Verstehen unerwünscht? – Zur Skeptischen Hermeneutik von Hans Hunfeld

Bildung und Integration sind heutzutage und gerade in Deutschland als stark frequentiertes Einwanderungsland aktueller und verzahnter denn je. Menschen aus fremden Kultur- und Sprachumfeldern verkehren tagtäglich miteinander; durch die Globalisierung ist die Welt zu einem globalen Dorf geworden. Somit ist es unerlässlich, sich auf fremde Kulturen und Sprachen einzulassen und sie zu verstehen. Einen wichtigen Part in diesem Prozess nimmt der Fremdsprachenunterricht ein. Schüler mit Migrationshintergrund genießen adaptierte Förderungen, mit dem Erlernen mehrerer Fremdsprachen wird bereits im Grundschulalter begonnen und Lehramtsstudenten werden speziell geschult; interkulturelle Kompetenzen gehören längst zu ihrem Pflichtprogramm.
Ein von Prof. Dr. Hans Hunfeld an der LMU München geleitetes Seminar griff die genannten Aspekte des Fremdsprachenunterrichts mit dem Blickwinkel der Skeptischen Hermeneutik auf. Mit der Hermeneutik, der Lehre des Verstehens unter der Prämisse der „Normalität des Fremden“, lag diesem Seminar demnach ein besonderer pädagogischer Ansatz zu Grunde. Genau dieser Ansatz unterschied sich zum Teil stark von jenen Unterrichtsmethoden, die die Münchner Studenten bisher an ihrer Universität gewohnt waren. So ist beispielsweise die Parallelität im hermeneutischen Ansatz Hunfelds ein wichtiger Baustein: Die gelehrten Theorien wurden nicht bloß diskutiert, sie fanden durch die hermeneutische Unterrichtsmethode direkt im Seminar auch ihre praktische Anwendung.
Mit seiner Arbeitsweise traf Prof. Dr. Hunfeld den Nerv der Kommilitonen, die sich auch über die Seminarzeiten hinaus intensiv mit dem Lernstoff auseinandersetzten. Dabei entstand die Idee, die behandelten Ansätze über den Fremdsprachenunterricht hinaus auf andere Gebiete auszuweiten und später zu einem Buch „von Studenten für Studenten“ zusammenzufassen.
Der behandelte Sammelband „Verstehen unerwünscht? – Zur Skeptischen Hermeneutik von Hans Hunfeld“, herausgegeben von Nura Almusawi und Vedrana Wollin, besteht aus 14 Aufsätzen der Seminarteilnehmer. Ziel der Autoren war es weniger, die im Seminar erlernten neuen Erkenntnisse zu präsentieren, als vielmehr die eigenen Erfahrungen mit dem hermeneutischen Ansatz auf weitere Bereiche anzuwenden. Daher werden neben dem Fremdsprachenunterricht weitere Themengebiete wie z.B. Angst in der Schule, der Umgang mit Behinderten, kulturelle Distanzen oder grundsätzlichen Überlegungen zur hermeneutischen Lehre im Allgemeinen und der skeptischen Hermeneutik nach Hunfeld im Speziellen behandelt.
Durch Exkursionen nach Südtirol haben die Münchner Studierenden Kontakt zum Südtiroler Inspektor des italienischen Schulamtes knüpfen können, der die Arbeiten an dem Buch förderte und unterstützte. (Ludwig Lagershausen)