Röttgen schließt Laufzeitverlängerung für AKW aus

Bundesumweltminister Norbert Röttgen hält eine Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke für ausgeschlossen. „Das brauche ich nicht zu versprechen, wir haben das Gegenteil ja gerade beschlossen“, sagte er auf Nachfrage der Sendung „Panorama – die Reporter“ im NDR Fernsehen. Namhafte Ökostromproduzenten und Experten verschiedener Organisationen bezweifeln dagegen, dass sich der Zeitplan der Bundesregierung bei der Umstellung auf Ökostrom durchhalten lässt.

Claus Burkhardt, Gesamtprojektleiter des Offshore-Windparks in der Nordsee, hält die Ziele der Regierung für „sehr, sehr sportlich“. Obwohl bis 2020 rund 2000 Windkraftanlagen in der Anlage stehen sollen, drehen sich dort bislang nur 30 Rotoren. Kritik kommt auch von den Betreibern konventioneller Kraftwerke. Sven Becker vom Kraftwerksbetreiber Trianel kritisiert, dass in Deutschland momentan zu wenige Gas- und Kohlekraftwerke gebaut würden. Sie würden dringend benötigt, um dann Strom zu erzeugen, wenn Sonne und Wind keine Energie liefern. Doch als reine „Rückversicherungskraftwerke“ lohnen sich die Kraftwerke für die Betreiber nicht mehr. Denn sie verdienen nur Geld, wenn Kraftwerke Strom produzieren. Beckers Schlussfolgerung: „Wir werden früher oder später in Deutschland eine Diskussion darüber haben, dass wir die Laufzeiten der Kernkraftwerke doch noch mal verlängern müssten. Ich glaube, dass wir in fünf Jahren spätestens diese Diskussion haben.“ Angesichts der massiven Kritik aus der Branche sieht der frühere Bundesumweltminister Klaus Töpfer den Atomausstieg im Jahr 2022 in Gefahr: „Wenn alles so weitergeht, werden wir sehr schnell konkret sehen, dass in zehn Jahren diese Energiewende nicht erfolgen kann, dass wir die alten Strukturen noch länger fahren werden.“ Töpfer wirft der Bundesregierung vor, keinen Masterplan zu haben, und fordert „ein professionelles Management dieses Großprojektes“. Michael Sterner von der Hochschule Regensburg, der ein neues Verfahren zur Speicherung von Ökostrom mitentwickelt hat, warnt davor, dass nach zwei bis drei Jahren die Euphorie verfliegen könnte. „Wir brauchen einen intelligenten Fahrplan, einen intelligenten Meilensteinplan, wie wir die Energiewende schaffen. Sonst stehen wir in zehn Jahren im Regen“, so Sterner. Mit dem von ihm mitentwickelten Verfahren „Power-to-Gas“ kann Strom in Wasserstoff oder Methangas verwandelt und gespeichert werden. Auch im Ausland trifft die Energiewende auf Bedenken. So ist geplant, die umfangreichen norwegischen Pumpspeicherkraftwerke mit dem deutschen Stromnetz zu verbinden, um überschüssige Energien abzupuffern. Allerdings fehlt es an Kabeln zwischen den beiden Ländern. „Wir müssen erstmal sehen, ob sich das überhaupt lohnt“, so der Chef der norwegischen Energiebehörde NVE, Per Sanderud, gegenüber dem NDR Fernsehen.