Aus dem 25-seitigen Reform-Papier des möglichen SPD-Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück sind am Dienstag zahlreiche Details bekannt geworden. Demnach will Steinbrück Europas Banken 200 Milliarden Euro für einen Rettungsfonds abverlangen, der bei etwaigen Schieflagen anstelle des Steuerzahlers einspringt. Die „Süddeutsche Zeitung“ schreibt, dies könnte allein die Deutsche Bank ein bis zwei Milliarden Euro im Jahr kosten.
Die Bankenabgabe der Bundesregierung sei mit 590 Millionen Euro im Jahr 2011 „trotz Rekordgewinnen der Banken“ viel zu niedrig. In seinem 25-seitigen Papier verlangt Steinbrück ein neues Gleichgewicht zwischen Märkten und Politik. „Die Finanzmärkte haben Maß und Mitte verloren. Die Bändigung eines finanzmarktgetriebenen Kapitalismus ist eine entscheidende Herausforderung unserer Zeit“. Die Regierung um Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) agiere nach Ansicht des früheren Bundesfinanzministers nur im Zeitlupentempo. „Seit Jahren bleibt die Politik im Wald von Standortinteressen und dem Einfluss der Lobbies stecken.“ Steinbrück nimmt sich überdies radikale Reformen der Ratingagenturen vor, die er für eine Verschärfung der Eurokrise verantwortlich macht. So sollten die Bewertungen durch eine unabhängige Behörde wie den Internationalen Währungsfonds (IWF) überwacht werden. Er regt eine Neuaufstellung der Agenturen etwa als „nicht am Profit orientierte Stiftungen“ an und setzt sich für eine neuropäische Ratingagentur ein. Geldhäuser sollen Boni nur noch in Höhe des Fixgehalts eines Mitarbeiters zahlen. Banken sollen künftig die Boni aller Topverdiener und nicht nur der Vorstände offenlegen und Managergehälter nur noch zum Teil als Kosten von der Steuer absetzen können. Steinbrück zählt auf, Europas Regierungen hätten zwischen 2008 und 2010 1,6 Billionen Euro für die Rettung ihres Bankensektors ausgegeben. Die Banken hätten auch die Eurokrise mitverschuldet: „Insbesondere Irland und Spanien, als Musterknaben vor 2009 weit weniger verschuldet als Deutschland, sind über ihren Finanzsektor in Schieflage geraten“. Um das Erpressungspotenzial der Banken gegen den Staat zu reduzieren, will er die Branche aufspalten. Wer riskanten Eigenhandel mit Wertpapieren treibt, soll kein Geld von Kunden oder der Zentralbank annehmen dürfen – an diesen Investmenthäusern soll sich keine normale Bank beteiligen dürfen. Darüber hinaus will Steinbrück Kundenkonten und Kredite normaler Institute organisatorisch von ihrem Investmentbanking trennen: „Fallen in einem riskanten Geschäftsbereich hohe Verluste an, bleibt der Schaden auf diesen Bereich beschränkt, ein Übergreifen auf die gesamte Bank wird verhindert“. Steinbrück fordert zudem eine geringere Zahl deutscher Landesbanken, die dem Steuerzahler bereits hohe Kosten verursachten. Steinbrück fordert, Schattenbanken wie Hedgefonds, auf die bis zu 30 Prozent des globalen Vermögens entfielen, schärfer zu regulieren – sie müssten etwa mehr Eigenkapital halten. Der Handel mit Derivaten, der das zehnfache der Weltwirtschaftsleistung erreicht, dürfe nicht mehr überwiegend ausserhalb regulierter Börsen und ohne Sicherheiten ablaufen. Und auch die privaten „Häuslebauer“ müssen Einschränkungen hinnehmen. Wie die „Bild-Zeitung“ (Mittwochausgabe) meldet, verlangt Steinbrück in seinem 25-seitigen Finanzkonzept eine Obergrenze für die Beleihung von Immobilien. „Zukünftig muss in ganz Europa eine Obergrenze für die Beleihung von Immobilien von 80 Prozent verbindlich vorgeschrieben werden“, zitiert die Zeitung aus dem Konzept. In Boomphasen solle die Obergrenze sogar bei 60 Prozent festgezurrt werden. Zur Begründung für diese Regulierung nennt Steinbrück den Ausbruch der Finanzkrise in den USA vor fünf Jahren. „Beleihungen von Immobilien zu 100 Prozent und – in Erwartung steigender Immobilienpreise – teils sogar zu 120 Prozent des Wertes waren ein wesentlicher Grund für den Ausbruch der Bankenkrise“, zitiert die „Bild-Zeitung“ aus dem Steinbrück-Konzept.