt ironisch „Macht sich die deutsche Industrie zum Stempelkissen für ein teures Beurteilungsritual, das sie inhaltlich keinen Schritt weiterbringt. Aber jeder macht mit, weil jeder auf den anderen zeigt. Alle wissen es und alle wissen, dass es alle wissen?
Christian Homburg, Professor für Betriebswirtschaft an der Otto-Beisheim-Hochschule hat mehrfach darauf hingewiesen, dass die Qualität solcher Systeme alleine die Qualität des QM-Systems ist sprich Handbücher, Policies und die entsprechende Administration.
Leider hat sich die Situation bis heute nicht verbessert.
Die Zertifizierungsfirmen wollen den Kunden bei der Stange halten und gehen Kompromisse ein und kaum eine Firma kann es sich leisten, ohne zertifiziertes QM-System dazustehen.
Ob Six Sigma, ISO, TQM, EFQM und andere QM-Systeme, die Unternehmen sind permanent dabei, sich das hierfür spezifische Methodenwissen mit den notwendigen Tools anzueignen und im Alltag einzusetzen. Ein Schalk der behauptet „a fool with a tool remains a fool, only his foolishness is automated“.
Es genügt nicht die Handbücher einmal jährlich hervor zu nehmen und die Inhalte auswendig zu lernen, damit man beim Audit nicht durchfällt.
Wie sieht es nun mit dem Kosten-Nutzen-Verhältnis aus?
Michael Maccoby war anfangs der 90er der Meinung, dass Menschen als Ressourcen zu betrachten sind und nicht als Kosten, weil man sonst nicht zum Qualitätsmanagement gelangt.
Grundsätzlich besteht ein QM-System aus Kosten und internem und externem Nutzen (Bruhin 1998 S.209). Bereits die Kosten mit dem Einmalaufwand für die Zertifizierung, dem Systemerhalt und den Nachaudits werden selten konsequent erfasst. Dies gilt insbesondere für den internen Aufwand
Der Nutzen eines QM-Systems ist kaum bekannt.
Dieser lässt sich nur schwierig ermitteln und ist in der doppelten Zurechnungsproblematik verankert. Diese beschreibt nach Bruhin das Phänomen, dass, anders als die Kosten, Nutzensteigerungen nur selten ausschliesslich Aktivitäten des QM-System zugerechnet werden können und darüber hinaus nicht eindeutig qualitätsbezogene Kosten gegenübergestellt werden können.
Somit lässt sich kaum ermitteln, was ein zertifiziertes QM-System im Sinne einer Vollkostenrechnung kostet und wieweit ein eigenes System nicht zum gleichen Effekt bei wesentlich günstigeren Kosten führt.
Letztlich sind QM-Systeme notwendig, um den KVP d.h. den kontinuierlichen Verbesserungsprozess, Qualität und einen Mehrwert zu schaffen.
Die Herausforderung dabei besteht aber darin, dass diese Systeme auf Theorien über Prozesse und deren Auswirkungen auf Unternehmen aufbauen und weniger darauf, wie Prozesse innerhalb des Unternehmens tatsächlich ablaufen.(Dazu bedarf es Methoden wie das Operation Efficiency Assessment OEA).
Schliesslich garantiert auch eine bestandene Fahrprüfung noch lange nicht, dass sich der erfolgreiche Absolvent auch an die Verkehrsregeln hält obwohl er über das notwendige Zertifikat sprich Fahrausweis verfügt.
Erfolg im Sinne von nachhaltiger Optimierung hat somit das Unternehmen erst dann, wenn es über fundierte Erfahrung im Umgang mit der Methodik verfügt und die damit verbundene Qualitäts kultur lebt. Mit oder ohne Zertifikat.
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