In diesem Beitrag beschreibt Hans Deutzmann, Leiter der TRIPADA AKADEMIE für Gesundheit und Yoga in Wuppertal, die positiven Auswirkungen des Yoga auf die Gesundheit. Hans Deutzmann leitet die Yogalehrerausbildung auf klassischer Grundlage und angepasst an die Bedürfnisse der Gesundheitsförderung.Der Beitrag besteht aus mehreren lose aufeinanderfolgenden Artikeln.
TRIPADA AKADEMIE FÜR GESUNDHEIT UND YOGA
Yogapraxis, ihre Prinzipien und die gesundheitlichen Wirkungen (Teil 1)
Unter Beachtung der wesentlichen methodischen Grundprinzipien der Yogapraxis lassen sich beachtliche positive Wirkungen auf die Gesundheit feststellen. Yoga wirkt im Sinne der Salutogenese als ideale Form der Gesundheitsvorsorge und wird von der Bevölkerung aktiv genutzt und angenommen. Neben den Effekten im Bereich der Prävention psychosomatischer und chronisch degenerativer Erkrankungen finden sich auch gesicherte therapeutische Effekte bei einer Vielzahl von Erkrankungen.
Yogatherapie kann definiert werden als Behandlung von Krankheiten durch Methoden des Yoga. Entgegen mancher aktueller Trends muss bei der Diskussion der „Yogatherapie“ darauf hingewiesen werden, dass bei verantwortlichem Umgang die Therapie im engeren Sinne den Angehörigen der Heilberufe vorbehalten bleiben sollte. Hier kommen Ärzte in Frage, die zugleich Yogalehrer sind. Leider gibt es in unseren Breitengaden viel zu wenige solcher Doppelqualifikationen. Hingegen waren die meisten bekannten indischen Yogameister auch Ärzte. Ein stärkeres Interesse der Fachwelt am Yoga könnte die Integration des Yoga in das gesundheitswesen unterstützen.
Zunächst befassen wir uns nun mit der Wirkung der Asanas, der yogatypischen Körperstellungen auf verschiedene Teilssysteme des Organismus. Hierbei müssen jedoch die Yogaprinzipien berücksichtigt werden. Zudem sind die positiven Wirkungen nur bei einer angemessenen Übungsauswahl gewährleistet, die der individuellen Konstitution des Übenden angepassst ist. Zweifellos besteht sonst vor allem die Gefahr der Überforderung und der Verletzung. Betrachten wir deshalb nun zunächst die wichtigsten methodischen Grundprinzipien der Ausführung von Asanas. Vorausgehend muss ergänzend darauf hingewiesen werden, das Asanas niemals isoliert geübt werden, sondern Entspannung, Atemübungen und Meditation sowie die Kultivierung von Verhalten und Einstellungen (yama und niyama) im holistischen Konzept des Yoga immer zusammen gehören. Eine Reduzierung der Yogapraxis auf Asanas alleine und noch dazu der Asanas als reine Körperübungen wäre demzufolge schon nicht dem Yoga gemäss. Yoga entfaltet seine Wirkung gerade im Zusammenwirken der fein aufeinander abgestimmten Übungsformen. Der wichtigste Text zu den Prinzipien der Asanapraxis ist das Yogasutra des Patanjali, der als Begründer des Yogaphilosophie als einem von sechs klassischen Systemen indischer Philosophie gilt. Er hat vor ungefähr 2000 Jahren erstmals den Yoga systematisiert zusammengefasst und Ziele, Methoden und Prinzipen der Yogapraxis in kurzen Merksätzen (Sutra) beschrieben. Das wesentliche Grundprinzip hat er dem Sutra II.46 festgelegt: So heißt es in der Sanskrit-Terminologie kurz und knapp: „sthira-sukham-asanam“. Übersetzt heisst dies soviel wie: Die Haltung soll fest, stabil und angenehm sein. Es ist bemerkenswert, dass Patanjali insgesamt nur drei Sutras zum Thema Asana verfasst hat, und doch ist alles Wesentliche gesagt. Festigkeit und Stabilität einerseits, Angenehmheit und Bequemlichkeit (nicht im Sinne von „faul“) andererseits charakterisieren die korrekte Ausführung eines Asana. Sukha bedeutet als Adjektiv angenehm, bequem, leicht; als Substantiv Freude oder Glück. Die psychische Zielsetzung der Praxis ergibt sich ebenfalls aus Patanjalis Definition: Alle Yogapraktiken haben