Die Bundesregierung will für die Suche nach einem Atom-Endlager abermals eine „Ethikkommission“ sowie ein völlig neues Bundesinstitut für Endlagerung einrichten. Das geht aus dem ersten Entwurf für ein „Standortauswahlgesetz“ hervor, der der „Süddeutschen Zeitung“ (Dienstagausgabe) vorliegt. Ziel sei es, „in einem wissenschaftsbasierten und transparenten Verfahren“ einen Endlagerstandort zu suchen.
Das alles solle in einem „nationalen Konsens zwischen Bund und Ländern, Staat und Gesellschaft, Bürgerinnen und Bürgern erfolgen“. Eine Ethikkommission hatte es zuletzt zur Vorbereitung der Energiewende gegeben. Diese nun soll helfen, „die verantwortungsethischen Entscheidungsgrundlagen“ zu finden – in einem denkbar heiklen Feld. Bund und Länder arbeiten seit November an einem solchen Gesetz, bis zum Sommer soll es verabschiedet werden. Nach mehr als 30 Jahren würde damit erstmals eine Alternative zum umstrittenen Salzstock in Gorleben gesucht. Ob Gorleben als Option weiterhin im Rennen bleibt oder nicht, lässt der Entwurf offen. Das Gleiche gilt für die Frage, wie viele Standorte am Ende miteinander verglichen werden sollen – und wann das ganze Verfahren abgeschlossen sein soll. Experten rechnen mit der Fertigstellung eines Endlagers nicht vor 2040. Dafür sind die einzelnen Schritte des Suchverfahrens und auch die Beteiligung der Öffentlichkeit in dem Entwurf schon recht genau umrissen. So solle der Bund, der mit dem Bundesamt für Strahlenschutz eigentlich schon eine zuständige Behörde hat, ein gänzlich neues „Bundesinstitut für Endlagerung“ gründen. Haarklein regelt ein eigener Paragraph Aufbau und Befugnisse des neuen Instituts, das dem Bundesumweltministerium unterstehen soll. Unter anderem soll es die Kriterien erarbeiten, die ein Endlager und eine Standortregion erfüllen muss, und auch an Grundsatzfragen soll das Bundesinstitut mitwirken – etwa der, ob sich der Atommüll später einmal rückholen lässt oder nicht. Damit würde die neue Behörde zur Schlüsselstelle der Endlagersuche. Denn auf Basis dieser Suchkriterien würde dann die Zahl potentieller Regionen immer weiter eingegrenzt. Die letzte Entscheidung sowohl über die Kriterien als auch über die Erkundungsarbeiten soll jedoch bei Bundestag und Bundesrat liegen. Das Gleiche gilt für das abschließende Votum über den „bestmöglichen“ Standort. Danach erst begänne das eigentliche Genehmigungsverfahren. Erkundung, Bau und Betrieb soll ein „Vorhabenträger“ übernehmen, den der Entwurf aber noch nicht näher benennt. Damit nicht noch einmal ein Konflikt wie um Gorleben entsteht, soll die Öffentlichkeit in alle Schritte einbezogen werden. So sollen Unterlagen im Internet veröffentlicht werden, Betroffene regelmäßig zu Versammlungen geladen werden. Sollte ein Standort weniger als 50 Kilometer von einer Grenze entfernt liegen, sollen auch Betroffene im Nachbarland Gehör finden. Die neu zu schaffende Ethikkommission soll alle Schritte mit ihrem Rat begleiten. Zunächst aber müssen sich nun Bund und Länder darüber verständigen. Sie treten diesen Mittwoch und Donnerstag erneut zu Beratungen über das Gesetz zusammen.