So viele wechseln die Krankenversicherung

Vier Monate vor der Bundestagswahl beschäftigt sich das Finanzmagazin cash.online mit den Chancen der Privaten Krankenversicherung (PKV), ihr Angebot für Bestands- und Neukunden attraktiver zu machen.

Handlungsbedarf besteht, nicht nur weil die Wahlen im September 2017 auch eine Entscheidung zwischen dem derzeitigen dualen System der Krankenversicherung und einer einheitlichen Bürgerversicherung hätten sein können. Auch der Trend zum Wechsel zwischen PKV und den gesetzlichen Krankenkassen (GKV) bestätigt Reformbedarf.

So viel kostet die Private Krankenversicherung im Vergleich zur GKV

Dabei bietet die Private Krankenversicherung im Vergleich zu den gesetzlichen Kassen ein Höchstmass an Flexibilität in den Leistungen und im Beitrag. Hier wird nicht nach der Höhe des Einkommens, sondern nach dem Umfang an Leistungen abgerechnet.

Privat Versicherte mit hohem Einkommen können so in der PKV Kosten sparen und von weitreichenden Erstattungen profitieren. Für Beamte und Beihilfeberechtigte stellt die Private Krankenversicherung seit je her die kostengünstigere und sinnvollere Variante dar, stellt auch das Fachportal test-private-krankenversicherung.net fest.

Wechsel der PKV: Verhältnis verschiebt sich zugunsten der GKV

8,79 Millionen Versicherte zählte die PKV im Jahr 2016 – in der GKV sind es mit 71,99 Millionen mehr als acht Mal so viele. Davon sind 55,15 Millionen Mitglieder und 16,30 Millionen beitragsfrei versicherte Familienangehörige. Das Verhältnis hat sich in den letzten Jahren ein wenig zugunsten der GKV verschoben, auch wenn die Zahl der PKV-Versicherten nahezu konstant ist.

Interessanter als die absoluten Werte ist der Wechselsaldo. Während die privaten Krankenversicherer noch bis 2011 den Sozialkassen massiv Kunden abjagten, gewinnen jetzt die gesetzlichen Versicherer. 2015 kehrten 140.000 Menschen aus der PKV in die GKV zurück, für den umgekehrten Wechsel entschieden sich nur 120.000 Versicherte.

Wechsel zwischen privater und gesetzlicher Krankenversicherung

Bei diesem eher knappen Verhältnis lohnt es sich, etwas genauer hinzuschauen. Jeder Wechsel in die PKV ist absolut freiwillig – 120.000 neue Kunden haben sich also bewusst dafür entschieden, auf eine kostenlose Familienversicherung zu verzichten und auch im Rentenalter relativ hohe Beiträge zahlen zu müssen.

Entweder ist ihre Lebenssituation und Zukunftsplanung so, dass sich die PKV für sie rechnet, oder sie sind davon überzeugt, dass die Behandlung als Privatpatient den Mehrpreis wert ist.

Dahinter steckt allerdings auch ein gewaltiger Vertriebsaufwand der Branche, der aus den Beiträgen finanziert wird. Die GKV-Rückkehrer haben sich dagegen nicht unbedingt freiwillig entschieden. Privat versicherte Jugendliche müssen beispielsweise in die GKV, wenn sie erstmals eine Berufstätigkeit aufnehmen.

Ebenso ergeht es Selbstständigen, die in ein Angestelltenverhältnis wechseln. Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich für manche Kunden die „Lebensentscheidung“ für die PKV zu einer zunehmend undurchsichtigen und vor allem unbezahlbaren Belastung entwickelt hat. Sie suchen deshalb eines der gesetzlich verankerten Schlupflöcher, um in den Schoß der gesetzlichen Krankenkasse zurückzukehren, bevor es mit 55 Jahren endgültig zu spät ist.

PKV Vergleich: Transparenz im Tarifdschungel

Die unzufriedenen Kunden verschlechtern nicht nur den Wechselsaldo, sondern sind auch Multiplikatoren negativer Kritik an der PKV. Hier hätten es die Privatversicherer in der Hand, die Vorteile ihres Systems transparent zu machen und ehrlicherweise auch die Risiken nicht zu verschweigen, aber zugleich Gegenargumente aufzuzeigen.

