„Capriole zum Mond“ – Zeichnungen, Malerei und Lithographien von Martin Lotz
Berlin, 26. Oktober 2018. Vom 10. November 2018 bis zum 13. Januar 2019 zeigt das Museum „Dalí – Die Ausstellung am Potsdamer Platz“ ausgewählte Werke des Berliner Malers und Graphikers Martin Lotz.
Von Beginn an begleitet Martin Lotz das Dalí Museum in Berlin als Experte und arbeitet mit dem Initiator und Direktor Carsten Kollmeier zusammen. Insbesondere als Leiter der Berliner Werkstatt Künstlerische Lithographie berät er fachlich, macht Führungen, hält Vorträge über Lithographie und das oft verbunden mit Live-Vorführungen an der historischen Steindruckpresse des Museums in der Ausstellung. Wie das Museum, feiert auch diese, mittlerweile enge freundschaftliche Zusammenarbeit ihr 10jähriges Jubiläum. Dies wird nun durch die Sonderausstellung des Künstlers in den Räumen des Museums gewürdigt. Gezeigt werden mehr als 40 Werke, die zum Teil eigens für diese Sonderausstellung geschaffen wurden.
„Das Dalí Museum gehört für mich zu den besonderen Schätzen der Berliner Kulturlandschaft. Hier liegt der Fokus mit einer sorgsam getroffenen Auswahl von Radierungen, Lithographien und Holzschnitten insbesondere auf dem umfangreichen und beeindruckenden druckgraphischen Schaffen Salvador Dalís. Für mich, der ich sehr vertraut mit den druckgraphischen Techniken bin, und unter anderem die Berliner Werkstatt Künstlerische Lithographie geleitet habe, ist es mir eine besondere Freude und Ehre, meine Werke hier Museum im Herzen Berlins ausstellen zu können“, so der Künstler Martin Lotz.
„Martin Lotz habe ich vor über zehn Jahren als engagierten Künstler und Leiter der Werkstatt Künstlerische Lithographie kennengelernt, der sehr viel dazu beigetragen hat, insbesondere die Technik der Lithographie als Kunstform bis heute lebendig zu gestalten. Er hat uns den Erwerb der historischen Lithographie-Presse für das Museum noch vor dessen Eröffnung vermittelt und der rege Austausch zur Kunst Dalís und dem virtuosen Einsatz der verschiedenen Techniken der Kunst in seinem Werk hat oft auf surreale Weise die Zeit zerfließen lassen. Jetzt sind es 10 Jahre. Diese Zeit hat auch in seiner Kunst Spuren hinterlassen. Deshalb laden wir gerne zur Spurensuche ein“, berichtet Museumsdirektor Carsten Kollmeier.
Der öffentliche Teil der Sonderausstellung kann zu den regulären Öffnungszeiten des Museums, von Montag bis Sonntag von 12-20 Uhr, als Teil des Museumsbesuchs besichtigt werden. Es wird kein zusätzlicher Eintritt für die Sonderausstellung erhoben. Ausgewählte Werke werden in separaten Räumlichkeiten ausgestellt und sind nur auf Anfrage und Voranmeldung unter lotz@daliberlin.de zu besichtigen. Im Gegensatz zu den originalen Dalí-Exponaten des Museums, die selbstverständlich unverkäuflich sind, kann man die Werke von Martin Lotz auch erwerben. Ein Teil des Erlöses spendet Lotz dem Museum, um vor allem das Zusatzangebot mit den beinahe stündlich stattfindenden Führungen noch zu erweitern und die Vorführungen an der Lithographie-Presse im Museum eventuell regelmäßig, gerade auch für Schulklassen, zeigen zu können.
Der Bildband „Capriole zum Mond“ ist für 24,- € im Museumsshop vor Ort sowie online unter shop.daliberlin.de erhältlich.
Über das Werk von Martin Lotz (Text: Alexander Bandilla)
Mit Zeichenfeder und Tusche, Aquarell, Gouache und den von Martin Lotz hochgeschätzten und souverän beherrschten lithographischen Techniken eröffnet er einen so nachdenklichen wie zuversichtlichen Blick in die Welt. Gelegentlich greift er die formale Erscheinung von Texten, die Gestalt der Buchseite auf; auch ist er begeistert von den vielfältigen Formen der Schriftzeichen anderer Kulturen.
Martin Lotz‘ Bilder sind ungemein fein und leicht. Ihre zarten Linien, die manchmal zu einem dunklen Schleier verdichtet sind, ziehen in das Gezeigte hinein. Auffällig sind Kraft und Eleganz der Linienführungen. Farben verwendet Martin Lotz zurückhaltend aber auch signalgebend. Charakteristisch ist ihr Leuchten im Gewirr der schwarzen Zeichen.
