Digitalisierung und industrielle Kommunikation als Voraussetzung für die Nutzung von KI sind bei KMU noch nicht weit genug fortgeschritten
Limburg a.d. Lahn, 16. Juli 2024 – KI hat das Potenzial, verschiedene industrielle Prozesse zu optimieren. Dazu muss sie Datenmengen schnell analysieren können – und mit den richtigen Daten gefüttert werden. Werden der KI unvollständige oder falsche Daten geliefert, entstehen auch solche Ergebnisse. Datenpflege und industrielle Kommunikation sind Voraussetzungen für den richtigen Einsatz von KI. Wo aber stehen deutsche Industriebetriebe diesbezüglich? Dies beleuchten der „SEF Smart Electronic Factory e.V.“ und sein Mitglied Technische Hochschule Mittelhessen (THM). Basis ist eine Studie der THM. Diese zeigt z. B., dass vielen KMU noch die Grundlage für den KI-Einsatz fehlt. Non-KMU sind hier weiter, aber haben ebenfalls Nachholbedarf.
„Für den Einsatz von Künstlicher Intelligenz sind qualifizierte Daten unerlässlich. Dafür müssen die Daten erfasst, transportiert und ausgewertet werden können. Dazu braucht es einen entsprechenden Digitalisierungsgrad und industrielle Kommunikation. Der produzierende Mittelstand ist hier noch nicht gut aufgestellt. Das zeigt unsere Studie“, erklärt Prof. Dr. Gerrit Sames, Fachbereich Wirtschaft der Technische Hochschule Mittelhessen.
Die THM, ein Mitglied des SEF Smart Electronic Factory e.V., ist der Frage, wo deutsche Industrieunternehmen bezüglich Digitalisierung und industrieller Kommunikation als Voraussetzung für KI aktuell stehen, nachgegangen. Sie hat den Stand bei 115 Produktionsunternehmen mit 12 konkreten Fragestellungen untersucht. Die Befragung beleuchtete drei Bereiche: „Identifikation und Datenerfassung“, „Integration“ sowie „Kommunikation und Protokolle“.
Die Erhebung zeigt deutlich, dass Non-KMU (ab 250 Mitarbeitenden) insgesamt weiter sind als KMU (mit bis zu 249 Mitarbeitenden), aber auch sie haben einen zu großen Abstand zum Wertebereich einer guten Digitalisierung. Die Fragen wurden mit einer Likert-Skala beantwortet, wobei vier Stufen abgefragt wurden. Ein Durchschnittswert von 3 repräsentiert den Digitalisierungsgrad „in hohem Maße“, der Wert 4 bedeutet „durchgängig“.
Identifikation und Datenerfassung
Intelligente Maschinen und Anlagen, die Daten automatisch erfassen und vorverarbeiten, sind entscheidend für die Informationsgewinnung im Fertigungsbereich. Während Non-KMU diesbezüglich im Durchschnitt einen Digitalisierungsgrad von 2.0 aufweisen und somit weiter fortgeschritten sind als KMU mit einem Digitalisierungsgrad von 1.4, gibt es bei beiden noch erhebliches Verbesserungspotenzial, insbesondere bei der Identifikation und Lokalisierung von Fertigungsobjekten.
Integration
Der Bereich „Integration“ zeigt den Status der Verbindung von Ereignissen in der physischen und virtuellen Welt. Auch beleuchtet er den Status-quo des Zugangs von Maschinen zum Internet, die Integration von Logistiksystemen in das ERP-System sowie die Digitalisierung von Wertschöpfungsketten und Lebenszyklen. Die Digitalisierungsgrade der Non-KMU liegen hier zwischen 2.3 und 2.5, was sich einem guten Ergebnis annähert. Bei KMU ist die Vernetzung von Hardware- und Softwarelösungen sowie die Integration in ERP-Systeme nahezu nicht vorhanden, was die Datengrundlage für den Einsatz von KI entzieht. Bei der Digitalisierung der Wertschöpfungsketten und Lebenszyklen ist auch bei Non-KMU der Abstand zu einem guten Digitalisierungsgrad noch groß.
Kommunikation und Protokolle
Die vier Fragen in dieser Kategorie befassen sich mit Übertragungsprotokollen, der Erweiterbarkeit des Transportlayers im RAMI 4.0-Modell, der Anwendung von Object Linking and Embedding für industrielle Bussysteme und Fernkommunikationslösungen für Remote-Services. Non-KMU befinden sich bei der Verwendung adäquater Übertragungsprotokolle mit einem Digitalisierungsgrad von 2,7 nahe an einem guten Digitalisierungsniveau. Den größten Nachholbedarf haben sowohl Non-KMU als auch KMU in der Anwendung von Object Linking and Embedding.
Propagierter Hype versus Realität
„Die Diskrepanz zwischen der digitalen Ausgangssituation in den Unternehmen und dem vielerorts propagierten Praxiseinsatz der KI ist erheblich. Insbesondere bei KMU, die in Deutschland 99,4 Prozent der Unternehmen ausmachen, werden Daten entweder nicht erhoben oder nicht weitergeleitet und somit auch nicht für Datenanalytik mit KI-Algorithmen genutzt. Entweder werden Potenziale nicht erkannt, für nicht entscheidend gehalten, oder die KI für Fertigungsbereiche wird in der Außenkommunikation überbewertet“, sagt Prof. Dr. Gerrit Sames.
Der SEF Smart Electronic Factory e.V. (SEF) hat es sich mit seinen Mitgliedern aus Wirtschaft, Forschung und Wissenschaft zur Aufgabe gemacht, den Mittelstand für die Herausforderungen in der Industrie 4.0 zu stärken. Dazu zählt auch, Hemmnisse im Umgang mit Digitalisierung abzubauen und Strukturen fit für die Zukunft zu machen.
Der SEF Smart Electronic Factory e.V. ist ein im Jahr 2015 gegründeter Verein, der Industrie 4.0-fähige Lösungen – mit Fokus auf die Anforderungen des Mittelstandes – entwickelt. In der Smart Electronic Factory, eine Elektronikfabrik in Limburg a. d. Lahn, werden Industrie 4.0-Szenarien und -Anwendungen unter realen Produktionsbedingungen entwickelt und erprobt. Der Verein setzt sich aus verschiedenen Unternehmen sowie universitären Einrichtungen und Instituten zusammen. Zentrale Zielsetzung ist es, Unternehmen den Weg in die vierte industrielle Revolution zu ebnen. www.SmartElectronicFactory.de
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