Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban sieht für sein Land keine Notwendigkeit mehr, den Euro einzuführen. Ursprünglich sei mit der EU-Mitgliedschaft zwar auch die Pflicht verbunden gewesen, der Europäischen Währungsunion beizutreten, sagte Orban im Gespräch mit dem „Handelsblatt“ (Donnerstagausgabe). „Doch als wir den Beitrittsvertrag unterschrieben haben, sah die Euro-Zone ganz anders aus. Eine Beitrittspflicht zur Währungsunion kann deshalb nicht mehr automatisch sein“, sagte Orban.
Zum jetzigen Zeitpunkt wäre die Einführung des Euros für sein Land sogar „unverantwortlich“. Die südeuropäischen Staaten hätten sich der Währungsunion eindeutig zu früh angeschlossen. „Sie waren eigentlich noch nicht reif dafür“, sagte Orban und fügte hinzu: „Diesen Fehler machen wir nicht.“ Die Euro-Schuldenkrise wird nach Einschätzung von Orban noch viele Jahre dauern. „In mehreren Euro-Staaten hat die Verschuldung die kritische Marke von 90 Prozent der Wirtschaftsleistung überschritten. Das kann man nicht mehr aus eigener Kraft abbauen“, sagte er. Spätestens in fünf Jahren werde sich die Euro-Krise sich zu einer politischen Führungskrise ausweiten. „Unsere heutigen demokratischen Systeme haben eine eingebaute Führungsschwäche. Ein Präsidialsystem ist wahrscheinlich geeigneter als ein parlamentarisches System, wenn es darum geht, schwierige Reformen durchzusetzen“, sagte Orban. Der ungarische Ministerpräsident äußerte sich auch zu seinem Besuch bei Bundeskanzlerin Angela Merkel am morgigen Donnerstag in Berlin. „Unsere bilateralen Beziehungen sind intakt“, sagte Orban. Daher wolle er mit der Kanzlerin vor allem über die Zukunft Europas sprechen: „Ich möchte im Kanzleramt vor allem drei Punkte klarmachen. Die geplante Bankenunion geht uns Ungarn entschieden zu schnell. Eine gemeinsame Bankenaufsicht für die Euro-Zone mag für die Zukunft eine gute Idee sein, doch man darf hier nichts überstürzen. Der zweite Punkt betrifft die Steuerpolitik. Wir wollen keine Steuerharmonisierung in Europa, sondern Steuerwettbewerb. Außerdem will ich mit der Bundeskanzlerin über die EU-Haushaltsplanung für die nächsten sieben Jahre sprechen. Darüber soll ja noch vor Jahresende entschieden werden.“