Aachen (fet) – Obwohl wir in einer Gesellschaft des Lebensmittelüberflusses leben, erwecken unsere Vorräte den Eindruck, wir horten für Hungerzeiten. Unsere Kühlschränke sind oft mit mehr gefüllt, als wir brauchen, nur um auf jedes Appetitgefühl vorbereitet zu sein. Dabei werfen wir scheinbar lieber weg, als auf etwas potenziell verzichten zu müssen.
Für viele waren die Osterfeiertage wieder Tage der Schlemmerei und des reichhaltigen Genusses. Verwunderlich ist es nicht, lässt das hiesige Lebensmittelangebot kaum einen kulinarischen Wunsch unbefriedigt. Wie sonderbar mutet da das regelmäßig vor Feiertagen zu beobachtende Szenarium im Supermarkt an. In Scharen strömen Menschen in die Einkaufshallen, um die zwei hintereinander folgenden geschlossenen Tage ohne Entbehrungen zu überstehen. Dabei verfügen viele Deutsche über Vorräte, mit denen sie mindestens zwei bis drei Wochen problemlos versorgt wären. Alte Brötchen, ein paar Konserven für den „Notfall“ oder die eingefrorenen Überbleibsel einer längst vergessenen Mahlzeit finden sich in den meisten Haushalten.
Etwa drei Generationen ist es her, dass die kriegsgeplagte Bevölkerung um jedes genießbare Lebensmittel dankbar war und aus dem trockensten Brot noch eine brauchbare Mahlzeit zauberte. Seitdem mussten wir nie wieder Hunger leiden. Dennoch horten wir in unseren Kühlschränken Lebensmittel für „Notzeiten“: unvorhersehbare Appetite. Und noch bevor sich die Vorräte dem Ende neigen, sorgen wir wieder für Nachschub. Auf die Frage „Was esse ich denn jetzt?“ lockt das knackige Neue mehr als das schon etwas trockene Alte. Dabei landen nicht nur leicht verderbliche Lebensmittel im häuslichen Müll. Auch Dauerprodukte wie Gewürze oder Konserven, deren Haltbarkeitsdatum beim Kauf noch weit in der Ferne lag, sind plötzlich abgelaufen, wenn wir sie dann doch mal brauchen.
Doch nicht nur unsere scheinbare Angst, im Appetit-Fall nicht das passende zu Hause zu haben, trägt zur deutschlandweiten Lebensmittelverschwendung bei. Auch ein unbewusst in vielen Köpfen verankerter psychologischer Aspekt spielt eine Rolle. „Größer ist gleich besser“ gilt nicht mehr nur für Prestigeobjekte wie Autos oder Fernsehgeräte. Auch im Supermarkt oder beim Außer-Haus-Verzehr verlocken uns Großpackungen und XXL-Angebote. Wer kauft schon zwei Orangen, wenn es auch ein ganzes Netz sein kann? Im Kino wählen wir die Popcorntüte oft eine Nummer zu groß, im Fastfood-Restaurant den größten Colabecher und das „Zwei Joghurts zum Preis von einem“-Angebot nehmen wir auch gerne mit. Hierauf folgt meist beschämt die Erkenntnis, dass die in Kindestagen belächelte Eigenheit von den „Augen, die größer als der Magen sind“, sich nicht verwachsen hat. Zwar schwören wir uns reumütig beim Wegwerfen der Überreste, beim nächsten Mal nicht so gierig zu sein. Doch Hand aufs Herz, gelingt uns das wirklich immer?
Dabei wirkt es ähnlich befreiend wie bei einem Frühjahrsputz, den Kühlschrank und den Vorratsschrank regelmäßig zu entleeren, die enthaltenen Lebensmittel komplett zu verbrauchen und Platz für Neues zu schaffen. Das beruhigt nicht nur das Gewissen, sondern spart auch für mindestens eine Woche den Gang zum Supermarkt. Und wer nicht weiß, was er mit den altbackenen Brötchen, den angetrockneten Wurstresten oder der schrumpeligen Paprika anfangen soll, dem sei das Buch „Teller statt Tonne“ von Marianne Reiß und Irina Baumbach empfohlen. Der kleine Ratgeber enthält neben interessanten Fakten zum Umgang mit Lebensmitteln auch viele einfache und schnelle Rezepte, um wenig Ansehnliches in eine leckere Mahlzeit zu verwandeln. Das Taschenbuch ist im Buchhandel und im Medienshop unter www.fet-ev.eu erhältlich.
Redaktion: Dipl.troph. Christine Langer
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