Wann muss der Arbeitgeber Überstunden vergüten?

Sind manche Berufsgruppen „besser dran“? Können manche Berufsgruppen eher Überstundenvergütung verlangen, als andere? Ein Beitrag von Fachanwalt für Arbeitsrecht Alexander Bredereck und Rechtsanwalt Dr. Attila Fodor, Berlin.

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Fachanwalt für Arbeitsrecht Alexander Bredereck

Nach einer Studie verbringen 13 % aller deutschen Büroarbeitskräfte mehr als 11 Stunden werktäglich im Büro. Viele dieser Arbeitnehmer leisten über das vertraglich vereinbarte oder tarifvertraglich geregelte hinaus Überstunden, die der Arbeitgeber bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen vergüten muss.

Für die erfolgreiche Durchsetzung eines Anspruchs auf Vergütung von Überstunden kommt es 1. entscheidend darauf an, wie viel der Arbeitnehmer für die Durchsetzung seines Anspruchs vor Gericht vortragen und beweisen muss. Ganz entscheidend ist, ob der Arbeitnehmer die es nachweisen muss, dass die Überstunden notwendig waren und dass der Arbeitgeber sie angeordnet bzw. geduldet und gebilligt hat.

2. Weiterhin kommt es entscheidend auf die Art der Tätigkeit an. Ist es zu erwarten, dass die Überstunden nur gegen Bezahlung geleistet werden? Wenn ja, dann kann der Arbeitnehmer bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen Geld für die Überstunden verlangen.

Zur ersten Frage gibt es in der Rechtsprechung unterschiedliche Ansichten. Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat in einer Entscheidung vom 3.6.2010 (Aktenzeichen 15 Sa 166/10) die – sehr arbeitnehmerfreundliche – Auffassung vertreten, dass es für einen Anspruch des Arbeitnehmers grundsätzlich ausreicht, wenn dieser den genauen Zeitraum der Überstunden nachvollziehbar darlegt. Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz vertritt dagegen eine sehr viel strengere Auffassung. In Entscheidungen vom 6.2.2009 (Aktenzeichen: 6 Sa 337/08) und vom 23.11.2010 (Aktenzeichen: 3 Sa 319/10) machte dieses Gericht deutlich, dass der Arbeitnehmer verpflichtet ist, nicht nur die tatsächlichen Umstände und den Umfang der Überstunden vollständig anzugeben, sondern auch nachvollziehbar darzulegen, warum die Überstunden notwendig waren. Der Arbeitnehmer muss auch darlegen, dass der Arbeitgeber die Überstunden angeordnet hat bzw. geduldet oder gebilligt hat.

Für die Erfolgsaussichten einer Klage ist dies gegebenenfalls entscheidend. Vor einer Klage sollte der Arbeitgeber demnach sehr genau prüfen, welcher Auffassung die örtliche Rechtsprechung folgt.

Zur zweiten Frage hat sich das Bundesarbeitsgericht aktuell mit einem Urteil vom 17.8.2011 (Aktenzeichen: 5 AZR 406/10) geäußert. Das Bundesarbeitsgericht meint, dass eine Vergütung nicht bei allen Berufsgruppen oder bei allen Arten von Tätigkeiten zu erwarten ist. Bei handwerklichen Tätigkeiten oder Sekretariatstätigkeiten oder Sachbearbeitern dürfte eine allgemeine Vergütungserwartung gegeben sein. Bei so genannten Diensten höherer Art (Chefarzt, Rechtsanwalt) kann nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts ohne ausdrückliche Anordnung nicht davon ausgegangen werden, dass eine Vergütung von Überstunden zu erwarten ist.

Fachanwaltstipp Arbeitnehmer: Schreiben Sie Ihre Überstunden auf! Wenn es einmal zum Streit kommen sollte, reicht es in manchen Regionen kann es für einen Anspruch auf Überstundenvergütung grundsätzlich ausreichen, dem Gericht Anfang und Ende der Arbeitszeit einschließlich der Pausen für die jeweiligen Tage und Wochen anzugeben. Prüfen Sie die Rechtsprechung hinsichtlich der Abgeltung von Überstunden in Ihrem Bundesland.

Fachanwaltstipp Arbeitgeber: Wenn einer Ihrer Mitarbeiter zu lange im Büro sitzt, sollten Sie gegebenenfalls deutlich darauf hinweisen, dass Sie die Überstunden nicht dulden. Wenn Ihr Arbeitnehmer die Arbeitsleistung nicht innerhalb der Arbeitszeit ausführen kann, kommt gegebenenfalls eine Abmahnung wegen schlechter Arbeitsleistung in Frage und im Extremfall eine verhaltensbedingte Kündigung.

1.12.2011

Ein Beitrag von Fachanwalt für Arbeitsrecht Alexander Bredereck und Rechtsanwalt Dr. Attila Fodor, Berlin

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