Verkaufen Sie einen Werbetext nicht als Pressetext

Ein Interview mit dem PR-Experten Stefan Schütz

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Stefan Schütz

Presse- und Öffentlichkeitsarbeit kommt für viele Unternehmen gleich nach der Werbung: Irgendwie nötig, aber natürlich auch mit Kosten verbunden. Für manche ein saurer Apfel, aber Vorsicht: Wer Geld sparen will und auf „selbst Gemachtes“ setzt, tut sich damit selten einen Gefallen. Besser man spricht zum Beispiel mit Stefan Schütz, PR-Berater mit Marketingstudium und viel Erfahrung. Denn: Ganz ohne „Trommeln“ kommt heute kaum ein Unternehmen wirklich aus.

Klaus Wenderoth: Herr Schütz, Sie kennen das Zitat von Conrad Ahlers: „Öffentlichkeitsarbeit ist die Verbreitung von Wahrheit in verschönerter Form“. Es geht also im Kern um „Verbreitung“ bei dem, was Sie tun?

Stefan Schütz: Die Verbreitung von Informationen spielt sicherlich eine zentrale Rolle. Public Relations ist aber weitaus vielseitiger und umfasst in erster Linie die gesamte öffentliche Kommunikation von Organisationen oder Personen gegenüber Dritten.

Eine zielgerichtete Platzierung und die Streuung von nachhaltigem Content sind unabdingbar, wenn generell ein positives Image oder eine hohe Reputation erzielt werden soll. Gebe ich fortlaufend leblose Inhalte oder unnützes Wissen ohne jeglichen Bezug von mir, werden die Empfänger (hier kann nicht von Zielgruppe gesprochen werden) dies mittelfristig mit Missbilligung abstrafen. Es geht also mehr darum, die Beziehungen zur Öffentlichkeit zu pflegen.

Klaus Wenderoth: Presse- und Öffentlichkeitsarbeit können ja für ein Unternehmen mit ganz unterschiedlichen Zielsetzungen verbunden sein. Welche sind das in der Regel?

Stefan Schütz: Hier sollte man zunächst differenzieren: Ein Start-up wird bestimmt andere Ziele verfolgen (können) als die „wertvollste Marke“ der Welt! Der Gestaltungsspielraum bei der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit ist ein anderer. Schwierig wird es zudem, wenn sich das Marketing einmischt und die Zielsetzung womöglich in eine konträre Marschrichtung abdriftet.

Unabhängig davon, müssen die Maßnahmen stets schlüssig geplant und kontinuierlich umgesetzt werden. Eine gewisse Flexibilität wird die Verfolgung der individuellen Strategie positiv beeinflussen. Im Allgemeinen wirbt man bei Kunden um Sympathie oder Verständnis respektive Aufmerksamkeit. Der Aufbau eines konsistenten Bildes in der Öffentlichkeit ist ein solches Ziel oder auch die Steigerung des Bekanntheitsgrades.

Klaus Wenderoth: In erster Linie arbeiten Sie natürlich für Ihre Kunden. Und dann für die Medien, sprich mundgerecht für Journalisten, Redakteure etc.?

Stefan Schütz: Als Mediaberater bin ich in der glücklichen Situation, dass meine (Agentur-)Kunden zugleich branchenaffin sind. Die Gespräche verlaufen auf Augenhöhe, häufig werden ganz konkrete Vorstellungen geäußert. Bei der Beratung kommt mir zugute, dass ich ursprünglich aus dem Marketing komme und den Rechtfertigungsdruck der Agenturen kenne. Wenngleich ich auch bei gestandenen Account Managern widerspreche, wenn die geplante Kampagne schlichtweg zu „platt“ wirkt!

Wir alle werden am genau zu definierenden Erfolg gemessen. Da ist es notwendig, auch kontrovers zu diskutieren und vor allem ehrlich zu sein. Es kommt extrem gut an, wenn man die Dinge anspricht, die man nicht realisieren kann oder in der beabsichtigten Form nicht veröffentlichen würde. So kann man einer falschen Erwartungshaltung vorbeugen und sich selbst treu bleiben. Ein schöner Nebeneffekt dabei ist, dass die Redakteure, Journalisten und Verlage qualitativ hochwertige Beiträge geliefert bekommen – in der Tat „mundgerecht“.

