Videoüberwachung von Arbeitnehmern im Arbeitsverhältnis – Welche Rechte hat der Arbeitnehmer?

Bei der Videoüberwachung von Arbeitnehmern ist die verdeckte von der offenen Videoüberwachung sowie die Videoüberwachung in öffentlich zugänglichen und nicht öffentlich zugänglichen Räumen zu unterscheiden. Im folgenden werden die Unterschiede und die Voraussetzungen für Überwachungsmaßnahmen des Arbeitgebers aufgezeigt

Offene Videoüberwachung in öffentlich zugänglichen Räumen:
Die Videoüberwachung von Arbeitnehmern ist gesetzlich nicht speziell geregelt. Daher gilt das allgemeine Verbot mit Erlaubnisvorbehalt des § 4 Absatz 1 BDSG. D.h. jede Videoüberwachung bedarf einer Legitimation durch Gesetz, Betriebsvereinbarung oder Einwilligung des betroffenen Arbeitnehmers. Für die Videoüberwachung in öffentlich zugänglichen Räumen erlaubt § 6b BDSG unter bestimmten Voraussetzungen die offene Videoüberwachung von Arbeitnehmern. Eine offene Videoüberwachung liegt vor, wenn sie für die betroffenen Arbeitnehmer erkennbar ist. Außerdem muss die Videoüberwachung einen berechtigten Überwachungszweck verfolgen, der vorher festzulegen ist. Als berechtigte Zwecke sind anerkannt die Verhinderung von Diebstählen, Sicherung des Briefgeheimnisses in entsprechenden Firmen und der Schutz eines regelgerechten Spielablaufs in einer Spielbank. Neben dem Zweck muss die Videoüberwachung erforderlich sein und die Verhältnismäßigkeit wahren. Im Rahmen der Erforderlichkeit wird geprüft, ob der Zweck auch mit einem milderem Mittel zu erreichen ist. Bei der Überprüfung der Verhältnismäßigkeit wird zuletzt eine Abwägung der wechselseitigen Interessen des Arbeitgebers zum Persönlichkeitsinteresse des Arbeitnehmers vorgenommen. Hier wird insbesondere die Schwere des Eingriffs in das Persönlichkeitsrecht durch die Art, die Dauer und die Intensität der Beobachtung in Relation zu den Interessen des Arbeitgebers gesetzt. Grundsätzlich gilt, dass Arbeitnehmer in öffentlich zugänglichen Räumen, in denen das Publikum kontrolliert werden soll, größere Einschränkungen hinnehmen müssen, als wenn sich die Überwachung gezielt gegen die Arbeitnehmer richtet.

Verdeckte Videoüberwachung von Arbeitnehmern:
Im Gegensatz zur abschreckenden Wirkung der offenen Videoüberwachung sollen mit der verdeckten Videoüberwachung Straftaten und Verstöße gegen die arbeitsvertraglichen Bestimmungen von Arbeitnehmern aufgedeckt werden. Dies stellt einen wesentlich stärkeren Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der betroffenen Arbeitnehmer dar. Das Bundesarbeitsgericht hat erst kürzlich zur Zulässigkeit der verdeckten Überwachung in öffentlichen Räumen und den Voraussetzungen einer solchen Überwachung entschieden. Entgegen § 6b Absatz 2 BDSG, der die Kennzeichnungspflicht einer Videoüberwachung in offen zugänglichen Räumen regelt, hat das BAG eine verdeckte Videoüberwachung unter strengen Voraussetzungen ohne Kennzeichnung für zulässig erachtet. Die verdeckte Überwachung müsse aber notwehrähnlich eingesetzt werden und im Wesentlichen den Notstandsvoraussetzungen nach §§ 34 StGB bzw. § 228 BGB entsprechen. Hierfür erforderlich ist zunächst eine ganz konkrete Verdachtslage einer strafbaren Handlung oder schweren Verfehlung zu Lasten des Arbeitgebers. Der Verdacht muss einschränkbar sein auf einen bestimmten kleinen Personenkreis oder einen bestimmten räumlichen Bereich. Wird ein größerer Kreis von Personen unschuldig in die Videoüberwachung einbezogen, ist eher von der Unzulässigkeit der Maßnahme auszugehen. Eine verdeckte Videoüberwachung nach diesen Kriterien muss weiter erforderlich und verhältnismäßig sein. Das BAG fordert in diesem Zusammenhang, dass keine andere Möglichkeit zur Aufklärung mit weniger einschneidenden Maßnahmen besteht und der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers zum Schutzinteresse des Arbeitgebers verhältnismäßig ist, BAG, Urteil vom 21.6.2012 – 2 AZR 153/11.

