Umgangsausschluss für sechs Monate ist noch keine „längere Dauer“

(DAV). Eine von Gewalt beherrschte Beziehung zwischen den Eltern wirkt sich auch als seelische Gewalt massiv auf die Kinder aus. In einem solchen Fall kann das Gericht den Umgang des gewalttätigen Elternteils ganz oder für eine bestimmte Zeit ausschließen. Sechs Monaten sind dabei noch kein „längerer Zeitraum“.

Die Eltern der 2016 und 2018 geborenen Kinder waren seit 2016 verheiratet. Der Vater war bei der Heirat und dann bis März 2019 inhaftiert. Die Eltern lebten seit Jahren in einer On/Off Beziehung und seit Juli 2019 immer wieder in verschiedenen Wohnungen. Zur Zeit des Verfahrens um das Umgangsrecht lief ein Scheidungsverfahren. Die Beziehung der Eltern war von der Gewalt des Mannes gegen seine Frau geprägt. Die beiden Kinder wurden immer wieder Zeuge seiner massiven verbalen und körperlichen Gewalt.

Gewalttätiger Ehemann: Kann Umgang mit Kindern untersagt werden?
Das Amtsgericht entschied, das alleinige Sorgerecht der Mutter zu übertragen und jeden persönlichen Umgang des Vaters mit den beiden Kindern für sechs Monate auszuschließen. Die Richter berücksichtigten bei der Entscheidung unter anderem, dass die Kinder den Vater nicht sehen wollten und bei den Anhörungen deutlich belastet wirkten. Umgang mit dem Vater gegen den Willen der Kinder riefe angesichts der miterlebten Gewalt seelische Störungen bei den Kindern hervor. Ein zwangsweiser Umgang mit dem Peiniger der Mutter sei eine Kindeswohlgefährdung. Die Kinder müssten sich stabilisieren, dafür bräuchten sie mindestens noch sechs Monate.

Die Beschwerde des Vaters gegen die Entscheidung blieb ohne Erfolg. Der Umgangsausschluss sei zum Wohl der beiden Söhne geboten. Die von ihnen miterlebte Gewalt gegen den anderen Elternteil wirke sich in Form der psychischen Gewalt direkt auch auf sie aus. Kinder seien abhängig von demjenigen, der sie betreue und versorge und identifizierten sich mit ihm. Deswegen erlebten sie Gewalt gegen den betreuenden Elternteil auch als Bedrohung gegen sich selbst, ihr eigenes Stresssystem reagiere intensiv.

Unter anderem erläuterten die Richter, dass eine Einschränkung oder ein Ausschluss für längere Zeit oder auf Dauer nur möglich sei, wenn das Kindeswohl gefährdet sei. Wann eine Maßnahme „für längere Zeit“ oder „auf Dauer“ sei, hänge in erster Linie vom kindlichen Zeitempfinden ab, sei aber meist ab einer Dauer von sechs Monaten anzunehmen. Bei den beiden sechs- und siebenjährigen Kindern sei davon auszugehen, dass ein Umgangsausschluss für eine Dauer von sechs Monaten noch keine Regelung für „längere Zeit“ sei.

Oberlandesgericht Nürnberg am 16. Mai 2024 (AZ: 11 UF 329/24)

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