Eine Angst vor anderen Menschen – die Soziale Phobie. Diplom-Psychologe und Hypnotherapeut Dr. Lars Pracejus aus Gießen gibt Expertise
Dr. Lars Pracejus aus Gießen; Ansprechpartner für Psychotherapie und Hypnotherapie
(Gießen, den 06.10.2011; www.knowhownow.de) 5-10 Prozent der Menschen sind ein mal im Leben von sozialen Ängsten betroffen. Hemmungen im Umgang mit Menschen und Minderwertigkeitskomplexe, schränken Betroffene immer mehr in alltäglichen Situationen ein. Viele finden keinen finden keinen Anschluss zur Gesellschaft, anderen ist es nicht möglich, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen, oder für einen kurzen Moment im Mittelpunkt zu stehen. Die Rate der Betroffenen steigt, genauso wie die offenen Fragen.
Wie sehe ich aus? Was denken sie über mich? Verhalte ich mich falsch? Dies sind Fragen, die das Leben eines Menschen schwer beeinträchtigen können. Die Angst vor anderen Menschen, schränkt Betroffene oftmals in ihrem gesamten Handeln und Denken ein. Kein Schritt geschieht, ohne dass über seine Wirkung ausführlich nachgedacht wird. Eine Angst zu versagen und „schlechter“ zu sein, kann manch Betroffenen ein Leben lang begleiten.
Was genau sich hinter einer „Sozialen Phobie“ verbirgt, wie sie sich im Alltag erkennbar macht und welche Behandlungsmethoden es gibt, soll im folgenden Expertengespräch näher erläutert werden. Diplom-Psychologe und Spezialist für Hypnotherapie, Dr. Lars Pracejus aus Gießen, gibt im Ratgeber Gesundheit von KHN Antworten und Ratschläge.
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KnowHowNow
Dr. Lars Pracejus, als Diplom-Psychologe beschäftigen Sie sich beruflich mit den unterschiedlichsten Phobien. Der Begriff „Soziale Phobie“ ist in jüngster Zeit in etlichen Foren und Selbsthilfebewegungen der ‚Gesprächsstoff Nummer Eins‘. Dabei stellt sich zu allererst die Frage, was genau im psychologischen Sinne unter einer „Sozialen Phobie“ zu verstehen ist. Mit welcher Definition können Sie einsteigen?
Dr. Lars Pracejus
Das ICD 10, das heißt der Katalog der unter anderem psychische Erkrankungen definiert, beschreibt eine soziale Phobie als Furcht vor prüfender Betrachtung durch andere Menschen, die zu Vermeidung sozialer Situationen führt. Umfassende soziale Phobien sind in der Regel mit niedrigem Selbstwertgefühl und Furcht vor Kritik verbunden. Sie können sich in Beschwerden wie Erröten, Händezittern, Übelkeit oder Drang zum Wasserlassen äußern. Dabei meint die betreffende Person manchmal, dass eine dieser sekundären Manifestationen der Angst das primäre Problem darstellt. Die Symptome können sich bis zu Panikattacken steigern.
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Was sind allgemeine Symptome von einer Sozialen Phobie im Vergleich zur weitläufigen Schüchternheit – oder kann so eine Unterscheidung nicht direkt getroffen werden?
Dr. Lars Pracejus
Der Unterschied wird durch die Definition festgelegt. Stark ausgeprägte Schüchternheit ist ein Symptom eines Minderwertigkeitserlebens. Das Minderwertigkeitsgefühl kann ein Symptom der Sozialen Phobie, aber auch anderer psychischer Störungen sein.
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Wie werden diese Symptome von Betroffenen im Alltag reflektiert?