Martin Lotz‘ Zeichnungen und Graphiken zeugen von dem unverwüstlichen Bedürfnis nach dem Finden und Geltenlassen eigener Maße, Ansichten und Einsichten. Seine fein gearbeiteten Zeichenteppiche, wie auch deren Titel, lassen ein intensives Beobachten seiner Umgebung erkennen wie auch das Nachwirken von Erzählungen und Gedichten, sogar von Musik. Und bei der zeichnerischen Opulenz und Farbigkeit seiner Blätter, dem Überschwang der Phantasie, die spielerisch Witz und Weisheit berührt, den auf dem Papier wiederbelebten Begegnungen mit der Wirklichkeit wie mit Fiktionen, mit Erzählungen, Mythen und Mysterien, sind Martin Lotz‘ Arbeiten denen von Salvador Dalí durchaus vergleichbar. Beide Künstler schauen auf sehr verwandte Weise in die Welt, in die reale wie auch in die erzählte.
Wie ein Bildhauer eine Figur aus dem Stein, so schlägt sich die menschliche Gattung Individuum für Individuum selbst aus der vielgestaltigen Natur hervor, mit der Ahnung und auch dem Wissen, dass jeder einzelne längst nur der TORSO (2008) eines Möglichen sein kann. Das ist die Geschichte der Menschen, die Metamorphose stetiger Formnahme und Formgabe. Die Schrift, wenn auch nur in ihrer Vorstufe, kann als auf diesem Blatt nicht einfach unterschlagen werden. Denn Schrift verweist auf Erzählung und Erkenntnis. Martin Lotz drängten auch Texte von Jorge Luis Borges zum Zeichnen. Und mit fast heiterer Gelassenheit greift er in DER TINTENSPIEGEL (2016) eine abgründige Geschichte auf, in der es um das Betrachten des eigenen Daseins geht.
Ein solcher Blick auf das Weltgeschehen ist für Martin Lotz nicht neu. Die Frage steht, ob uns Menschen die Erde, der Stern unserer Begegnungen, nicht zum UNSTERN. SINISTRE. (2018) wird. Dieses Blatt zeigt: Kopfüber, kopfunter die Figuren, der Bodenbezug ist verschwunden, in unfassbaren Räumen zerbröselt und zerstiebt das eben noch hochgeschätzte und partymäßig gefeierte, so mühselig geschaffene Selbst des gemeinschaftlichen Lebens. Schlägt unsere Teilnahme aneinander um in technisierte Teilung eines jeden? Die Menschen selbst werden zu Reihungen von genormten Segmenten? Kein Impuls des Gefühls oder des Verstandes ist erkennbar, kein Wort gilt mehr etwas? Die Torsi fasern aus, oben und unten kehren sich um. Welches ist der für alle gemeinsame Bezugspunkt? Kein schwarzes Loch und kein Chaos ist so vernichtend wie der tätige Mensch es sein kann, der fanatisiert alle erworbenen Fähigkeiten und Fertigkeiten gegen seinesgleichen richtet, letztlich gegen sich selbst. Mit all der Kraft, die er aufwandte, sich zu formen, vermag er, sich selbst in die Asche, ins Anorganische zurückzutreten.
In der Wirklichkeit und vor diesen Bildern stehen wir wie AM MEER DER ERINNERUNGEN (2018). Auch dieses Meer ist eine kaum zu begreifende Energie, und darüber sind, Bojen und Segeln vergleichbar, unsere Hoffnungen und Ziele. Und jeder Zeit kann wie ein VULKAN auf- und ausbrechen, was in uns entstand oder verschlossen liegt, in Pyramiden nicht mehr lagerbare Erinnerungen, unter Druck geratene Erfahrungen und Erkenntnisse. Diesen offenen Berg mit dem feurigen Glühen und den blitzartigen Eruptionen zeigt Martin Lotz in mehreren Variationen. Damit fixiert er nicht nur souverän sein eigenes Schauen, sondern verführt auch den Betrachter, das Unmittelbare, das Konkrete immer wieder neu und anders anzuschauen. Denn jeder Mensch sieht sich auf seiner persönlichen Lebensbahn nicht nur in glückhaften Momenten, sondern jähen, abgründigen Wendungen gegenüber; immer aufs Neue werden waghalsige Balanceakte notwendig. Auf eine zurückhaltende und hintersinnige Art laden Martin Lotz‘ Federzeichnungen und Lithographien ein zur hohen Kunst der Kapriole, zur CAPIROLE ZUM MOND (2011), ins Reich des Phantastischen, der Imagination, des möglichen Neuen. Jedes einzelne Blatt belegt einen Ab-Sprung, ein spielerisches ‚Über-der-Erde-Sein‘, und erweist sich als Gegengewicht für dieses Balancieren. Die Blätter laden ein, „hoch genug nach vorne oben in die Luft“ zu springen, „um am höchsten Punkt … auszuschlagen und danach wieder sicher landen zu können“. So wird in der klassischen Reitkunst die Übung „Capriole“ beschrieben. Und es ist dieses mögliche, in einem selbstgeschaffenen Raum innerlich freie und mit allen Sinnen Agieren-Können wie auch das mit solcher Erfahrung Bodenständig-Bleiben-Können, das Sicher-Wieder-Landen-Können, das alle die hier vorgestellten Arbeiten von Martin Lotz verbindet. Sie alle sind Ergebnisse tiefen inneren Erlebens wie stetiger künstlerischer Arbeit, die selbst beide einer solchen Kapriole vergleichbar sind.
