Der Essener Stromkonzern RWE hat die Bundesregierung in einem Brandbrief vor einem Scheitern wesentlicher Teile der Energiewende gewarnt. Das geht aus einem zweiseitigen Schreiben vom 6. Dezember an Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) und Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) hervor, das dem „Spiegel“ vorliegt. Demnach bestehe die akute Gefahr, dass das Ziel der Bundesregierung, die Offshore-Wind-Kapazitäten bis 2020 auf eine Leistung von 7.600 Megawatt auszubauen, „bei weitem verfehlt“ werde.
Hintergrund für die Warnung der beiden RWE-Vorstände Leonhard Birnbaum und Fritz Vahrenholt sind massive Verzögerungen beim Anschluss der geplanten Windparks in der Nordsee. So habe der zuständige Netzbetreiber Tennet RWE schriftlich mitgeteilt, dass sich der Anschluss eines für Mitte 2012 vor Helgoland geplanten Offshore-Windparks um bis zu zwölf Monate verzögern könne. Grund dafür sind unter anderem Probleme mit der aufwendigen Technik. Von den Verzögerungen sind weitere große Offshore-Windparks betroffen, darunter eine geplante Anlage des Stromversorgers E.on. Dessen Vorsitzender Johannes Teyssen will in den kommenden zwei Wochen einen Ausbau der Offshore-Kapazitäten und den Bau weiterer Windparks beschließen. Allein bei RWE, heißt es in dem Schreiben an die Bundesregierung, entstehe durch die Verzögerung ein Schaden von mehr als 100 Millionen Euro. Eine Verschiebung des Baus sei wegen der schwierigen Logistik kaum möglich. Als Kompensation für den Schaden schlagen die Manager der Bundesregierung vor, die EEG-Vergütungen (Erneuerbare-Energien-Gesetz) für die betroffenen Anlagen zu erhöhen oder zu verlängern. Auch eine Schadensersatzklage ist nicht ausgeschlossen.