Führende deutsche Volkswirte haben die Einigung auf das zweite Rettungspaket für Griechenland begrüßt. „Das Paket verdient Respekt“, sagte Oxford-Professor Clemens Fuest dem „Handelsblatt“ (Mittwochausgabe). „Zum ersten Mal hat die Politik in Europa sich den Realitäten der griechischen Krise gestellt und entschlossen gehandelt.“
Die Kombination aus einem Abbau des Schuldenstandes und der Budgetdefizite mit Strukturreformen für Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit sei richtig. Es werde allerdings wohl weitere Pakete geben müssen: „Man wird immer wieder nachverhandeln und nachsteuern müssen“, sagt Fuest voraus. Wenn die Politik Ansteckungsgefahren glaubwürdig begegne und das neue Griechenland-Paket wirklich umsetze, könne dies die Euro-Krise nachhaltig entspannen, sagte auch Holger Schmieding, der Chefvolkswirt der Berenberg Bank. „Allerdings muss die Wirtschaftspolitik absolut glaubwürdig versichern, dass Griechenland ein Sonderfall ist und es weder für Portugal noch irgendein anderes Euro-Land einen Schuldenschnitt geben wird. Sonst könnte es eine gefährliche Kettenreaktion geben.“ Kritischer beurteilt der Präsident des Ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn, die jetzt von der Eurogruppe beschlossenen Maßnahmen: „Der Schuldenschnitt und die 130 Milliarden Euro sollten jetzt einmal bis deutlich über die Wahl im nächsten Jahr hinaus reichen, und darauf kommt es ja offenbar an“, sagte er dem Blatt. Ein Beitrag zur Lösung langfristiger, struktureller Probleme sei das Hilfspaket aber nicht. „Indem Griechenland im Euro Erleichterung verschafft wird, wird der Druck, die Preise zu senken und wettbewerbsfähig zu werden, verringert“, sagte Sinn. „Die Schuldenkrise bleibt ein Schwelbrand, der allmählich immer mehr deutsches Vermögen vernichtet.“ Der Vorsitzende des Sachverständigenrates, Wolfgang Franz, weist solche Kritik zurück. Es gebe nur noch die Wahl zwischen Pest und Cholera, sagte er: „Die Alternative zu dem beschlossenen Rettungspaket wäre ein Ausscheiden Griechenlands aus der Währungsunion. Dies ist aber vor allem auf Grund der Ansteckungseffekte vermutlich der risikoreichere und teurere Weg. Daran könnte die Währungsunion zerbrechen.“ Das Rettungspaket selbst enthalte zahlreiche Unwägbarkeiten und es bleibe abzuwarten, wie zutreffend die unterstellte Wachstumsentwicklung ist, fügte Franz hinzu.