Plagiatsverfahren: Wissenschaftler verteidigen Schavan

In der Plagiatsaffäre erhält Bundesbildungsministerin Annette Schavan Unterstützung aus der Wissenschaft. Mehrere führende Forscher kritisierten am Montag in der „Süddeutschen Zeitung“ (Dienstagausgabe) den Verlauf des Plagiatsverfahrens und das Gutachten der Universität Düsseldorf, das der Politikerin vorwirft, in ihrer Doktorarbeit bewusst getäuscht zu haben. Der Präsident der Humboldt-Stiftung, Helmut Schwarz, sagte der Zeitung: „Es gab schwere Fehler in dem Verfahren – die Universität sollte nun eine zweite Person bitten, die Vorwürfe sachlich zu prüfen.“

Es sei „skandalös“, dass die Öffentlichkeit vor der Betroffenen von den schwerwiegenden Vorwürfen erfahren habe. Der Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), Matthias Kleiner, sagte, er sei „schon irritiert, dass in einem strikt vertraulichen, personenbezogenen Verfahren ein Gutachten an die Öffentlichkeit gerät, noch dazu bevor es von dem zuständigen Gremium bewertet wurde“. Jürgen Mlynek, Chef der Helmholtz-Gemeinschaft, zeigte sich „verwundert, dass die Arbeit offenbar nur von einem Hochschullehrer geprüft wurde“. Alle drei Organisationen zählen zu den großen Forschungsakteuren in Deutschland. Das Gutachten war am Wochenende bekannt geworden. Die Untersuchung wirft Schavan vor, in ihrer Doktorarbeit Textpassagen ohne sauberen wissenschaftlichen Beleg von fremden Autoren übernommen und dabei bewusst getäuscht zu haben. Schavan selbst hatte nach eigenen Angaben das Gutachten erst am Wochenende und auf Nachfrage von der Uni erhalten. Der frühere DFG-Präsident Wolfgang Frühwald sprach von einem „Skandal“. Nach der Vorab-Veröffentlichung könnten die zuständigen Gremien der Universität nicht mehr frei entscheiden. „Sie stehen nun unter öffentlichem Druck“, sagte er. Auch er forderte ein Zweitgutachten. Frühwald griff auch den Inhalt des 75-seitigen Berichts an. „Weder der Vorwurf des Plagiats noch der Vorwurf der bewussten Täuschung ist durch die Untersuchung gedeckt.“ Vielmehr gehe es um „handwerkliche Fehler“, die nicht derart gravierend seien, dass man von einem Plagiat sprechen könne. Ähnlich äußerte sich Dietrich Benner, emeritierter Professor für Erziehungswissenschaften an der Humboldt-Universität Berlin. Zwar gebe es in der Doktorarbeit offenbar mehr nicht gekennzeichnete Übernahmen als bisher bekannt; dennoch handele es sich „zweifellos um kein Plagiat“. Der Vorwurf einer Täuschungsabsicht sei in diesem Fall „völlig abwegig, ja böswillig“. „Bei der Menge an Bezügen, von der Antike bis Niklas Luhmann, können bei einem Erstling gar nicht alle Quellen gelesen worden sein. Dafür bräuchte man ein 60- oder 70-jähriges Leben.“ Benner hatte Schavan bereits im Mai öffentlich verteidigt, nachdem erste Vorwürfe durch einen anonymen Blogger erhoben worden waren.