Erkenntnisse über das Kaufverhalten von Kunden sind für jedes Unternehmen von großer Relevanz. In seiner Dissertation „The Effect of Salesperson Behavior and the Influence of Attributional Thinking on Customer Reactions to an “Open Architecture” Product Offering” erforscht Winfried Daun ein neues Vertriebsmodell, welches sich in den letzten Jahren immer mehr durchzusetzen scheint. Mit dem als „offene (Produkt-) Architektur“ bezeichneten Vertriebstyp öffnen Unternehmen ihre direkten Vertriebskanäle, um Produkte von Drittfirmen anzubieten. Die Anwendungsbereiche erstrecken sich dabei über die unterschiedlichsten Industrien, wie beispielsweise die Arzneimittel-, Lebensmittel- und Automobilindustrie. Vor allem in der Finanzwelt ist das Schema der offenen Architektur weit verbreitet. Dort unterstreichen die Anbieter, dass ihre Kunden von einer breiteren Auswahl an Produkten und einer objektiveren, kundenorientierten Beratung profitieren. Gleichzeitig birgt ein derartig erweitertes Angebot aber auch erhebliche Risiken, wie etwa den Verlust von Marktanteilen oder die Beschädigung der eigenen Produktmarken. Die Vor- und Nachteile des „Open Architecture“-Modells sind Gegenstand teils heftiger Kontroversen und nicht unerheblichem Medieninteresses. In diesem Zusammenhang verwundert es, dass es bis zu diesem Zeitpunkt nahezu keine Untersuchung zu der Fragestellung gibt, wie potentielle Kunden eine offene Produkt-Architektur wahrnehmen und auf sie reagieren.
Winfried Daun untersucht in seiner Arbeit, in welchem Ausmaß Kundenreaktionen dadurch beeinflusst werden, dass eine Firma neben ihren eigenen Produkten auch Drittprodukte vertreibt. Insbesondere wird die Fragestellung behandelt, ob das Verhalten von Verkäufern und attributionales Denken von Kunden sich darauf auswirken, wie Letztere auf eine offene Architektur reagieren. Hierfür hat Daun einen konzeptionellen Modellansatz entwickelt und getestet, der auf Forschungserkenntnissen in den Bereichen der Attributionstheorie und der „behavioral cues“ (Verhaltenssignale) aufsetzt. Eine qualitative Vorstudie und zwei quantitative Experimente bestätigen die Hypothese, dass die Überzeugungskraft einer Verkaufsperson, ihre Eigeninitiative im Anbieten von Fremdprodukten und die „Mischung“ von Eigen- und Fremdprodukten einen wesentlichen Einfluss auf Kundenreaktionen haben. Somit erhalten Unternehmen wichtige Impulse für den gelungenen Vertrieb von „Open Architecture“-Produkten.
Winfried Daun studierte an der Universität Passau Marketing, Wirtschaftsinformatik und Wirtschaftsenglisch. In seiner langjährigen Tätigkeit als Manager und Marketingexperte, unter anderem bei der schweizerischen UBS AG, sammelte er praktische Erfahrungen mit der offenen Produkt-Architektur. Seine auf Englisch verfasste Dissertation gibt wichtige Management-Empfehlungen für einen erfolgreichen Umgang mit dem „Open Architecture“-Modell und ist ein Muss für alle, die sich mit dieser Thematik sowohl in der Theorie als auch in der Praxis beschäftigen.