Der Vorsitzende der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, warnt vor einem Krieg mit dem Iran. „Man muss das Säbelrasseln des Iran ernst nehmen“, sagte Ischinger der Tageszeitung „Die Welt“ (Montagausgabe) mit Blick auf die Konflikte um ein Ölembargo und die Straße von Hormus. Der Botschafter sprach sich dafür aus, eine Strategie für den Fall zu erarbeiten, dass Teheran in den Besitz der Atombombe gelange.
„Wir müssen in der Außenpolitik immer vom Worst Case ausgehen. Es darf am Ende nicht nur die Antwort Krieg geben“, sagte Ischinger. „Wir haben bisher gesagt: Ein nuklear bewaffneter Iran ist undenkbar, das darf nicht geschehen. Ich stelle die Frage: Was ist denn, wenn es passiert? Was machen wir dann?“ Darauf müsse man auch Israel eine Antwort geben. Zwar sei die Sanktionspolitik der Europäischen Union im Grundsatz richtig. „Aber wir müssen auch realistisch sehen, dass die seit Jahren eskalierende Sanktionspolitik die iranische Führung nicht zum gewünschten Kurswechsel in der Atompolitik gebracht hat. Deshalb ist die Zeit gekommen, mit einem Tabu aufzuräumen“, sagte Ischinger wenige Tage vor Beginn der Sicherheitskonferenz vom 3. bis 5. Februar 2012 in München. Er plädierte dafür, „eine abgewogene Politik der Einhegung, auf Neudeutsch Containment“ zu entwickeln. „Wenn es möglich war, die große Sowjetunion erfolgreich abzuschrecken, dann wird das vermutlich auch gegenüber dem Iran möglich sein – natürlich nur, wenn eine nukleare Aufrüstung nicht mit anderen Mitteln gestoppt werden kann“, so der Botschafter. Containment sei nicht erstrebenswert, aber es richte allemal weniger Schaden an als ein militärischer Konflikt. „Deshalb sollten wir eine Strategie des Einhegens durch eine regionale Sicherheitsstruktur nicht tabuisieren“, sagte Ischinger. Neben dem Thema Iran wird es bei der 48 Auflage der Sicherheitskonferenz um die Folgen der Finanzkrise, das wachsende Gewicht Asiens, die arabischen Revolutionen sowie die neue machtpolitische Rolle Deutschlands in der Welt gehen. Nach Auffassung Ischingers muss Deutschland in Europa künftig die „Rolle des gutmütigen Hegemons“ übernehmen, die die USA in der Welt ausfüllten. „Im Zuge der Schuldenkrise finden wir uns in der singulären Rolle dessen, der in Europa voran gehen muss“, sagte der Botschafter. Im Gegenzug müsse sich Deutschland den kleineren Partnern gegenüber solidarisch und großzügig zeigen. Nur dann werde die Bundesrepublik sich so entwickeln, dass sie nicht „zum Problembär“ Europas werde: „Das ist eine Rolle, die Deutschland wird lernen müssen.“