(Bodenheim, 05.01.2012) Im IT-Betrieb der Öffentlichen Verwaltung werden zwar
vielfach Kennzahlen erhoben und ausgewertet, deren ganzheitliche Betrachtung und
konsequente Nutzung im IT-Controlling erfolgt jedoch nur selten. Vielmehr haben sie
im Regelfall nur einen Berichtscharakter ohne durchgängige Steuerung .
Im Management komplexer Organisationen sind effektive Steuerungsmethoden gefragt.
Überall, wo Effizienz und Qualität zählen, stellt sich die Frage, mit welchen
Instrumenten deren Messung und damit gezielte Beeinflussung möglich ist. Ein Ansatz
liegt in der konsequenten Anwendung von Kennzahlensystemen. Ihnen blies zwar in
den Anfängen sehr viel Gegenwind ins Gesicht, weil sie von den Praktikern als zu
abstrakte Methoden empfunden wurden. Doch der anfängliche Widerstand hat sich
zumindest in den Wirtschaftsunternehmen schon lange gelegt, nicht zuletzt weil der
Qualitätsdruck überall gestiegen ist und es keine nennenswerte Alternative zur
notwendigen Leistungssteuerung gibt.
Auch in der IT der Öffentlichen Verwaltung wird bereits eine Vielzahl von
Kennzahlen erhoben. Ein bekanntes Beispiel ist die Bearbeitungsdauer bei der
Behebung von Incidents. Auch finanzorientierte Key Performance Indicators (KPIs)
finden sich vielfach in den Behördenstrukturen, so wird bspw. in Zeiten der Doppik
meist budgetorientiert gewirtschaftet. Allerdings werden sie nur selten zur
strategischen Steuerung genutzt. Dies resultiert nach den Analysen der
Unternehmensberatung ITSM Consulting AG aus der fehlenden Durchgängigkeit der
Kennzahlen. So werfen Behörden auf der ministeriellen Ebene als Verantwortliche für
die strategische Weiterentwicklung des IT-Portfolios und Sicherstellung der IT-
Leistungen einen anderen Blick auf die Sachverhalte als die für den operativen
Betrieb zuständigen IT-Dienstleister und die nachgelagerten Behörden in der Rolle
der Kunden und Anwender.
Für Arne Fischer, Consultant des Beratungshauses, existiert hier keine heile Welt,
„weil von den unterschiedlichen Ebenen die bestehenden Anforderungen nur bedingt
berücksichtigt werden.“ Er verdeutlicht das Problem: Der IT-Dienstleister verwendet
Kennzahlen zur Steuerung der operativen Prozesse, beispielsweise die Zeit der
Beseitigung von IT-Störungen. Ebenso wird über das Finanzcontrolling die Verwendung
der Einzelbudgets überwacht. Diese relativ isolierten Teilbereiche werden mit
diesen KPI jeweils für sich gut gesteuert. Das Ministerium erhält diese Kennzahlen
zur Störungsbearbeitung, um hieraus etwa notwendige Verbesserungsmaßnahmen
abzuleiten. Die Finanzkennzahlen zur Budgetverwendung wiederum bilden die Basis für
die übergreifende Haushaltsplanung. Auch die nachgelagerten Behörden erhalten die
Kennzahlen und werten sie hinsichtlich der Servicequalität für den eigenen Bereich
aus.
Doch bei diesem Vorgehen drohen weitreichende Fehlinterpretation: Die KPIs zur
Störungsbearbeitung, die für die einzelne Prozesssteuerung gut geeignet sind,
lassen ohne weitere Aggregation und Bezug zu anderen Kennzahlen keine wirkliche
strategische Bewertung zu. Vielmehr müssten weitere Informationen – etwa zu
einzelnen IT-Services oder anderen Prozessen – hergestellt werden, um wirksame
Verbesserungspotenziale identifizieren zu können. Ebenso können die
Finanzinformationen zur Budgetverwendung nur bedingt zur Haushaltsplanung verwendet
werden, solange andere Maßnahmen wie z. B. eine Erweiterung des Serviceportfolios
unberücksichtigt bleiben. Auch die Kunden selbst erhalten keine klare
Bewertungsbasis, weil sie möglicherweise den Leistungsumfang nur teilweise nutzen
und die Dienstleistungen dadurch überteuert erscheinen.
