Taucht ein in das fesselnde und tiefgründige Interview mit Julio Calvo, dem talentierten Schriftsteller und kreativen Geist hinter dem inspirierenden Buch “Wandertage“. In diesem Gespräch entdecken wir die vielschichtigen Themen, die sein Werk prägen, und erhalten Einblicke in seine Erfahrungen als Ausländer in Deutschland.
Die Themen von “Wandertage” reichen von der “Annäherung an Deutschland” bis hin zur Bedeutung von “Heimat”. Es geht um den Einfluss der deutschen Wirklichkeit und Kultur auf das Leben von Menschen aus verschiedenen Ländern und Kulturen.
Mit “Wandertage” wünscht sich Julio Calvo, dass die Leser nicht nur gute Romane genießen, sondern auch über das Gelesene nachdenken und ihren Blick auf die Welt und die Gesellschaft erweitern. Er möchte mit seinem Werk einen kleinen Beitrag dazu leisten, dass die Welt in die richtige Richtung geht und gesellschaftliche Veränderungen angestoßen werden.
Das Interview mit Julio Calvo enthüllt auch, welche Veränderungen der Autor gerne in Deutschland sehen würde. Er setzt sich für den konsequenten Kampf gegen neofaschistische Tendenzen ein und plädiert für eine bessere Integration der neuen Bundesländer in die westliche Zivilisation.
Die Bedeutung von “Heimat” und “Einsamkeit” sind weitere tiefgreifende Themen, die im Interview angesprochen werden und uns zum Nachdenken anregen.
Bereit für ein außergewöhnliches Interview mit Julio Calvo, einem Schriftsteller, der die literarischen Grenzen sprengt und zum Umdenken anregt?
Was diente als Inspiration für dieses Buch?
Die deutschsprachige Literatur des 20. Jh. Von Hermann Hesse, über Thomas Bernhard, bis Robert Seethaler.
Sie wurden in Spanien geboren. Welche kulturellen Unterschiede sind die einprägsamsten zwischen Ihrem Geburtsort und Ihrer jetzigen Heimat?
Die “mediterrane Kultur“ unterscheidet sich grundlegend von der “mitteleuropäischen Kultur“, beim Frühstück angefangen.
Als Ausländer in Deutschland Fuß zu fassen stellt einen oft vor viele Hindernisse. Mussten Sie diese Erfahrungen auch machen? Können Sie darüber erzählen, welche Hindernisse dabei aufkamen?
Es sind die Probleme der Eltern und ihre “Hindernisse“ in der Fremde, die die Kinder belasten: Die Sorgen bei der Arbeit, die unzureichende Wohnung, das niedrige Gehalt, die fehlenden Deutschkenntnisse, die Konflikte mit den Nazis in den 60er Jahren, die Entfremdung von der Heimat etc., etc.
Die Kinder können die Probleme der Eltern nicht lösen. Je stärker sie sich der deutschen Kultur annähern, umso weiter entfernen sie sich von ihren Eltern. In beiden Kulturen “Zuhause“ zu sein, das schaffen nur die wenigsten.
Haben sie eine Lieblingsszene in Ihrem Buch, die Sie gerne vorlesen möchten? Was bedeutet sie Ihnen?
Eine “Lieblingsszene“ habe ich nicht, aber es gibt Kapitel und Passagen, die interessanter sind als andere.
Wen möchten Sie mit ihrem Debüt gerne erreichen? Für Leser welchen Alters, welcher Herkunft und welchen Geschlechts empfiehlt sich der Roman?
Gerne möchte ich Menschen erreichen, die generell Literatur lesen. Menschen, die schon beim Frühstück die Bildzeitung lesen, oder die Fernsehzeitung studieren, interessieren mich nicht. Hier geht es nicht um “Eliten“, sondern darum, dass ich nicht wüsste, in welcher Sprache ich mit diesen Menschen reden sollte.
Der Roman ist nicht für Kinder geschrieben, sondern für Erwachsene jeden Alters, jeder Herkunft und jeden Geschlechts.
Welche Haupt-Themen beinhaltet Ihr Buch? Aus welchen Beweggründen haben Sie sich entschieden über die ausgewählten Themen zu schreiben?
Es sind die Themen “Annäherung an Deutschland“, “…an die deutsche Wirklichkeit“, “… an die deutsche Kultur“. Nicht jeder, der in Amerika landet, muss Amerikaner werden. Aber wer in Amerika bleiben will, sollte Englisch lernen und das Land kennen lernen wollen. Ansonsten wird der Aufenthalt kompliziert.
Dasselbe gilt für die Menschen, die in Deutschland landen.
Ja, Deutschland ist ein “Einwanderungsland“, wie alle Länder Westeuropas, ob es uns gefällt oder nicht.
Was wünschen Sie sich mit „Wandertage“ zu erreichen (beispielsweise: ein Umdenken der Gesellschaft, Augen öffnen etc.)?
Das ist sehr einfach: Ich möchte, dass Menschen, die gerne gute Romane lesen, gelegentlich auch etwas Vernünftiges zu lesen bekommen. Mehr ist das nicht. Die Welt ändert sich jeden Tag. Auch die Literatur kann einen kleinen Beitrag dazu leisten, dass sie in die richtige Richtung geht. Wir, hier in Europa, kennen leider auch die falsche Richtung.
Wenn Sie gemäß Ihren Erfahrungen und Ansichten gewisse Dinge in Deutschland ändern könnten – welche wären das (beispielsweise der Rassismus im Bildungssystem)?
Gegen neofaschistische Tendenzen (z.B. bei der AfD) konsequent vorgehen.
Die neuen Bundesländer in die (westliche) “Zivilisation“ integrieren.
Was bedeutet der Begriff „Heimat“ für Sie? Was bedeutet in der Hinsicht Deutschland, was Spanien für Sie?
“Heimat“ ist ein Lebensgefühl, das schon in der Kindheit zu wachsen beginnt und i.d.R. an eine Region gebunden ist. ZB: Wohnung in Paris mit Blick auf den Eifelturm und Haus am Mittelmeer. Zwei Regionen – zwei unterschiedliche Lebensgefühle – zwei Mal eine richtige Heimat. Für mich ist Deutschland die “Wohnung in Paris“.
Sie sind bereits seit Anfang der 60er Jahre in Deutschland. Haben Sie das Land von Anfang an als Heimat betrachten können oder haben kulturelle und soziale Wandel sie dazu gebracht?
Ich habe Deutschland vom ersten Tag an als “Heimat“ betrachtet. Aber ich musste erst erwachsen werden, um diese “neue Heimat“ auch zu lieben. So wie man auch als Mann erst erwachsen werden muss, um eine Frau zu lieben.
Welche Bedeutung hat „Einsamkeit“ für sie? Ist das Wort für Sie eher negativ oder positiv konnotiert?
“Einsamkeit“ ist ein Lebensgefühl, dass eine negative Konnotation hat, weil der Mensch sich einsam fühlt.
Wer innerhalb einer Gesellschaft lebt (gilt also nicht für den Eremiten), muss auch Teil dieser Gesellschaft sein. Ob man von “Zivilisation“ sprechen kann, hängt davon ab, ob die Gesellschaft gewillt und in der Lage ist, ihre Minderheiten zu integrieren.