Dr. Lars Pracejus
Betroffene nehmen bei sich wahr, dass soziale Situationen gemieden werden. Das kann zu Isolation und Einsamkeit führen. Andere wiederum schaffen es, die Situationen sozialer Beurteilung zwar aufzusuchen, leiden aber im Vorfeld stark unter dem physiologischen Angsterleben (Schweiß, Zittern, Herzrasen, vermehrter Harndrang) und den dysfunktionalen Gedanken was alles schlimmes passieren oder schiefgehen kann. Die meisten Betroffenen spüren in jedem Fall eine deutlich negative und im Vergleich zum bekannten Umfeld meist verstärkte Angst in sozialen Konfrontationen jeder Art. Gerade in der Sozialen Phobie ist das Hadern und der Schritt zur Hilfesuche für Betroffene besonders schwer.
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Gibt es gängige Beispiele für das Auftreten und Erscheinen einer sozialen Phobie und welche Ursachen können zu diesen Ängsten führen?
Dr. Lars Pracejus
Eine angemessenes Maß an Zurückhaltung oder Schüchternheit in ungewohnter Umgebung oder gegenüber Fremden ist ganz normal. Eine schüchterne Phase bei Kindern (Fremdeln) ist ein normaler Abschnitt im Kindesalter. Grundlage einer tatsächlichen „Sozialen Phobie“ bietet meist eine Schwächung des Selbstwertgefühls. Dies kann auf beispielsweise Traumata in der Kindheit aber auch auf langfristigen oder anhaltenden, negativen Wahrnehmungen im Umfeld beruhen. Der Gedanke „nicht gut genug“, „nicht schön genug“ oder „nicht beliebt genug“ zu sein und die Befürchtungen von „Ablehnung“ im Umfeld sind die typischen Merkmale dieser Prägung, welche für eine Soziale Phobie anfällig macht – beziehungsweise den Verdacht auf diese Phobie bei Betroffenen bestärken könnte.
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Gibt es Personengruppen oder eine bestimmte Altersgruppe, welche eine höhere Anfälligkeit zu einer sozialen Phobie aufzeigen?
Dr. Lars Pracejus
Im Unterschied zu den meisten anderen Phobien sind Männer und Frauen von sozialen Phobien gleich häufig betroffen. Sie finden ihren Beginn meist in der Jugend oder im jungen Erwachsenenalter.
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Mit Sicherheit ist die Soziale Phobie auch ein Thema für das Umfeld des Betroffenen. Welchen Rat gibt es hier für den zwischenmenschlichen Umgang?
Dr. Lars Pracejus
Die größten Chancen auf Prävention oder Abwendung liegen mit Sicherheit in der Kindheit und somit bei den Eltern. Bei einer ausgeprägten Sozialen Phobie ist es jedoch dringend anzuraten, sich nach professioneller Hilfe zu orientieren oder als Angehöriger des Umfelds zu dieser zu raten. Der Hang, beispielsweise das Familienmitglied selbst therapieren zu wollen, ist sehr groß und die Risiken um so größer, allein durch falsche Ratschläge oder Konfrontationsversuche die Phobie noch zu verstärken.
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Sollten Eltern eine soziale Phobie bei ihrem Kind befürchten – was wäre an erster Stelle zu tun und was können speziell Eltern im Umgang mit ihrem Kind und bei der weiteren Erziehung beachten?
Dr. Lars Pracejus
Um selbstbewusstes Verhalten zu unterstützen oder zu diesem zu erziehen, müssen Erfolge verstärkt oder belohnt werden. Misserfolgserlebnisse dürfen nicht als fatal erlebt oder verhöhnt werden. Inwieweit Angehörige im Alltag den therapeutischen Erfolg fördern können, kann aber je nach Beziehungssystem sehr unterschiedlich sein.
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Welche Behandlungsmethoden bietet die Psychotherapie bei der Sozialen Phobie?
