von Rechtsanwältin Jana Henning, Wollmann & Partner GbR, Berlin
Das Oberlandesgericht (OLG) Köln hat sich in einer für Verbraucher sehr bedeutsamen Entscheidung vom 01.10.2010 (Az.: 13 U 119/06) mit der Frage des Aufklärungsverschuldens einer Bank bei der Angabe der erzielbaren Mieteinnahmen eines Anlageobjekts (z.B. einer Eigentumswohnung) auseinandergesetzt.
In dem vom OLG Köln zu entscheidenden Fall wurden der Kläger und seine Ehefrau von einem Vermittler geworben, zu Steuersparzwecken eine Eigentumswohnung zu erwerben. Die Eheleute schlossen per Angebot und Annahme über eine Treuhänderin bei einem Notar einen Kauf- und Werklieferungsvertrag mit der Bauträgerin über die im Bau befindliche Eigentumswohnung. Gleichzeitig übernahmen sie zur Sicherung ihres Finanzierungsdarlehens einen Teilbetrag der auf dem Gesamtobjekt lastenden Grundschuld, die zu Gunsten der beklagten Bank bestellt worden war.
Der Kläger machte geltend, unter anderem über den tatsächlichen Wert der Wohnung und die Höhe der nachhaltig erzielbaren Mieten arglistig getäuscht worden zu sein. Infolgedessen haben der Kläger und seine Ehefrau das Darlehen nicht weiter bedient, so dass es von der beklagten Bank gekündigt worden ist. Gegen die sodann betriebene Zwangsvollstreckung seitens der Beklagten wehrte sich der Kläger erfolgreich.
Das OLG Köln stellte fest, dass sich die Beklagte die arglistige Täuschung über die Werthaltigkeit der Immobilie zurechnen lassen müsse, da sie mit der Treuhänderin, die den gesamten Erwerbsvorgang als Initiatorin konzipiert und gesteuert hat, kollusiv zu Lasten des Klägers zusammengewirkt hat.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs besteht ein aufklärungspflichtiger Wissensvorsprung der kreditgebenden Bank bei steuersparenden Bauherren-, Bauträger- und Ersterwerbermodellen ausnahmsweise u.a. dann, wenn die Bank Kenntnis von einer arglistigen Täuschung des Erwerbers und Kreditnehmers durch den Verkäufer, Vertreiber oder Vermittler über das Anlageobjekt hat. Dabei wird die Kenntnis der Bank von einer solchen arglistigen Täuschung widerleglich vermutet, wenn Verkäufer oder Fondsinitiatoren, die von ihnen beauftragten Vermittler und die finanzierende Bank in institutionalisierter Weise zusammenwirken, auch die Finanzierung der Kapitalanlage vom Verkäufer oder Vermittler angeboten wurde und die Unrichtigkeit der Angaben des Verkäufers, Fondsinitiators oder der für sie tätigen Vermittler bzw. des Verkaufs- oder Fondsprospekts nach den Umständen des Falles offensichtlich ist, so dass sich aufdrängt, die Bank habe sich der Kenntnis der arglistigen Täuschung geradezu verschlossen (BGH NJW 2008, 2099, 2104).
Nach Einholung eines Sachverständigengutachtens stand für das OLG Köln fest, dass der Kläger und seine Ehefrau über die Höhe der nachhaltig erzielbaren Mieten des Anlageobjekts arglistig getäuscht worden sind. Denn der Sachverständige hatte unter Heranziehung des damaligen Mietspiegels anhand einer detaillierten Analyse festgestellt, dass die in dem dem Kläger und seiner Ehefrau ausgehändigten Berechnungsbeispiel erzielbaren Mieteinnahmen um mehr als 100 % überhöht waren. Man kann in diesem Zusammenhang wohl von einer sog. Schrottimmobilie sprechen. Diese Falschangabe erfolgte jedenfalls auf Seiten des Bauträgers und seines Vertriebs arglistig. Auch wenn die Beklagte ihre Finanzierungsbereitschaft von einer individuellen Einzelbonitätsprüfung abhängig gemacht hatte, ergab sich aus dem Umstand, dass sie jahrelang ständig und systematisiert mit diesem Vertrieb und der Treuhänderin zusammengearbeitet hatte und wiederholt von diesen Finanzierungen vermittelt bekam, ein institutionalisiertes Zusammenwirken. Die für ihre Kenntnis von der arglistigen Täuschung sprechende Vermutung konnte die beklagte Bank nicht widerlegen.
Rechtsanwalt und Notar Frank Leithold von Wollmann & Partner hierzu: Dies zeigt einmal umso mehr, dass die Gerichte bei der Zurechnung der Kenntnis von der arglistigen Täuschung nicht nur darauf abstellen, ob die Vertriebe bereits Formulare der Banken für die potentiellen Käufer bereit halten, sondern die Abwägung der Zurechenbarkeit immer weiter fassen. Ist es – wie vorliegend – offensichtlich, dass bereits unter Zugrundelegung des Mietspiegels die erzielbaren Mieten weit überhöht sind, kann sich die Bank nicht mehr darauf zurückziehen, hiervon keine Kenntnis gehabt zu haben.
Rechtsanwältin Jana Henning
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