„Jeder hat eine andere Sicht auf die Kennzahlen“, problematisiert Fischer und
skizziert gleichzeitig noch eine andere Dimension des Problems: „Viele der
existierenden und für sich sinnvollen Kennzahlen in der öffentlichen Verwaltung
haben eine isolierte Ausrichtung, so dass sie für eine übergreifende strategische
Steuerung nicht oder nur sehr begrenzt nutzbar sind.“ Notwendig sei es deshalb, die
KPIs auf jeder Ebene in einem Kennzahlensystem zueinander in Beziehung zu bringen
und nach oben zu aggregieren, um ein durchgängig zur Steuerung nutzbares Instrument
etablieren zu können. „Akzeptanz und Nutzen wird man nur erreichen, wenn die
gegenwärtige isolierte Situation aufgelöst wird.“
Die Konsequenz: Es muss ein durchgängiges Kennzahlensystem entwickelt und
abgestimmt werden, um eine effektivere Nutzung der KPIs zu schaffen. Folgender
Nutzen könnte nach Ansicht der ITSM Consulting AG dadurch generiert werden:
• Ebene IT-Dienstleister: Er hat für Teilbereiche bereits eine KPI-basierte
Steuerung und damit eine gute Ausgangslage für einen Aufbau eines
Kennzahlensystems. Schnelle Erfolge können bereits in der Zusammenführung von
Teilbereichen entstehen. Beispielsweise ermöglicht der Aufbau eines
Kennzahlensystems für alle Prozess-KPIs eine prozessübergreifende Steuerung, die –
ergänzend zur einzelnen Prozesssteuerung – alle gegenseitigen Abhängigkeiten der
betreffenden Abläufe berücksichtigt. Ein noch höherer Nutzen wird mit der
Etablierung eines mehrere Perspektiven umfassenden Kennzahlensystems erzeugt, wie
es etwa die Balanced Scorecard bietet. Auch Projektfortschritte werden dadurch,
etwa mit Bezug zur Verwendung der Finanzmittel, deutlich transparenter.
• Ebene Ministerium: Das Ministerium hätte mit dem erweiterten KPI-System des IT-
Dienstleisters eine Basis, um einzelne Zahlen aggregieren und in der strategischen
Steuerung einsetzen zu können. Die vormals „einfache“ Störungskennzahl kann mit
anderen Prozess-KPIs zusammengefasst und lediglich in Hinblick auf die Erfüllung
von Zielwerten überprüft werden. Im einfachsten Fall entstünde so eine einzige
Kennzahl „Prozesseffizienz“, die deutlich aussagekräftiger ist. Gleiches wäre für
solche Projektkennzahlen möglich, die zusammengefasst einen Überblick über das
Projektportfolio geben. Aggregiert mit strategischen Prioritäten können diese
Kennzahlen dann mittels gezielter Priorisierung der Maßnahmen eine deutlich
effektivere Steuerung des Projektportfolios ermöglichen. Auch die
Finanzinformationen werden in Verbindung mit den Projektdaten deutlich
aussagekräftiger.
• Ebene der nachgelagerten Behörden: Hier ermöglicht eine gesonderte Aufbereitung
der KPIs ebenfalls eine bessere Interpretation. Ein Bezug der Störungshäufigkeit zu
weiteren Kennzahlen wie etwa Anzahl der IT-Services, Nutzungsintensität und
Einhaltung von SLAs basiert zwar auf den gleichen Daten, ist aber deutlich
informativer. Ebenso mindert der Bezug von Ausgaben auf einzelne Service-Leistungen
(z. B. Kosten pro IT-Service pro Anwender) ebenfalls die Gefahr von
Fehlbewertungen.
„Ziel muss es zweifellos sein, auf ein integriertes Kennzahlensystem hin zu
arbeiten, bei dem die KPIs der einzelnen Organisationsbereiche miteinander vernetzt
sind“, weist Fischer den Weg. Denn weder könnte eine wirkungsvolle
Qualitätsoptimierung ohne KPIs in dem gewünschten Maß realisiert werden noch sei es
hilfreich, mit isolierten Kennzahlensystemen zu arbeiten. „Allerdings verbirgt sich
dahinter eine notwendige wie strategische Aufgabe, die von oben nach unten gedacht
werden muss.“ Sie dürfe sich auch nicht durch das weit verbreitete Argument den
Wind aus den Segeln nehmen lassen, für die Umsetzung strategischer Ziele fehle es
an finanziellen Möglichkeiten. „Auch innerhalb des bestehenden finanziellen Rahmens
lassen sich Optimierungspotenziale aktivieren“, betont er.
Fischer verweist darauf, dass der Aufbau und die effektive Nutzung eines
umfassenden Kennzahlensystems keineswegs nur Theorie ist. Dies zeige etwa das
Beispiel des IT-Dienstleisters des niederländischen Justizministeriums „GDI“. Er
hat für sein internes IT-Controlling konsequent eine Balanced-Scorecard mit rund 20
Kennzahlen erfolgreich etabliert. Darüber werden nicht nur die internen operativen
Abläufe, sondern auch die Umsetzung strategischer Ziele gesteuert.
ITSM Consulting:
Die ITSM Consulting AG ist ein unabhängiges, international tätiges IT-Beratungshaus
in den Bereichen der Prozessoptimierung und Organisationsberatung durch IT Service
Management. Die Kernkompetenzen umfassen darüber hinaus die effektive und
effiziente Steuerung von IT-Organisationen im Sinne einer zeitgemäßen und
zielgerichteten IT Governance. Gleichzeitig gehört die ITSM Consulting AG zu den
wenigen durch den TÜV akkreditierten Schulungshäusern für ISO/IEC 20000 und
sämtliche ITIL V3 Ausbildungsgänge in Deutschland. Zudem besteht eine enge
Zusammenarbeit mit der ISACA und werden entsprechende COBIT-Schulungen angeboten.
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