Die geplante Verabschiedung von Ex-Bundespräsident Christian Wulff mit einem Großen Zapfenstreich der Bundeswehr an diesem Donnerstag in Berlin stößt bei SPD-Politikern und dem Bund der Steuerzahler auf massive Kritik. „Ich halte den Großen Zapfenstreich für Herrn Wulff für unangemessen“, sagte der Sprecher des Seeheimer Kreises in der SPD, Johannes Kahrs, „Handelsblatt-Online“. „Seine Wahl, die Amtsführung und die Begleitumstände um seinen Rücktritt waren peinlich und unwürdig, daher kein großer Zapfenstreich.“
Das Bundeswehr-Zeremoniell sei „eine Ehre, keine Staatspraxis“, fügte Kahrs mit Blick auf Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) hinzu, der Wulff den Zapfenstreich mit der Begründung zusicherte, es handle sich dabei um „geübte Staatspraxis“. „So können Traditionen entwertet werden“, sagte Kahrs. „Herr de Maiziere sollte seine Entscheidung revidieren.“ Auch SPD-Haushälter Carsten Schneider sieht keinen Grund für einen Großen Zapfenstreich für Wulff. Der ehemalige Bundespräsident habe durch seinen Umgang mit der Wahrheit das höchste Amt im Staate beschädigt. „Er sollte sich nun in Demut üben“, sagte Schneider „Handelsblatt-Online“. „Dies gilt auch für besondere Ehrungen wie dem höchsten militärischen Zeremoniell der Bundeswehr, das herausgehobenen Persönlichkeiten vorbehalten ist.“ Offenbar sei sich Wulff über die Angemessenheit dieser Ehrung auch selbst unsicher, fügte Schneider mit Blick auf eine Mitteilung des Bundespräsidialamtes vom 24. Februar hinzu. „Anders lässt sich die Rechtfertigung des Bundespräsidialamtes mit der Anzahl seiner Truppenbesuche nicht verstehen.“ Steuerzahlerbund-Vize Reiner Holznagel plädierte ebenfalls für einen Zapfenstreich-Stopp. „Es ist tatsächlich die Zeit für Bescheidenheit und Zurückhaltung. Nur so kann das Amt des Bundespräsidenten wieder eine breite Akzeptanz finden“, sagte Holznagel „Handelsblatt-Online“. Dazu müsse auch der Bundestag durch schnelle Entscheidungen hinsichtlich der Altersbezüge des Bundespräsidenten beitragen. „Kein anderer öffentlicher Amtsträger in Deutschland erhält nach seinem Ausscheiden ein Ruhegeld in Höhe der Aktivbezüge“, erläuterte Holznagel. Daher müsse das Gesetz über die Ruhebezüge des Bundespräsidenten zügig reformiert werden. „Wer das repräsentative Amt des Bundespräsidenten als Amt für die Bürger versteht, sollte dafür sorgen, dass sämtliche Privilegien abgeschafft werden. Insofern ist eine Absenkung des Ehrensolds angemessen.“ Holznagel forderte zudem ein Umdenken bei der Amtsausstattung des Staatsoberhaupts. Natürlich habe ein Bundespräsident auch nach seinem Ausscheiden weitere Aufgaben und Verpflichtungen. Deshalb sei es gerechtfertigt, wenn Altbundespräsidenten eine gewisse Amtsausstattung erhalten. „Doch der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages sollte diese Amtsausstattung regelmäßig überprüfen“, sagte der Steuerzahlerbund-Vize. Eine unbefristete Gewährung sei nicht mehr akzeptabel. „Auch hier muss der Bundestag bzw. der Haushaltsausschuss umdenken.“ SPD-Haushälter Schneider legte Wulff nahe, auch in dieser Frage Verzicht zu üben. Für die Amtsausstattung von ehemaligen Bundespräsidenten gebe es keine gesetzliche Grundlage und deshalb auch keinen Rechtsanspruch, sagte er. „Vielleicht erspart Herr Wulff dem Bundestag ja auch eine Entscheidung in dieser Sache. Andernfalls würde ich in einer Entscheidung dieser Angelegenheit einen großen Unterschied zu den anderen ehemaligen Bundespräsidenten sehen.“ Immerhin habe Wulff seine Amtszeit nicht einmal zur Hälfte geleistet. „Auch dürfte das Interesse der Bevölkerung, auch künftig mit dem ehemaligen Bundespräsidenten in Austausch zu treten, eher zurückhaltend sein“, ist sich Schneider sicher. „Eine, den anderen ehemaligen Bundespräsidenten vergleichbare Amtsausstattung wäre für mich deshalb nicht nachvollziehbar.“ Grünen-Fraktionsgeschäftsführer Volker Beck sprach sich dafür aus, die Frage von Büro und Mitarbeitern für Wulff solle bis zum Ausgang der strafrechtlichen Ermittlungen ruhen zu lassen. „Wird Wulff wegen Vorteilsnahme verurteilt, gibt es keinen Grund ihm dies zu gewähren“, sagte Beck „Handelsblatt-Online“.