Videoüberwachung in nicht öffentlich zugänglichen Räumen:
Für eine Videoüberwachung in nicht öffentlich zugänglichen Räumen gibt es keine gesetzliche Regelung. Bezüglich der offenen Überwachung von Mitarbeitern in solchen Räumen ist § 32 Absatz 1 Satz 1 BDSG anzuwenden. Darin wird generell die Datenerhebung von Mitarbeitern geregelt. § 32 BDSG erlaubt die Videoüberwachung, wenn diese für die Durchführung oder Beendigung des Arbeitsverhältnisses erforderlich ist. Es muss wiederum die Erforderlichkeit und die Verhältnismäßigkeit der Videoüberwachung geprüft werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Arbeitgeber in öffentlich zugänglichen Räumen meist ein größeres Interesse an der Überwachung hat, als in nicht öffentlich zugänglichen Räumen.

Mitbestimmung des Betriebsrats, § 87 Absatz 1 Nr. 6 BetrVG:
Die Videoüberwachung kann auch in einer Betriebsvereinbarung geregelt sein. Werden Arbeitnehmer offen überwacht, sollten sie sich kundig machen, ob die Videoüberwachung durch eine Vereinbarung mit dem Betriebsrat als Grundlage der Überwachung geregelt ist. Denn der Betriebsrat hat ein Mitbestimmungsrecht über die Einführung und Ausgestaltung einer Videoüberwachung nach § 87 Absatz 1 Nr. 6 BetrVG. Diese Betriebsvereinbarung kann dann nach § 4 Absatz 1 BDSG einen eigenen Erlaubnistatbestand für die Videoüberwachung darstellen.

Beratungstipp vom Fachanwalt für Arbeitsrecht:
Werden Sie als Arbeitnehmer offen durch Kameras überwacht und möchten hiergegen eine Unterlassung geltend machen, fragen Sie nach einer Betriebsvereinbarung als Legitimation der Videoüberwachung. Falls keine vorliegt, muss der Arbeitgeber über den Zweck und die Gründe der Erforderlichkeit der Überwachung Auskunft geben. Danach lassen Sie die Zulässigkeit der Videoüberwachung durch einen Fachanwalt für Arbeitsrecht überprüfen. Kommt dieser zu dem Ergebnis, dass kein berechtigter Überwachungszweck vorliegt, die Videoüberwachung nicht erforderlich oder verhältnismäßig ist, haben Sie als Arbeitnehmer einen Unterlassungsanspruch. Bei einer schweren Verletzung des Persönlichkeitsrechts kommt auch ein Schadenersatzanspruch in Betracht. Ein Schadenersatzanspruch oder Schmerzensgeldanspruch kann insbesondere bei einer verdeckten Videoüberwachung ohne Vorliegen einer konkreten Verdachtslage gegeben sein, wenn Mitarbeiter pauschal ausspioniert werden und dadurch ihr Persönlichkeitsrecht schwer verletzt wird.

Ein Beitrag von Rechtsanwalt Christian Kronbichler, München
Fachanwalt für Arbeitsrecht
München, den 19.10.2012
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