-Kammergericht Berlin weist Berufung eines bekannten Berliner Bauträgers gegen ein Urteil auf Rückabwicklung vollständig zurück –
Die Kanzlei Dr. Schulte und Partner Rechtsanwälte, Fachanwälte konnte für einen für ihr vertretenen Erwerber einer so genannten „Steuerspar-Immobilie“ einen weiteren Erfolg vor dem Kammergericht Berlin erzielen. Mit Beschluss des Kammergerichts vom 15.11.2012, Az.: 23 U 52/11 hat das Kammergericht die Berufung eines bekannten Berliner Bauträgers vollständig zurückgewiesen. Vor dem Landgericht Berlin war der Bauträger erstinstanzlich zu vollständiger Rückabwicklung und Zahlung von Schadensersatz verurteilt worden, weil er zum Vertrieb einer von ihm angebotenen Immobilie ein Vertriebsunternehmen provisionspflichtig beauftragt hatte, vermietete Eigentumswohnungen in der Berliner Scharnweberstraße, Friedrichshain, an gutgläubige Kapitalanleger zu verkaufen.
Mit „Drückermethoden“ zum Erfolg
Bereits erstinstanzlich hatte das erkennende Landgericht Berlin nach einer umfangreichen Beweisaufnahme festgestellt, dass das von dem bekannten Berliner Bauträger beauftragte Vertriebsunternehmen regelrecht „Drückermethoden“ angewandt hatte, um binnen kürzester Zeit nach einer massiven Falschberatung den Anleger auf schnellstem Weg zum Notar zwecks Unterschreiben des Kaufvertrages zu erbringen. Hinsichtlich dieser Vertriebspraxis hatte die 33. Kammer des Landgerichts Berlin bereits deutliche Worte für die Verantwortlichkeit der Verkäuferseite gefunden:
„Dabei nutzte der Zeuge xxx, dessen Verhalten sich die Beklagte zurechnen lassen muss, weil sie ihn die Verhandlungen autonom führen ließ und angesichts der offensichtlichen Unrentabilität auch um die Sittenwidrigkeit der Belastung gewusst hat, in anstößiger Weise die geschäftliche Unerfahrenheit des Klägers aus. Erschwerend kam hinzu, dass der Kläger mit fadenscheinigen Versprechungen, wie z. B. er hätte eine Vermögensberatung im Wert von 500,00 Euro gewonnen und im Büro warte eine Überraschung, von dem Zeugen xxx und seinen Helfershelfern regelrecht in die Falle gelockt wurde, wobei dann der Gipfel der Dreistigkeit die sofortige Verfrachtung des Klägers zum Notar darstellte. Die auf Seiten der Beklagten handelnden Operateure hatten es damit von vornherein darauf abgesehen, einen ahnungslosen Passanten unter Umgehung sämtlicher Schutzvorschriften des BGB und des Beurkundungsgesetzes in Bereicherungsabsicht in einen ruinösen Immobilienerwerb zu treiben. Dieses Verhalten war in besonderer Weise verwerflich und erfüllt den Haftungstatbestand des § 826 BGB (vorsätzliche sittenwidrige Schädigung)“, so das Landgericht Berlin in seinem Urteil vom 09.02.2011.“
Wesentliches Argument des Gerichtes war es, dass der von dem Berliner Bauträger beauftragte Vertrieb wusste, dass der 54jährige, alleinstehende und unterhaltspflichte Normalverdiener die wirtschaftlichen Auswirkungen des mutmaßlich überteuerten Immobilienkaufes gar nicht tragen konnte. Das Kammergericht teilte nun sehr deutlich mit, dass die Immobilie dem Erwerber gar nicht hätte empfohlen werden dürfen, es gäbe sogar eine „Abratepflicht“:
„Die von der Beklagten angestellten Berechnungen zu den Einkommensverhältnissen und Belastungen des Klägers ändern nichts daran, dass der Rat zum Kauf einer Eigentumswohnung im vorliegenden Fall wirtschaftlich unsinnig und daher fehlerhaft war (…). Die von der Beklagten vertretene Ansicht, dass sie dem Kläger nicht von dem Kauf hätte abraten müssen, ist rechtsirrig. Sie steht im offensichtlichen Widerspruch zu der im Hinweisbeschluss vom 08.10.2012 zitierten ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshof (BGH, Urteil vom 14.03.2003 – V ZR 308/02), die der Senat für überzeugend und richtig hält und der er sich anschließt.“
Auch Verkäufer stehen in der Verantwortung
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht Kim Oliver Klevenhagen, der mit seinem Team für die Kanzlei Dr. Schulte und Partner Rechtsanwälte, Fachanwälte das Verfahren geführt hat: „Das Kammergericht Berlin hatte ebenfalls in seinem Beschluss festgestellt, dass ein zur Finanzierung des Kaufs aufgenommenes Darlehen den „Mindestschaden“ darstellt, der vom Verkäufer der Immobilie ersetzt werden muss. Nicht nur der Erwerb einer solchen unpassenden Immobilie stellt eine Einschränkung der täglichen Lebensführung dar. Auch die meist mehrere Jahrzehnte dauernde Finanzierung mit ihrer erheblichen Zinsbelastung ist ein erheblicher, ersatzfähiger, wirtschaftlicher Schaden. Meist, wie auch in diesem Fall, werden ja die zugehörigen Finanzierungen von dem gleichen Vertrieb Hand in Hand angeboten.“
Fazit:
Der Beschluss des Kammergerichts zur Zurückweisung der Berufung zeigt, dass es sich für geschädigte Erwerber von so genannten Steuersparimmobilien lohnen kann, hier auch den Kampf gegen einen stärkeren Gegner aufzunehmen. Erfreulich ist es ebenfalls, dass sich das Kammergericht auch mit den verheerenden wirtschaftlichen Folgen befasst, die im Einzelfall erdrückend sein können. Gut zu wissen, dass sich Verkäufer solcher Immobilien nicht von ihrer Verantwortung freizeichnen können und verpflichtet sind, entstandene Schäden zu ersetzen.
V.i.S.d.P.:
Kim Oliver Klevenhagen
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht
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