Jedoch nicht „nach dem Mund geredet“, sondern eher im Sinne von „jemandem das Wort aus dem Munde genommen“. Oder um im Bild zu bleiben: Dem Verantwortlichen oder interessierten Leser sollte das „Wasser im Munde zusammenlaufen“.

Klaus Wenderoth: Nehmen wir ein Beispiel. Ein neuer Dienstleister, möchte auf nationaler Ebene sein Angebot, ohne eine spezifische Zielgruppe, bekannt machen. Wie ist dann die klassische Vorgehensweise?

Stefan Schütz: Unabhängig vom Budgetvolumen, wird stets mit einer genauen Analyse begonnen. Der Dienstleister muss unter anderem wissen, welches USP (Unique Selling Proposition) er hat, wo die Stärken und Schwächen liegen, welche Inhalte man den potenziellen Kunden vermitteln möchte, wie intensiv der Wettbewerb ist und er sich von der Konkurrenz abheben kann.

Ist darüber hinaus eine Firmenphilosophie erkennbar, erleichtert dies später die Öffentlichkeitsarbeit enorm. Persönliche Gespräche sind unentbehrlich, um einen gemeinsamen Konsens zu finden und das gegenseitige Vertrauen zu gewinnen. Nach dieser bedeutsamen Startphase gehen alle weiteren Schritte locker(er) von der Hand. Demnach muss man sich entscheiden, welche Medien „bespielt“ werden sollen. Fortlaufend werden dann aktuelle und geeignete Themen recherchiert sowie entsprechende Texte verfasst, redigiert und platziert.

Immer mit Blick auf eine klare Kommunikation und die Weiterentwicklung der anfänglich genannten Überlegungen. Die PR-Ziele bilden dabei die Basis der einzusetzenden Instrumente. Eine beständige Erfolgskontrolle, beispielsweise mit Clippings oder dem in der PR eher kritisch bewerteten Anzeigenäquivalenzwert, vervollständigt das Vorhaben und sorgt für eine Überprüfung und Optimierung des schrittweisen Vorgehens.

Klaus Wenderoth: Bedarf es in aller Regel vieler persönlicher und guter Kontakte zu den Medien, um etwa mit einer Pressemitteilung auch abgedruckt zu werden?

Stefan Schütz: Ja und nein! Ein funktionierendes Netzwerk wird sicher nie schaden, um die eigene Pressearbeit zu lancieren. Jedoch zählt (wie im „echten Leben“) nicht die Anzahl der Personen, sondern vielmehr wie belastbar der Kontaktkreis ist. Man sollte sich nie zu schade sein, einen guten Rat und Tipps von Profis anzunehmen. Damit sind zunächst Basics oder Standards für eine solide Pressemitteilung gemeint.

Agenturen sorgen für einen qualitativ hochwertigen Feinschliff inhaltlicher Art, Texter geben der Meldung eine persönliche Note und gegebenenfalls die nötige Würze. Mediendienstleister dienen als Bindeglied zu den Verlagen respektive Sendeanstalten und bringen schon per Definition die erforderlichen oder ersehnten Reichweiten mit ein. Letztgenannte gewährleisten darüber hinaus, nicht zuletzt aufgrund einer intensiven Betreuung und Kontaktpflege, selbst bei schwierigeren Themen zahlreiche Veröffentlichungen.

Generell möchte ich anmerken, dass unter Vermeidung von Fehlern und mit einer tollen Story eigenständig Abdrucke generiert werden können. Profis können hingegen deutlich besser zum perfekten Zeitpunkt das richtige Thema im gewünschten Umfeld platzieren.

Klaus Wenderoth: Natürlich gibt es auch bei der PR-Arbeit ganz bestimmte „dos and don´ts“. Können Sie mir bitte einige nennen?

Stefan Schütz: Wichtigste Tugenden bei der PR-Arbeit sind Ausdauer und Geduld. Der Erfolg kommt nicht über Nacht und lässt sich vor allem nicht erzwingen. Ausdrücklich sollte man Spaß bei sowie Freude an der Arbeit haben. Eine „gesunde“ Identifikation mit dem Unternehmen, dem Produkt oder der Dienstleistung bildet hierzu die Grundlage und verhindert eine etwaige Betriebsblindheit.

