Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) findet es „verheerend“, dass in Deutschland derzeit keine Vorratsdatenspeicherung möglich ist. Ihr Vorsitzender Bernhard Witthaut sagte in einem Interview der „Süddeutschen Zeitung“ (Freitagausgabe), im Fall der rechtsextremistischen Terrorzelle NSU wäre es die Basis jeder Ermittlung, das Umfeld der Verdächtigen zu kennen. Dazu müsse man wissen, mit wem das Terror-Trio von Zwickau wann telefoniert, gemailt oder gechattet hat.
„Wer weiß, vielleicht wäre ja auch ein Anruf aus der NPD dabei, der für ein Verbot wichtig sein könnte“, sagte Witthaut . Ihm wäre eine Vorratsdatenspeicherung von zwei Jahren am liebsten, aber weil dies politisch nicht durchsetzbar sei, wäre „ich schon mit einem halben Jahr zufrieden“. Derzeit habe die Polizei keine Möglichkeit, Kontakte von Verdächtigen zurückzuverfolgen. Witthaut zog in dem Interview einen Vergleich zu Norwegen. Dort hätten die Behörden nach dem Massaker des Rechtsextremisten Anders Breivik gefürchtet, dieser sei Teil eines rechtsradikalen Netzwerks. Durch die gespeicherten Telefondaten habe sich aber schnell herausgestellt, dass Breivik ein Einzelgänger gewesen sei. „Wir dürfen aber im Fall des Nazi-Trios nicht rückverfolgen, was die Kollegen in Norwegen dürfen – in einem, wie ich erinnern darf, der freiheitlichsten Staaten der Welt“, sagte der GdP-Chef. Scharfe Kritik richtete Witthaut an die Gewerkschaft Verdi, die wie die GdP dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) angehört. Ihn stört, dass die Kollegen immer wieder dazu aufrufen, Demonstrationen von Neonazis zu verhindern. Für viele bei Verdi gelte „ziviler Ungehorsam als bürgerliche Tugend“. Er, Witthaut, habe selber jahrelang als Einsatzbeamter Demonstrationen von Rechtsradikalen beschützen müssen. Das mache niemand gern, aber wenn die Gerichte die Kundgebung wegen des Grundrechts auf Demonstrationsfreiheit zuließen, müsse die Polizei dieses Recht durchsetzen. „Beim Thema „Naziaufmärsche verhindern“ sind die Gewerkschaften jedoch ganz vorn mit dabei – und ihre Leute haben dann Konflikte mit der Polizei, zum Beispiel 2010 in Dresden“, sagte der GdP-Chef.