Dr. Lars Pracejus
In der Verhaltenstherapie kann im Rahmen einer realen Konfrontation erlernt werde, die Situation auszuhalten. Oftmals werden im sozialen Kompetenztraining dem Patienten Aufgaben gestellt, die er in Begleitung des Psychotherapeuten zu bewältigen hat. In den imaginativen Verfahren lassen sich Konfrontationen auch in der Vorstellung beginnen, um einen leichteren Einstig zu finden und die Aufregung bereits im Vorfeld beherrschen zu lernen. Bewusste Entspannung ist hier ein sinnvolles Werkzeug, denn Entspannung und Angst können nicht zeitgleich vorherrschen. Eine sogenannte kognitive Umstrukturierung kann helfen, eine neue innere Haltung gegenüber den sozialen Situationen einzunehmen. Wenn Ursachen in Kindheit und Jugend zu suchen sind, kann auch eine tiefenpsychologisch fundierte Therapie angeraten sein um die Konflikt der Vergangenheit aufzulösen.
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Als Experte für auch hypnotherapeutische Verfahren möchten wir Sie ebenso fragen, ob und welche wesentlichen Unterschiede zwischen einer klassischen Therapie zu eventuellen alternativen Behandlungen existieren. Haben Sie Beispiele zur Sozialen Phobie?
Dr. Lars Pracejus
Hypnotherapie ist ein Kurzzeitverfahren und arbeitet ressourcen- und lösungsorientiert. Das heißt, in der Therapie wird erarbeitet, was dem Patienten zur Verfügung steht, um zu einer Linderung zu gelangen und was das Ziel ist, auf das hingearbeitet wird. Anders formuliert wird in den problemverursachenden Abschnitten der Vergangenheit nur so weit gearbeitet, wie es hilfreich ist, um das aktuelle Symptom zu beeinflussen. Klassische Analysemethoden wenden dazu wesentlich mehr Zeit auf, bedienen sich einer höheren Stundenzahl und arbeiten auch mit höherer Terminfrequenz.
Ein Patienten, der es unter Hypnose schafft, in der Vorstellung sozialen Situationen zu begegnen und dabei das Angsterleben zu beeinflussen, kann relativ schnell Erfolge erzielen.
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Welche Methode ist von Ihrer Seite aus zu empfehlen oder gibt es Unterscheidungen zu bestimmten Patientengruppen?
Dr. Lars Pracejus
Bei Phobien können moderne verhaltenstherapeutische Verfahren gegenüber den klassischen Analysemethoden in Zeitaufwand und Effektivität vorteilhaft sein. Hypnotherapeutische Elemente können sinnvoll ergänzt werden und Anwendung finden.
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Wie können sich Betroffene und Angehörige eine solche Therapie vorstellen und was dürfen sie erwarten?
Dr. Lars Pracejus
Ergänzend zu den Therapieverfahren, die oben genannt sind, ist zu sagen, dass jede Linderung ein Schritt in die Selbstbestimmung, geistigen Gesundheit und zurück zur Freiheit sind. Es ist im Einzelfall zu beurteilen, welche Entwicklung von Heilung möglich ist.
KnowHowNow
Welchen abschließenden Ratschlag möchten Sie Betroffenen und Angehörigen im Umgang mit einer sozialen Phobie auf den Weg geben?
Dr. Lars Pracejus
Jede psychische Erkrankung ist einfacher zu behandeln, je früher damit begonnen wird.
KnowHowNow
Herr Dr. Lars Pracejus, vielen Dank für Ihre Expertise zur Sozialen Phobie.
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Dr. Lars Pracejus arbeitet in eigener Privat-Praxis für Psychotherapie (HPG) in Gießen. Er steht für Beratung und Nachfrage zur Thematik persönlich zur Verfügung.
Praxis für Psychotherapie (HPG)
Dipl.-Psych.
Dr. Lars Pracejus
Südanlage 12
35390 Gießen
Tel.: 0641 – 55 99 613
http://www.hypno-dialog.de
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Im Gespräch Dr. Lars Pracejus. Praxis: Südanlage 12, 35390 Gießen. Diplom-Psychologe aus Gießen und Spezialist für Psychotherapie und Hypnotherapie, Hessen. Promotion (rer. nat.) und Studium der Psychologie und Medizin an der Justus Liebig Universität Gießen.
Interviewkennung bei Rückfragen an KnowHowNow: med/0009
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