Der Wunsch der Deutschen Post, Kunden deutlich mehr Geld für den Brieftransport abverlangen zu dürfen, ist bei Experten aus Politik und Wissenschaft auf Skepsis gestoßen. „Es wird darüber zu reden sein, ob das so sein muss“, sagte Georg Nüßlein (CSU), der Beauftragte der Unionsfraktion für Post-Politik, der „Welt am Sonntag“. „Wenn bei einem dramatisch schrumpfenden Briefaufkommen auch für ländliche Räume weiter Versorgungssicherheit gewährleistet werden soll“, seien höhere Porti auf Dauer „unvermeidlich“, so Nüßlein, der im Bundestag den ländlich geprägten Wahlkreis Neu-Ulm vertritt.
Das bedeute aber nicht, dass die zuständige Bundesnetzagentur das Anliegen der Post einfach durchwinken dürfe. Die Behörde, so Nüßlein, „sollte vor einer Genehmigung genau prüfen, inwiefern die Zahlen der Deutschen Post die geforderte Portoerhöhung rechtfertigen“. Die Post hatte Ende vergangener Woche bei der Bundesnetzagentur beantragt, das Briefporto erhöhen zu dürfen. Der Preis für einen bis zu 20 Gramm schweren Standardbrief soll vom 1. Januar 2013 an 58 statt 55 Cent betragen. Außerdem soll das Porto für den sogenannte Maxibrief (bis 1.000 Gramm) von 2,20 auf 2,40 Euro steigen. Bei der Monopolkommission, einem unabhängigen Gremium, das die Bundesregierung zu Fragen der Wettbewerbspolitik und Regulierung berät, will man sich zunächst intern mit dem Vorstoß der Post befassen. Der Kommissionsvorsitzende Daniel Zimmer verwies jedoch der „Welt am Sonntag“ gegenüber zugleich darauf, dass man die Umsatzrenditen der Post im Briefbereich bereits in zwei Gutachten in den Jahren 2009 und 2011 als überhöht eingestuft habe. Der Bonner Ex-Monopolist seinerseits argumentiert, dass die nun beantragte Preiserhöhung für ihn die erste seit 1997 wäre. Dabei unterschlägt die Post allerdings, dass vor der langen Stagnationsphase die Porti besonders kräftig angehoben worden waren. Zwischen Ende der 40er-Jahre und Anfang der 70er-Jahre sind das Porto für den Standardbrief und die Verbraucherpreise nach Berechnungen der „Welt am Sonntag“ insgesamt ungefähr gleich stark gestiegen – nämlich um jeweils die Hälfte. Danach aber wurde das Porto in insgesamt sechs Schritten drastisch angehoben, die Kosten für die Briefbeförderung stiegen daher deutlich stärker als die allgemeinen Lebenshaltungskosten. Letztlich sind die Verbraucherpreise in Deutschland zwischen 1948 und 2012 um 361 Prozent gestiegen, die Kosten für einen Standardbrief dagegen um 438 Prozent. Bekommt die Post ihren Willen, würde der Kostenzuwachs beim Porto sogar auf insgesamt 479 Prozent steigen.