Das Gerücht, eine vegane Lebensweise während der Schwangerschaft habe negative Folgen, ist weit verbreitet. Der Vegetarierbund Deutschland (VEBU) klärt über Fakten auf und gibt Tipps für schwangere Veganerinnen.
Während einer Schwangerschaft kommt es zu vielen Veränderungen im Körper einer Frau. Vor allem ab dem vierten Schwangerschaftsmonat spielen erhöhte Zufuhrempfehlungen für Nahrungsenergie, Protein, essentielle Fettsäuren, die Vitamine A, B2, B6, B12 und Folat sowie die Mineralstoffe Eisen, Zink und Jod eine wichtige Rolle. Sinnvoll ist eine kompetente Ernährungsberatung. „Bei einer veganen Lebensweise bedarf es besonders in der Schwangerschaft einer sorgfältigen Planung, um dem veränderten Energie- und Nährstoffbedarf gerecht zu werden“, sagt VEBU-Geschäftsführer Sebastian Zösch. „Eine vegane Ernährung ist aber grundsätzlich möglich.“ Ähnliches formuliert die American Dietetic Association (ADA), indem sie feststellt: „Gut geplante vegane und andere Arten der vegetarischen Ernährungsweise sind für alle Phasen des Lebenszyklus geeignet, einschließlich Schwangerschaft, Stillzeit, früher und späterer Kindheit und Pubertät.“
Nahrungsenergie
Ab dem vierten Schwangerschaftsmonat ist der Energiebedarf um etwa 250 kcal pro Tag erhöht. Da der Bedarf einzelner Vitamine und Mineralstoffe zum Teil deutlich stärker ansteigt, sollte vor allem auf Lebensmittel mit hoher Nährstoffdichte wie Gemüse, Obst, Vollkornprodukte und Hülsenfrüchte zurückgegriffen werden.
Protein (Eiweiß)
Ab dem vierten Schwangerschaftsmonat erhöht sich der Proteinbedarf um etwa
20 Prozent. Dieser kann durch proteinreiche pflanzliche Lebensmittel wie Hülsenfrüchte, Vollgetreide, Nüsse und Ölsamen gedeckt werden.
Essentielle Fettsäuren
Veganerinnen sollten während der Schwangerschaft für eine ausreichende Zufuhr von Omega-3-Fettsäuren sorgen. Dazu zählt neben der -Linolensäure, die beispielsweise durch einen Teelöffel Leinöl täglich aufgenommen werden kann, auch die Docosahexaensäure (DHA), die in speziellen Algenölen enthalten ist.
Vitamine
Gelbes, grünes und oranges Gemüse wie Möhren, Brokkoli und Aprikosen bieten eine gute Quelle für -Carotin, das im Körper in Vitamin A umgewandelt wird und so dessen gesteigerten Bedarf deckt. Vitamin D wird durch Sonneneinstrahlung in der menschlichen Haut gebildet. Regelmäßige Spaziergänge an der frischen Luft sind deshalb empfehlenswert für jede Schwangere. In den sonnenarmen Monaten (Oktober bis März) sollte Vitamin D durch Nahrungsergänzungsmittel zugeführt werden. Der gesteigerte Bedarf an Vitamin B6 lässt sich über den Verzehr von Bananen, Hülsenfrüchten, Vollgetreide, Walnüssen, Avocados, Ölsaaten und Kohl decken. Da Vitamin B12 in pflanzlichen Lebensmitteln nicht oder nur in Spuren vorkommt, sollten Veganerinnen angereicherte Lebensmittel, Vitamin-B12-Zahncreme und/oder Nahrungsergänzungsmittel verwenden. Eine gute Versorgung mit Folat ist von besonderer Bedeutung für die Zellbildung. Das Vitamin steckt in grünem Blattgemüse, Vollgetreide und Hülsenfrüchten. Etwa ein Drittel bis die Hälfte der Lebensmittel sollte als unerhitzte Frischkost verzehrt werden. Zusätzlich sollten Frauen die schwanger werden wollen, 400 g Folsäure spätestens vier Wochen vor Beginn der Schwangerschaft und während des ersten Drittels der Schwangerschaft supplementieren.
Mineralstoffe
Während der Schwangerschaft sollten Frauen ihre Eisenzufuhr verdoppeln. Veganerinnen können dafür auf Hülsenfrüchte, Vollgetreide, Nüsse und Samen zurückgreifen. Durch die Kombination mit Vitamin-C-reichen Lebensmitteln wird die Eisenaufnahme verbessert. In Absprache mit dem Arzt kann eine zusätzliche Aufnahme von Eisen durch Supplemente sinnvoll sein, denn auch bei Mischkost ist die empfohlene erhöhte Eisenzufuhr nur schwer erreichbar. Empfehlenswert ist außerdem die ausschließliche Verwendung von jodiertem Speise- oder Meersalz sowie die gelegentliche Verwendung von Meeresalgen mit moderatem Jodgehalt. Eine zusätzliche Versorgung mit Jod über Nahrungsergänzungsmittel kann in Absprache mit dem Arzt sinnvoll sein. Eine ausreichende Zinkversorgung ist durch Vollgetreide, Hülsenfrüchte, Ölsamen und Nüsse zu erreichen. Auch für eine ausreichende Kalziumversorgung sollte gesorgt sein. Als gute Kalziumquellen bieten sich Sesam und Sesammus, Nüsse, Amaranth und Grünkohl sowie mit Kalzium angereicherte Produkte (z.B. Soja- oder Hafermilch) an, außerdem kalziumreiche Mineralwässer.
Schwangere Veganerinnen sollten ihre Nährstoffversorgung zusätzlich regelmäßig überprüfen lassen und bei einem diagnostizierten Mangel auf Nährstoffpräparate zurückgreifen.
Quellen
DGE (Deutsche Gesellschaft für Ernährung), ÖGE (Österreichische Gesellschaft für Ernährung), SGE (Schweizerische Gesellschaft für Ernährungsforschung), SVE (Schweizerische Vereinigung für Ernährung) (Hrsg) (2008): Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr. Neuer Umschau Buchverlag, Neustadt an der Weinstraße, 3. korr. Nachdruck
Leitzmann C, Keller M: Vegetarische Ernährung. UTB, Stuttgart, 2. Aufl. 2010
Der VEBU ist die größte Interessenvertretung vegetarisch und vegan lebender Menschen in Deutschland. Seit ihrer Gründung 1892 wirkt die Organisation mit gezielter Öffentlichkeitsarbeit darauf hin, den Fleischkonsum in der Gesellschaft deutlich zu senken sowie die pflanzenbetonte Lebensweise als attraktive Alternative möglichst vielen Menschen zugänglich zu machen.
Kontakt:
Vegetarierbund Deutschland e.V. (VEBU)
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