Reliquie, Sterlingsilber und Fassdaubenholz: Der Neustadter Goldschmied Thomas Bartz gestaltete den neuen Ulrich-Schrein
Neustadt/Deidesheim – Rechtzeitig zum Gedenktag am 4. Juli zog eine Reliquie des heiligen Bischofs Ulrich von Augsburg an ihren Bestimmungsort in der katholischen Pfarrkirche St. Ulrich in Deidesheim. Zur angemessenen Aufbewahrung hat der Goldschmiedemeister Thomas Bartz einen Schrein gefertigt, dessen silberne Seitenwände und Dach die Kernsymbole des Schutzheiligen darstellen: das Bischofsornat, den Fisch und das wichtigste Christus-Symbol, das Kreuz.
Die katholische Kirche St. Ulrich am Deidesheimer Marktplatz ist als einziger größerer Kirchenbau aus dem 15. Jahrhundert in der Pfalz noch ganz erhalten. Sie ist zudem das einzige Pfälzer Gotteshaus, das noch originale Glasmalereien aus dem Mittelalter besitzt. Jetzt zieht mit einer Reliquie erster Klasse – so werden die körperlichen Überreste von Heiligen bezeichnet – ein echtes Heiligtum in die Pfarrkirche ein: In einem versiegelten Gefäß ruhen Knochensplitter des heiligen Ulrich – fest verankert und eingeschlossen in einem hölzernen Schrein, zusammen mit einem lateinischen Echtheitszertifikat des Bistums Augsburg. Die Reliquie hat für Deidesheim eine ganz besondere Bedeutung: „Der hl. Ulrich ist seit Erbauung der Kirche ab 1440 Patron der Pfarrei und der Stadt Deidesheim“, sagt Pfarrer Bernhard Braun. „Er erfreut sich bis heute großer Verehrung bei den Gemeindemitgliedern.“
Bischof Ulrich von Augsburg (890-973) wurde als Staatsmann und Kleriker verehrt und für seine Mildtätigkeit und Bescheidenheit vom Volk geliebt. Ein Höhepunkt seines Wirkens war die Verteidigung seiner Heimatstadt Augsburg gegen die Ungarn, wobei die Schlacht auf dem Lechfeld im Jahr 955 den Wendepunkt zum Sieg markierte. Ulrich gilt nicht nur als Schutzpatron der Reisenden, Wanderer, Fischer, Weber und Sterbenden, sondern auch der Winzer. Aus diesem Grund sollte auch der Schrein die Bezüge zum Weinbauort Deidesheim und zum Schutzbefohlenen der Winzer aufgreifen. Als Material für den hausförmigen Korpus wählte der mit dem Bau beauftragte Thomas Bartz deshalb alte Fassdauben, die noch den Geist des einst darin gelagerten Weißweines atmen.
Die geradlinige Konstruktion wirkt zeitgemäß schlicht. Die Teile für den doppelten Boden, die Seitenwände und das Satteldach wurden auf ein ausgeklügeltes Maß zugeschnitten, die Feinheiten von Hand herausgearbeitet. Die gedrechselten Füße greifen in ihrer Form das Kreuzsymbol auf. Das ornamentale Muster der Wände und Dachflächen basiert auf neuzeitlicher Technik und klassischem Handwerk: Thomas Bartz´ finaler Entwurf – es war der 36., der schließlich alle Vorgaben vereinte – wurde zuerst digitalisiert, um dann in einer Pforzheimer Spezialwerkstatt auf Silberplatten gelasert zu werden: Sie zeigen die dem heiligen Ulrich zugeordneten Attribute Fisch und Bischofsornat, symbolisiert durch die Mitra (Bischofsmütze), in alle Himmelsrichtungen verbunden durch das Kreuz. Die Patina im Relief erzeugte der Goldschmiedemeister künstlich in seiner Werkstatt. Anschließend veredelte er die Silberplatten mit einem entspiegelnden Mattschliff und versiegelte sie gegen äußere Einflüsse.
Die eigentliche Sensation jedoch liegt im Verborgenen: Die Vertiefung in der Bodenplatte nimmt das versiegelte Gefäß mit der Reliquie vollständig auf und wird von einer Spange überspannt, die in dieser Form weltweit vermutlich zum ersten Mal hergestellt wurde. Thomas Bartz beherrscht die hohe Kunst, ein Objekt zu erschaffen, das nahtlos von reinem Silber in reines Gold übergeht. Doch dieses Kunstwerk wird – zusammen mit der Reliquie und ihrem lateinischen Testimonium – für immer unsichtbar im Deidesheimer Ulrich-Schrein verborgen sein. Über den künftigen Standort sagt Pfarrer Bernhard Braun: „Das Reliquiar wird seinen Platz in einer mit schmiedeeisernem Gitter versehenen Nische im Chorhaupt neben dem Tabernakel finden. Darin befindet sich schon ein Erinnerungsstück des seligen Adolf Kolping, der Schusterring.“
Seit über 25 Jahren betreibt der Goldschmiedemeister Thomas Bartz in Neustadt an der Weinstraße eine Schmuckgalerie und Meistergoldschmiede. Dort und in der Geschäftsstelle Landau beschäftigt er 14 Mitarbeitende. Thomas Bartz arbeitet mit einer einzigartigen Technik, die er bereits in den Achtzigerjahren entwickelt hat: Er fertigt Schmuckstücke mit einer durchgehend homogenen Verlaufslegierung von reinem Silber zu reinem Gold.
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