Über Martin Lotz (Kurzvita)
Martin Lotz, geboren 1951 in Berlin, absolvierte 1973 bis 1975 ein Abendstudium Malerei und Graphik am Berliner Haus für Kulturarbeit, lebt und arbeitet seit 1986 freiberuflich als Bildender Künstler in Berlin und ist seit 1993 Mitglied im Berufsverband Bildender Künstler. Von 1991 bis 2017 war er Vorsitzender des Vereins Kunstwerkstatt Treptow e.V., der die Werkstatt Künstlerische Lithographie gefördert hat und seit 2003 betreibt. Lotz gab Fachkurse für Lithographie in Berlin und Haldenstein (Schweiz) und leitete von 1997 bis 2008 gemeinsam mit der Liechtensteinischen Künstlerin Evelyne Bermann Ausstellungsprojekte im Rahmen des Kulturaustausches des Berliner Bezirks Treptow-Köpenick mit dem Fürstentum Liechtenstein. Seit 2008 arbeitet er mit dem Dali-Museum Berlin zusammen, berät fachlich und hält Vorträge über Lithographie, verbunden mit Vorführungen an der historischen Druckerpresse.
Ausstellungen in Berlin, Hamburg, Köln, Frankfurt/M, Regensburg, Bad Doberan, Potsdam, Havelberg, Celle, Quedlinburg und Kleinsassen (Deutschland), Eschen (Liechtenstein, Wien, Salzburg, Innsbruck, Art Bodensee in Dornbirn (Österreich), Winterthur, Haldenstein, Chur (Schweiz).
Werke in öffentlichem und privatem Besitz in Deutschland, Liechtenstein, Österreich und der Schweiz
Mehr Informationen unter https://www.daliberlin.de/de/pressemitteilungen
Dalí – Die Ausstellung am Potsdamer Platz
Eingang: Leipziger Platz 7, 10117 Berlin
Öffnungszeiten:
Täglich geöffnet Mo. – So.
Jan. – Jun., 12 – 20 Uhr
Jul. – Aug., 10 – 20 Uhr
Aug. – Dez., 12 – 20 Uhr
(24.12. geschlossen)
Öffentliche Führungen: (täglich)
12:30 Uhr, 14:00 Uhr, 15:30 Uhr, 17:00 Uhr und 18:30 Uhr
Öffentliche Verkehrsmittel:
S1/S2/S25, U2 Potsdamer Platz
Bus: M41, M48, M85, 200
Weiterführende Informationen
Dalí – Die Ausstellung am Potsdamer Platz
Mit über 450 Exponaten aus privaten Sammlungen weltweit ermöglicht „Dalí – Die Ausstellung am Potsdamer Platz“ bereits seit nahezu zehn Jahren dauerhaft als institutionelles Kulturhighlight den wohl umfangreichsten Einblick in Salvador Dalís faszinierendes Werk direkt in Berlins pulsierender Mitte. Als wohl erstes und immer noch einziges privatwirtschaftlich initiiertes und betriebenes Kunstmuseum, d.h. ohne Inanspruchnahme von öffentlichen Fördermitteln, zählt es bei der Besucherresonanz seit Jahren zu den führenden 10% aller Museen in Deutschland. Neben dem Spaß an der Kunst bietet das Museum den Besuchern Einblicke und Einsichten über das Alltägliche hinaus. „COME INTO MY BRAIN“, lud Salvador Dalí einst selbst ein, in seine Gedankenwelt einzutauchen. Dalí gilt als einer der genialsten Künstler der Moderne, der seine Werke und sich selbst auf spektakulärste Weise inszenierte. Die Besucher erhalten einen umfangreichen Einblick in Salvador Dalís virtuose und experimentierfreudige Meisterschaft in nahezu allen Techniken der Kunst. Darunter Werke bei denen Dalí mit Nägeln gefüllte Bomben explodieren ließ, mit dem Schießen auf Steine den Bulletismus begründete oder im Auftrag der italienischen Regierung ein Mammutwerk zu Ehren Dantes schuf. Neben diesem wohl umfangreichsten und repräsentativsten Überblick über das graphische Werk, werden Arbeitsmappen, illustrierte Bücher, Skulpturen, Münzen und dreidimensionale Installationen des surrealistischen Künstlers gezeigt. Die Dalí_Scouts erleichtern dabei in nahezu stündlich stattfindenden öffentlichen Führungen oder auch bei vorab gebuchten Führungen diese einzigartige Reise im angeregten Dialog mit den Besuchern.