Steinmeier: Habe aus Rücksicht auf Frau verzichtet

Der Fraktionsvorsitzende der SPD im Bundestag, Frank-Walter Steinmeier, hat nach eigenen Angaben aus Rücksichtnahme auf seine nierenkranke Ehefrau die Kanzlerkandidatur für seine Partei abgelehnt. Steinmeier sagte „Bild am Sonntag“ in einem Interview: „Die letzten zwei Jahre seit der Transplantation haben gezeigt: auch wenn es überwiegend gut geht – es gibt ein paar Tage mehr im Jahr, an denen ich an der Familienfront gefordert bin. Diese Freiheit wollte ich mir bewahren, deshalb war der Verzicht auf die Kandidatur die notwendige Konsequenz.“

Steinmeier hatte seiner Frau vor rund zwei Jahren eine Niere gespendet. Steinmeier sagte weiter: „Mir war klar, was ein Jahr Wahlkampf für mich und meine Familie bedeuten würde. Wahlkampf, das heißt, an jedem der kommenden 365 Tage die doppelte Drehzahl zu laufen. Bei mir zu Hause ist aber in den vergangenen zwei Jahren Einschneidendes passiert. Und das hat einfach die Gewichte nochmal einmal verschoben und zu meiner Entscheidung geführt.“ Die Entscheidung gegen eine Kandidatur sei ihm jedoch nicht leicht gefallen: „Wenige Dinge sind schwieriger, als Nein zu sagen, wenn man selbst nicht ohne Ehrgeiz und die Aufgabe groß ist. Zweierlei war für mich am Ende ausschlaggebend: Ich wusste, dass Peer Steinbrück ein hervorragender Kandidat sein würde.“ Der SPD-Politiker zeigte sich dankbar dafür, dass seine Frau und er nach der Transplantation zurück zu einem glücklichen Zusammenleben gefunden hätten: „Wir sind da gemeinsam durch einen langen Tunnel gegangen. Ich bin unendlich dankbar, dass wir so viel Stabilität in unserem Leben wieder hingekriegt und jetzt wieder eine gemeinsame Perspektive für hoffentlich viele Jahre haben. Das ist ein großes Geschenk, das ich auch so empfinde; deshalb habe ich beschlossen, jetzt nicht gleichzeitig politisch alles auszureizen.“ Seine Frau habe ihn nicht zum Verzicht auf die Kandidatur gedrängt, versicherte Steinmeier: „Meine Frau hätte vielleicht auch eine andere Entscheidung mitgetragen. `Wenn Dein ganzes Lebensglück davon abhängt, würde ich dem am Ende nicht im Wege stehen`, hat sie irgendwann während der letzten Monate gesagt. Aber ihre Vorstellung vom Lebensglück war eine andere.“ Steinmeier betonte, sich in nächster Zeit keinesfalls aus der Spitzenpolitik zurückziehen zu wollen: „Im Ernst: Ich habe nicht die geringste Absicht, mich aus der Politik zurückzuziehen. Und ich werde im Wahlkampf sehr präsent sein. Meine Rolle wird nur eine andere sein als 2009. Aber ich werde mich voll für die SPD reinhängen, damit Peer Steinbrück Kanzler wird.“ Trotz der verpassten Chance, noch einmal ins Rennen um das Kanzleramt zu gehen, sei er mit seiner persönlichen Lebensleistung sehr zufrieden: „Ich komme aus kleinen Verhältnissen, in denen mir kein Abitur und Studium in die Wiege gelegt war. Alles, was ich erreicht, gesehen und erlebt habe, hätte ich mir in meiner Jugendzeit nie erträumt. Ich fühle mich durchs Leben ganz und gar nicht ungerecht behandelt. Deshalb bin ich mit der jetzt getroffenen Entscheidung weder unglücklich noch resigniert, sondern ganz bei mir“, so Steinmeier.