das Ziel, die Bewegungen des Geistes zur Ruhe zu bringen: „cittavrittinirodah“. Im ältesten historischen Kommentar von Vyasa zu dem Patanjali Yoga Sutra II.47 heißt es erläuternd, daß die Haltung vollkommen wird, wenn jede Anstrengung bei ihrer Ausführung schwindet, denn Patanjali schreibt hier weiter völlige Entspannung vor, bei der der Geist einen Zustand der Betrachtung des Unendlichen einnehmen soll (PYS II.47). Zwar scheint sich diese Anweisung auf den ersten Blick nur auf meditative Sitzhaltungen zu beziehen, welche den Ursprung der Asanapraxis (Die Übersetzung: von asana ist in etwa „Sitzhaltung“) darstellen. Nach der eindeutigen Auffassung traditioneller Lehrer sind diese Prinzipien jedoch auch auf die „körperpflegenden und tranierenden Asanas“ zu übertragen, die letztlich Körper und Geist auf die Meditation im Sitzen vorbereiten sollen. Die Tradition des Hatha Yoga am Beispiel etwa der Gheranda Samhita ordnet der Asana-Praxis vornehmlich das Ziel der Stabilität zu. Angestrebt wird eine gute Körperverfassung, die stark und elastisch ist, ohne an Muskelkraft gebunden zu sein sowie den Körper vor Krankheit schützt. Müdigkeit soll abgebaut und die Nerven sollen beruhigt, Spannung und Entspannung in eine gute Balance gebracht werden. Insbesondere muss hier entgegen populären Irrtümern deutlich gemacht werden, dass jedes Asana in unterschiedlicher Weise den Aspekt der Entspannung und Leichtigkeit beinhaltet und deshalb niemals verkrampft und angestrengt ausgeführt werden darf, wenn es nicht seinen Charakter als Yoga- Asana verlieren soll. Als Indikator hierfür gilt klassischerweise ein entspannt fließender und nicht beschleunigter oder verstockter Atem. Da das Ziel der Übungen demzufolge vornehmlich in der Beseitigung von psychophysischer Disharmonie zu sehen ist, verbietet sich jedes auf Äußerlichkeiten gerichtetes Leistungsdenken. Geübt wird die rechte Achtsamkeit in der Gegenwart, die Absichtslosigkeit des Handelns. Bei richtigem Ausführen der Asanas sollten weder Schmerzen noch unangenehme Gefühle auftreten. Sie zeigen, falls doch, eine schlechte Ausführung oder Anleitung der Übung an oder weisen auf ein bestehendes Problem hin, dessen Ursache und Bedeutung untersucht werden sollten. Sie haben also möglicherweise auch einen diagnostischen Wert. Wahrnehmung, Akzeptanz und Auseinandersetzung mit den eigenen Grenzen bieten Möglichkeiten der Selbsterkenntnis (svadhaya). Als Indikator für eine richtige Praxis gilt das subjektive Empfinden. Man sollte sich nach einer Yogastunde frisch, voller Energie, ausgeglichen fühlen. Zudem ist jeder Übende sein eigener Meister, indem er durch ständige Beobachtungen die Auswirkungen der Praxis an sich selbst untersucht.
Generell beschreibt Patanjali Yoga als Praxis und Prozess einer Verminderungen von Störungen der körperlichen und geistigen Balance. Jede Art von Praxis, die zu weiteren Störungen und Disharmonien führt, kann deshalb nicht als Yogapraxis bezeichnet werden.
Wir finden hier auch die Kriterien für einen angemessenen und guten Yogaunterricht. Er muss dem Kenntnisstand und den Fähigkeiten der Schüler angemessen angepasst sein. Es darf weder Über- noch Unterforderung geben und Verletzungen dürfen nicht vorkommen. Erschöpfung ist kein Begleitzustand der Yogapraxis. Das Ergebnis ist Wachheit, Entspanntheit, Ausgeglichenheit und Frische. Wir sollten deshalb an Hand dieser Kriterien überlegen, ob es sich bei einer angebotenen Praxis um Yoga handelt oder etwa um die Verwendung von Yogaübungen im Sport. Yogaübungen liegen nur vor, wenn die Prinzipien der Yogapraxis beachtet werden.
(Vergleiche auch H.Deutzmann, „Yoga als Gesundheitsförderung“, BoD Verlag 2002 . Information unter http://www.tripada.de
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