Probiotika sind in aller Munde – kein Wunder, denn die Mikroorganismen finden sich in immer mehr Lebensmitteln und werden auch zu medizinischen Zwecken eingesetzt. Doch nicht alle Werbeaussagen können auch tatsächlich durch wissenschaftliche Ergebnisse belegt werden, so Dr. Iris Hinneburg, Gesundheitsredakteurin des Arztempfehlungsportals jameda.de.
Was sind Probiotika?
Als Probiotika bezeichnen Ernährungswissenschaftler Mikroorganismen, die Lebensmitteln zugesetzt werden und die Gesundheit positiv beeinflussen sollen. Der überwiegende Teil der Probiotika sind Bakterien wie Laktobazillen oder Bifidobakterien, gelegentlich kommen auch spezielle Hefepilze zum Einsatz. Derzeit werden etwa 20 bis 30 verschiedene Probiotikastämme verwendet, häufig in Milchprodukten wie Joghurts, aber auch in Form von Arzneimitteln. Nach der Einnahme siedeln sich die Mikroorganismen in der Darmschleimhaut an. Nicht verwechseln darf man Probiotika mit den ähnlich klingenden Präbiotika: Mit diesem Begriff werden Kohlenhydrate (beispielsweise Oligofruktose) bezeichnet, die erst im Dickdarm verarbeitet werden.
Schwer zu beurteilen
Für den Verbraucher ist es äußerst schwierig, den Nutzen von Probiotika tatsächlich bewerten zu können. Das fängt schon damit an, dass Probiotika sowohl in Lebensmitteln, Nahrungsergänzungsmitteln als auch in Arzneimitteln vorkommen. Wenn Hersteller von Lebensmitteln mit gesundheitsbezogenen Aussagen („Health Claims“) werben wollen, muss die europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA eine entsprechende Genehmigung aussprechen. Dazu muss der Hersteller Belege für seine Behauptungen einreichen. Und die sind nicht immer ausreichend: So hat die EFSA in der Vergangenheit für eine Reihe von Probiotika die beantragten Health Claims zurückgewiesen. Allerdings ist zu beachten, dass derzeit Übergangsfristen gelten, so dass sich noch immer Lebensmittel mit unbewiesenen Gesundheitsaussagen auf dem Markt tummeln können.
Probiotika bei Erkrankungen
In den letzten Jahren wurde intensiv erforscht, ob Probiotika bei bestimmten Erkrankungen helfen können. Dabei muss man aber beachten, dass die Ergebnisse immer nur für die untersuchten Probiotika-Stämme gelten – auf andere Produkte ist die Aussage nicht automatisch übertragbar. So sind sich die Experten inzwischen einig, dass bei der chronisch-entzündlichen Darmerkrankung Colitis ulcerosa ein bestimmter Probiotika-Stamm das Risiko für einen Rückfall deutlich senken kann. Von anderen Stämmen profitieren Patienten mit infektiösen Durchfallerkrankungen, Reizdarmsyndrom oder wenn Antibiotika als Nebenwirkung Durchfall erzeugen. Sinnvoll ist aber immer eine Rücksprache mit dem Arzt, um tatsächlich das richtige Probiotika-Präparat auszuwählen.
Umstrittener Nutzen
Bei anderen Einsatzgebieten ist der Nutzen von Probiotika aber umstritten. So gibt es etwa zur Frage der Allergieprävention widersprüchliche Daten aus Studien, so dass Allergieexperten die prophylaktische Gabe nicht empfehlen. Auch ist es noch nicht endgültig geklärt, ob Probiotika zur Prävention oder Behandlung von Atemwegsinfekten sinnvoll eingesetzt werden können. Ernährungsmediziner warnen vor dem unkritischen Einsatz bei schwerkranken oder immungeschwächten Patienten. Bei ihnen können Probiotika unter Umständen mehr schaden als nützen.
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