Nach mehr als einjähriger Schließung wegen Sanierungsarbeiten öffnet das Goethe-Museum – ein zu wenig bekanntes Schmuckstück unter den Frankfurter Museen – am 28. August 2011 wieder seine Pforten. Es ist nicht, wie der Name vermuten lässt, ein reines Literaturmuseum, sondern die einzige Gemäldegalerie, die sich ausschließlich der Kunst der Goethezeit widmet. Sie spiegelt Goethes „leidenschaftliche Neigung für bildende Kunst“ wider, die ihn als Kenner, Sammler, Zeichner, Kritiker, Freund vieler Künstler seiner Zeit und natürlich als Dichter ein Leben lang begleitet hat. In 14 Räumen wird ein breites Spektrum aufgefächert, das von den spätbarocken Frankfurter Malern bis zur deutschen Romantik reicht. Leitfaden ist Goethes sich wandelndes Verhältnis zur Kunst seiner Epoche, die nicht von ungefähr als „Goethezeit“ bezeichnet wird. Als Glanzstücke ragen Johann Heinrich Füsslis „Nachtmahr“ und Caspar David Friedrichs „Abendstern“ neben weiteren Bildern dieser Maler heraus; es gibt aber auch andere Höhepunkte der Sammlung zu entdecken: klassisch schöne Landschaften von Jacob Philipp Hackert, anmutige Porträts von Angelica Kauffmann, erzählfreudige Genresstücke von Justus Juncker und seinen Frankfurter Malerkollegen sowie romantische Naturbilder von Carl Gustav Carus oder George August Wallis. Die Entwicklung des Porträts vom aristokratischen Standesbild zum psychologisch genau erfassten Individualbildnis lässt sich anhand der Gemälde von Anton Graff, Gerhard von Kügelgen, Joseph Stieler, der Malerfamilie Tischbein und anderen nachvollziehen. Die Bildnisse sind ein Who is Who der Epoche; außer Goethe begegnet man Schiller, Herder, Wieland, dem Weimarer Herzogshaus, Gellert, Stolberg, den Brüdern Humboldt sowie Schlegel, Tieck, Sophie von La Roche, Bettine und Achim von Arnim und vielen anderen.
Von Johann Heinrich Wilhelm Tischbein besitzt das Museum das allegorische Gemälde „Die Stärke des Mannes“, das Goethe während seines römischen Aufenthaltes bei dem Künstler am Corso kennenlernte. Das berühmte Porträt „Goethe in der römischen Campagna“ ist zwar nur in einer Kopie von Karl Bennert vertreten, doch anlässlich der Wiedereröffnung des Museums kann als Leihgabe des Städel Museums erstmals auch Tischbeins Original gezeigt werden – so kommt es zu einem „Gipfeltreffen“ der Goethe-Bildnisse (bis November 2011).
Die Gemäldesammlung des Frankfurter Goethe-Museums umfasst nahezu 500 Werke; ungefähr ein Drittel ist in der Gemäldegalerie zu sehen, ein weiteres Drittel im historischen Goethe-Haus, während das restliche Drittel magaziniert ist und für Sonderausstellungen zur Verfügung steht. Die Sammlung wurde seit dem Erwerb des Goethe-Hauses im Jahr 1863 vom Freien Deutschen Hochstift zusammengetragen, wobei dem ehemaligen Direktor Ernst Beutler die größten Verdienste zukommen. Fast alle namhaften Künstlerinnen und Künstler aus dem deutschen Sprachraum sind vertreten, mit denen Goethe in Verbindung stand. Die Sammlung verfolgt jedoch nicht nur den Höhenweg der Kunst, sondern öffnet ein breites kulturhistorisches Panorama, das auch die Kleinmeister und dilettierenden Künstler einbezieht, ohne die ein wirkliches Verständnis der Epoche und ihrer ästhetischen Paradigmen kaum möglich wäre.
Den gesamten Bestand präsentiert nun der von Petra Maisak und Gerhard Kölsch neu erarbeitete Gemäldekatalog, der opulent bebildert ist und auf ca. 400 Seiten nicht nur alle Fakten und technischen Angaben zu den Einzelwerken liefert, sondern auch die Künstler und die Dargestellten in kurzen Biographien vorstellt, die Forschungslage referiert und auf die besonders interessanten Stücke in ausführlicheren Essays eingeht. Dabei wird der Bezug zu Goethe hergestellt und das dichte Beziehungsgeflecht erfahrbar gemacht, das zu seiner Zeit das gesamte kulturelle Leben und seine Protagonisten verknüpfte. Eine kleine Chronik „Goethe, Kunst und Künstler“ bietet schließlich den Bezugsrahmen, der verdeutlicht, wie vielfältig und auch spannungsvoll Goethe in die Kunstgeschichte seiner Zeit eingebunden war.
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