Da wäre zunächst die Leistungsseite. Ein billiger, aber mit großen Lücken kalkulierter Tarif lockt unerfahrene Neukunden mit niedrigen Beiträgen. Dass Psychotherapie, alternative Heilmethoden, Reha-Maßnahmen oder Mutter-Kind-Kuren nicht oder nur unzureichend versichert sind, merkt der Kunde erst im Krankheitsfall.

Stiftung Warentest: Private Krankenversicherung Testsieger

Wer sich privat versichert, will einen vollumfänglichen Schutz und kein Paket mit Löchern wie ein Schweizer Käse. Unverständlich bleibt dem Versicherungsnehmer auch, warum gleiche Leistungen in mehreren Tarifen zu unterschiedlichen Preisen angeboten werden.

Das mag alles seine Berechtigung haben, weil sich Anforderungen geändert haben. Aber wenn der Versicherer das gesetzliche Recht auf den Wechsel in einen günstigeren Tarif durch mangelhaften Service und eingeschränkte Beratung aushöhlt, verspielt er das Kundenvertrauen.

Unter anderen untersucht die Stiftung Warentest Tarife der privaten Krankenversicherer auf Preis und Leistung. Mit dem Vergleich und der Auszeichnung der besten PKV Tarife, bietet sie den Verbrauchern eine sinnvolle Entscheidungshilfe. Weitere Fachportale stellen die Testergebnisse diverser Prüfer und Rating-Agenturen gegenüber. Solch ein Vergleich der PKV Testsieger hilft bei der Suche nach der besten Lösung. Mehr auf private-krankenversicherung-test.de

Tarifwechsel innerhalb der PKV muss transparent sein

Nicht nur beim Tarifwechsel zeigt sich, ob der Versicherer fair und offen kommuniziert. Ob eine Leistungsbearbeitung kulant oder mit dem spitzen Bleistift erfolgt, ist in keinem Bedingungswerk festgeschrieben. Laufen die Aufwendungen für Versicherungsfälle davon, ist das Regulierungsverhalten eine Schraube, an der sich drehen lässt.

Der PKV-Versicherer kann das im stillen Kämmerlein tun und auf Beschwerden warten, wenn Arztrechnungen gekürzt werden. Oder er kann offen damit umgehen, den Zusammenhang zwischen Kulanzleistungen und Beitragserhöhungen darstellen und dem Kunden ein konkretes Vorgehen empfehlen, wenn Arzt oder Krankenhaus nach Auffassung des Versicherers fehlerhaft abrechnen.

Steigende Kosten im Alter in der PKV

Was die Beitragssteigerungen im Alter angeht, ist zunächst einmal herauszustellen, dass das Älterwerden und die Verschlechterung der Gesundheit allein kein Grund für Beitragserhöhungen sind. Dafür wird aus den laufenden Beiträgen in jüngeren Jahren eine Rückstellung gebildet.

Demografie und medizinischer Fortschritt führen aber zu steigenden Kosten. Dies zu verschweigen, wäre naiv. Erwähnen darf der Privatversicherer, dass auch im derzeitigen gesetzlichen System die Finanzierung allein von den Versicherten gestemmt wird, nämlich durch stetig wachsende Zusatzbeiträge.

Auch hinsichtlich der Beiträge für Rentner gibt es Informationsdefizite. Zum einen fällt der Arbeitgeberzuschuss nicht ersatzlos weg, sondern die gesetzliche Rentenversicherung beteiligt sich hälftig bis maximal 7,3 % der Rente. Zum anderen sind in der GKV neben der Rente viele privat angesparte Alterseinkünfte beitragspflichtig, zum Beispiel die geförderte betriebliche Altersversorgung ( siehe altersvorsorge-test-vergleich.de ). Das gilt selbst dann, wenn sich der künftige Rentner für eine Kapitalzahlung entscheidet – eine böse Überraschung, mit der viele nicht rechnen.

Interessante Vertragskomponenten in der PKV zur Beitragsreduzierung im Alter können dazu führen, dass der Privatpatient sogar billiger wegkommt als der gesetzlich versicherte Rentner. Sind während des Arbeitslebens die maximalen Arbeitgeberzuschüsse zur PKV noch nicht ausgeschöpft, beteiligt sich sogar der Chef am Aufbau dieses Spartopfes. Wer über solche Fakten und Möglichkeiten redet, macht die PKV wieder attraktiv, ohne am Produkt etwas zu ändern.