Um Rückschläge schneller verarbeiten und in positive Ansätze ummünzen zu können, ist eine kritische Selbstreflexion hilfreich: Bin ich wirklich witzig oder halte ich mich nur für humorvoll, kann ich hoch hinaus oder bin ich bereits jäh auf den Boden der Tatsachen zurückgekehrt? Man sollte nicht versuchen, Werbetexte als Pressemitteilungen zu verkaufen.

Wesentlich effektiver ist es, eine fesselnde Geschichte zu erzählen, die Botschaft latent unterzubringen und so der Zielgruppe schmackhaft zu machen. Unbedingt sollte man sich professionelle Hilfe holen! Bei allen Entscheidungen muss stets ein klares Kommunikationsziel bei professioneller Umsetzung Anwendung finden.

Klaus Wenderoth: Für welche Problemstellungen im Rahmen Ihrer Arbeit suchen Sie noch nach Lösungen?

Stefan Schütz: Ich darf renommierte PR-Agenturen und Redaktionsbüros sowie KMUs und sogar Großkonzerne bei einer zielgerichteten Medienpräsenz begleiten. Die Fluktuation der Mitarbeiter innerhalb der Branche ist zwar überdurchschnittlich hoch, die Branche aber zugleich ausgesprochen klein. Ist der Einstig erst geglückt und stimmt die Chemie, arbeitet man viele Jahre gemeinsam in unterschiedlichen Positionen an verschiedenen Herausforderungen – das ist großartig und machtunter anderem das „Agenturleben“ aus.

Mit einigen Verantwortlichen (bitte hier keine Hierarchie hineininterpretieren, vom Junior-Berater bis zur Geschäftsführerin ist alles dabei) besteht fast ein persönliches Verhältnis. Mit einem Augenzwinkern und voll des Eigenlobes könnte man somit uneigennützig sagen: Empfehlungen und Reputationen geben mir und meiner Arbeit recht. Allerdings gibt es leider zu viele schwarze Schafe, die mit unseriösen Angeboten und Versprechen, die nicht eingehalten werden können, den Wettbewerb kaputt machen.

Es ist zuweilen nicht ganz einfach, die verprellten und vermeintlich potenziellen Kunden erneut einzufangen und von einem professionellen Mediendienstleister zu überzeugen. Womöglich muss ich noch reaktionsschneller werden und vermehrt argumentative Überzeugungsarbeit leisten. Den Wettbewerb als solchen halte ich für ungemein wichtig und ich nehme selbigen sehr gerne an!

Klaus Wenderoth: Früher bedeutete Öffentlichkeitsarbeit in aller erster Linie Zeitungsarbeit. Und heute?

Stefan Schütz: Es gibt wohl kaum etwas Spannenderes als neue Trends aufzuspüren und zu verfolgen. Die Öffentlichkeitsarbeit ist möglicherweise schnelllebiger gegenüber „früher“ geworden. Dies wiederum eröffnet indessen zahlreiche neue Möglichkeiten. Nehmen wir konkret das Beispiel „Zeitungsarbeit“: Während diese zumeist und in erster Linie noch immer mit Papier in Verbindung gebracht wird, sind meine ersten Assoziationen Online-Titel von Tageszeitungsportalen, App Stores und das iPad.

Ich bin ein großer Befürworter der crossmedialen Verbreitung. Deshalb rate ich neben Print, Funk und Bewegtbild gerne zu Online-PR und gegebenenfalls Social Media. Allein die stetig wachsende Auswahl an PR-Instrumenten spiegelt die Entwicklung meines Erachtens ganz schön wider. Exemplarisch seien hier klassische Instrumente wie Pressemitteilungen, Case Studies, Redaktionsbesuche, Geschäftsberichte und Mitarbeiterzeitschriften sowie moderne Mittel wie Websites, Corporate Blogs und Wikis genannt. Das Zusammenspiel und die Gesamtwirkung (Stichwort: Corporate Identity) sind von Interesse und bergen gewiss genügend Stoff für ein zusätzliches Interview.

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