Der Rückzug der deutschen Banken aus der Schiffsfinanzierung bedroht aus Sicht der Reeder den Stellenwert des maritimen Standorts. „Mittelfristig wird das ein Problem. Ziehen sich europäische Banken zurück, spielt das asiatischen Banken in die Hände“, sagte Ralf Nagel, geschäftsführendes Präsidiumsmitglied des Verbands Deutscher Reeder (VDR) dem „Handelsblatt“ (Dienstagsausgabe).
„Wer eine Branche finanziert, ist mitverantwortlich für die Wertschöpfungskette, bestimmt nicht nur die Zinsen, sondern auch, wie und wo ein Schiff ausgestattet wird.“ Schiffe, die meist aus Korea oder China stammen, sind aus Nagels Sicht nur Hüllen. „In Deutschland hängen 75.000 Arbeitsplätze an der Zulieferung für den Schiffbau. Wenn Schiffe aus China finanziert werden, droht ein Rutschbahneffekt“, befürchtet der Verbandschef. „Mit der Finanzierung wird mehr Wertschöpfung aus Deutschland abwandern.“ Am Donnerstag versammelt der maritime Koordinator der Bundesregierung, Hans-Joachim Otto (FDP), Bankenvertreter in Berlin, um nach dem überraschenden Ausstieg der Commerzbank aus der Schiffsfinanzierung über neue Wege zur Finanzierung der Branche zu sprechen. Bislang ist Deutschland der wichtigste Standort weltweit für die Schiffsfinanzierung. Doch auch andere Institute wie die HSH Nordbank als größter Schiffsfinanzierer reduzieren ihr Geschäft in dem Segment. Hilfe erhofft sich der VDR von der Bundesregierung. Der Verband hat Koordinator Otto, der parlamentarischer Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium ist, bereits Vorschläge gemacht, um die maritime Branche bei der kritischen Finanzierung von Schiffen zu entlasten. Die Bankenaufsicht BaFin sollte Reedern vier oder fünf Jahre lang die Stundung von Krediten ermöglichen, „ohne dass wie bisher nach drei Jahren ein neuer und teurerer Vertrag geschlossen werden muss“, so Nagel.