Arzneimittelhersteller verweigern den privaten Krankenversicherungen seit mehr als einem Jahr den gesetzlich vorgeschriebenen Rabatt von 16 Prozent auf jede Packung eines ihrer patentgeschützten Produkte. Es gebe einige „wenige Zahlungsverweigerer, darunter ein großes Pharmaunternehmen sowie einige Arzneimittel-Re-Importeure“, sagte der Geschäftsführer der eigens für die Abwicklung des Rabatts vom Privatkassen-Verband (PKV) gegründeten Zentrale zur Abrechnung von Arzneimittelrabatten (Zesar), Christian Hälker, dem „Handelsblatt“ (Freitagausgabe). Den Schaden bezifferte er auf rund 20 Millionen Euro.
Der Zwangsrabatt wurde zum 1. Januar 2011 eingeführt, um die Kostenexplosion im Gesundheitssystem zu bremsen. Er sollte die Privatkassen um 130 Millionen Euro im ersten Jahr entlasten, Tendenz steigend. Namen von Unternehmen will die Zesar mit Rücksicht auf laufende Gespräche nicht nennen. Brancheninsidern zufolge geht es aber vor allem um den Weltkonzern Novartis, der mit 11,2 Prozent Marktanteil das umsatzstärkste Pharmaunternehmen auf dem deutschen Gesundheitsmarkt ist. Auf Anfrage hieß es bei Novartis, die Ausgestaltung des Zwangsrabatts zugunsten privater Krankenkassen sei derzeit in der Diskussion. „Wir bitten Sie daher um Verständnis, dass wir zu dieser Angelegenheit derzeit keine weitere Stellungnahme abgeben.“ Insidern zufolge hat Novartis verfassungsrechtliche Bedenken gegen den Zwangsrabatt zugunsten von privaten Versicherungen. Tatsächlich ist die Regelung rechtlich umstritten. Vor dem Liberalen Philipp Rösler war noch kein Gesundheitsminister auf die Idee gekommen, Zwangsrabatte und Preismoratorien außerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung anzuordnen. Dafür gab es gute Gründe. Bundesverfassungsgericht und Europäischer Gerichtshof erklärten bislang derlei weitgehende Eingriffe in die Gewerbefreiheit von Unternehmen nur dann für zulässig, wenn sie zur Sicherung der Finanzierbarkeit der sozialen Krankenversicherung unvermeidbar sind.