Der türkische Europaminister Egemen Bagis sieht durch die Beschneidungsdebatte die Religionsfreiheit in Deutschland in Gefahr. In einem Beitrag für die „Süddeutsche Zeitung“ schreibt der Politiker der regierenden konservativ-islamischen Partei AKP, die Türkei beobachte „mit Verwunderung, dass die ungestörte Religionsausübung in Deutschland nicht mehr gewährleistet“ sei. Grund sei das Urteil des Kölner Landgerichts vom Juni, wonach die rituelle Beschneidung von Knaben als strafbare Körperverletzung zu werten sei.
Dieses Urteil stehe im Widerspruch zum Recht auf Religionsfreiheit und zeuge „von großer kultureller und historischer Ignoranz“. Das Beschneidungsgebot sei für religiöse Juden und Muslime „unverhandelbar“, so Europaminister Bagis. Er hätte sich gewünscht, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel deutlicher ihre Solidarität auch mit den in Deutschland lebenden Muslimen gezeigt hätte – dies wäre aus seiner Sicht ein Zeichen gegen die zunehmende Islamfeindschaft im Land gewesen. Deutschlands Schlüsselrolle in der Schuldenkrise sei „weltweit anerkannt und angesehen“, schreibt der Minister. Allerdings müsse die Bundesrepublik „auch auf dem Gebiet kultureller und religiöser Toleranz“ ein Vorbild sein.