Ströbele fordert härteren Oppositionskurs der Grünen

Der grüne Bundestagsabgeordnete Hans-Christian Ströbele fordert von seiner Partei einen härteren Oppositionskurs. „Ich hab eine sehr eigene Auffassung zu unserer Rolle in der Opposition“, sagte Ströbele der „Welt“ (Dienstag) und forderte: „Wir müssen die Unterschiede grüner Positionen zu denen der Regierung mehr zur Geltung bringen.“ Zugleich beklagte der 73-Jährige, der in seinem Berliner Wahlkreis Friedrichshain-Kreuzberg 2013 wieder für den Bundestag kandidieren will, die Entleerung der Parlamentsdiskussionen im Plenum.

„Mich stört vor allem, dass viel zu wenig grundlegend kontrovers diskutiert wird.“ Das Plenum sei „zu einer Bühne der Außendarstellung bekannter Positionen geworden, wo häufig noch einmal präsentiert wird, was längst woanders entschieden wurde.“ Das mache Sitzungen und Argumentation „häufig auf Dauer langweilig“, und es entstehe „der Eindruck, es gehe gar nicht mehr darum, andere zu überzeugen“, sagte Ströbele der „Welt“. Die Abgeordneten müssten „Diskussionen, in denen die Entscheidungen fallen, viel öffentlicher führen und ins Plenum holen“ sowie „die Bevölkerung in der Debatte mitnehmen“. Er selbst, so Ströbele weiter, beharre darauf, „zu meiner Position reden zu können“. Sein neuerliches Antreten für den Bundestag begründete Ströbele auch damit, dass er weiterhin abweichende Meinungen in der Grünen-Fraktion vortragen wolle: „In der Fraktion halte ich für wichtig, dass ich sage, was ist, ungeschützt und ohne Rücksicht darauf, wie andere das sehen. Auch wenn ein Teil der Fraktion mich scheel anguckt und sich fragt, warum ich schon wieder mit Nein stimme.“ Er markiere „Gegenpositionen im grünen Meinungsspektrum“, sagte er und fügte hinzu. „Einige stellen zuweilen später fest, dass da ja was dran war an dem, was ich gesagt habe.“ Als weiteren Grund für seine Kandidatur nannte Ströbele die Aufgabe, in der kommenden Legislaturperiode eine Reform des Verfassungsschutzes zu erreichen: „Diese Aufgabe in der nächsten Legislaturperiode ist einer der Gründe, warum ich noch einmal kandidieren will.“ Der Verfassungsschutz müsse „grundsätzlich anders werden“, und dabei könne er, Ströbele, „als Dienstältester im Kontrollgremium mit Kenntnissen und Erfahrungen helfen“. Anders als einige andere Grüne fordert Ströbele aber nicht die Abschaffung des Verfassungsschutzes: „Ich fände es falsch, wenn wir Grünen uns an der abstrakten Frage verkämpfen, ob der Verfassungsschutz ganz abgeschafft wird“. Er halte Anderes für wichtiger, „nämlich, warum die Sicherheitsdienste beim Kampf gegen rechtsextremistischen Terror der NSU so versagt haben. Das hat offensichtlich mit einer grundsätzlich falschen Einstellung zum rechten Extremismus zu tun, die sogar zu schwerwiegenden handwerklichen Fehlern geführt hat.“ Ströbele äußerte sich gegenüber der „Welt“ auch zu seiner Krebserkrankung: „Es gibt die Diagnose, dass ich ein Prostatakarzinom habe, das behandelt werden muss“, sagte er. „Ich habe keine direkten Beschwerden. Die Ärzte, die ich konsultiert habe, sagen, dass dieses Gesundheitsproblem behoben werden kann. Davon gehe ich aus.“ Doch fügte Ströbele hinzu, dass er mit seiner offiziellen Bewerbung für die Nominierung durch die Kreuzberg-Friedrichshainer Grünen so lange warten werde, bis die Therapie Erfolg hat: „Ich bewerbe mich erst um die Kandidatur, wenn das geschafft ist.“ Über sein gegenwärtiges Befinden sagte Ströbele „Wenn ich morgens früh angefangen habe, merke ich jetzt abends so ab 23 Uhr, dass es Zeit ist, nach Hause zu fahren. Früher ging es noch länger.“