SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier bezweifelt, dass Bundespräsident Christian Wulff seine im Grundgesetz festgelegte Kontrollfunktion gegenüber der schwarz-gelben Bundesregierung noch wahrnehmen kann. Steinmeier verwies in „Bild am Sonntag“ darauf, dass Wulff nur im Amt bleiben können, „weil Kanzlerin und Koalition ihn trotz Gegrummel in den eigenen Reihen dort halten wollen“. Steinmeier fügte hinzu: „Ob er so noch die notwendige Unabhängigkeit hat, die er braucht, um Gesetze derselben Regierungsmehrheit kritisch und objektiv zu prüfen, steht auf einem anderen Blatt. Da sind Zweifel angebracht.“
Steinmeier ist zugleich der Überzeugung, dass Politiker anonyme Barschecks in der Größenordnung wie dies bei Wulffs Hausfinanzierung der Fall war, nicht annehmen dürfen: „Es ist schon sehr merkwürdig, dass ein Ministerpräsident einen anonymen Scheck zur Finanzierung seines Hauses einsetzt. Dies ist bisher weder erklärt noch aufgeklärt und ist jetzt der größte Nachteil für den Bundespräsidenten selbst. Denn anonyme Schecks verhindern dem Scheckempfänger die Nachweismöglichkeit, woher das Geld genau kam. Da entsteht fast zwangsläufig der Verdacht, dass irgendetwas verschleiert werden sollte. Diesen Verdacht muss man als Politiker unbedingt vermeiden. Anonyme Schecks und dann in dieser Größenordnung, das geht nicht für einen Politiker!“ Wulff müsse jetzt, so Steinmeier, „endlich ernsthaft und transparent für Aufklärung sorgen. Und dazu gehört auch, dass er das Ehepaar Geerkens bittet, offenzulegen, woher die halbe Million Euro stammt.“ Steinmeier fügte hinzu: „Christian Wulff kann sich nicht selbst freisprechen. Allein der Stand der Aufklärung entscheidet über das Ende der Debatte. Und da hat Christian Wulff noch einiges zu tun.“ Er selbst habe oft genug Situationen erlebt, wo man in Verantwortung steht für das Land und nicht all das öffentlich sagen kann, was man weiß, so Steinmeier. „In eigenen Dingen ist Wahrheit und Transparenz aber der einzige Weg, um Glaubwürdigkeit zu behalten.“ Bei Urlaubsreisen gelte das, „was Christian Wulff seinem zum Rücktritt gezwungenen Amtsvorgänger Gerhard Glogowski nachgerufen hat: Schon jeder Anschein von Vorteilsannahme müsse vermieden werden. Und damals gehörten seiner Auffassung nach Gratisurlaube dazu!“