Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich am Freitagabend mit FDP-Chef und Vizekanzler Philipp Rösler sowie dem CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer getroffen, um über die Nachfolge für den zurückgetretenen Bundespräsidenten Christian Wulff zu beraten. Am Freitag sollen die Gespräche mit den Fraktionsvorsitzenden fortgesetzt werden. Merkel hatte in ihrer Rede angekündigt, nach Beratungen mit Union und FDP auch auf SPD und Grüne zugehen zu wollen.
„Wir wollen Gespräche führen mit dem Ziel, in dieser Situation einen gemeinsamen Kandidaten für die Wahl des nächsten Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland vorschlagen zu können“, erklärte Merkel. Sozialdemokraten und Grüne begrüßten das Angebot der Kanzlerin. Die Linke bezog sie dabei nicht in ihr Gesprächsangebot ein, was in der Partei umgehend Kritik auslöste. „Wir brauchen einen Bundespräsidenten, der von allen Parteien, ich betone allen Parteien, im deutschen Bundestag getragen wird“, sagte Fraktionschef Gregor Gysi. Als mögliche Nachfolger sind unter anderem Arbeitsministerin Ursula von der Leyen, Finanzminister Wolfgang Schäuble und Ex-Umweltminister Klaus Töpfer sowie Verteidigungsminister Thomas de Maizière im Gespräch. Spätestens 30 Tage nach dem Rücktritt eines Bundespräsidenten muss die Bundesversammlung zusammenkommen um einen Nachfolger zu wählen. Wulff hatte am Freitagvormittag seinen Rücktritt erklärt. Deutschland brauche einen Präsidenten, der uneingeschränkt auf breiter Ebene das Vertrauen der Bevölkerung besitze, sagte das Staatsoberhaupt im Schloss Bellevue. Die Entwicklung der vergangenen Tage und Wochen habe gezeigt, dass dieses Vertrauen für ihn nicht mehr gegeben sei. „Ich trete deshalb heute zurück, um den Weg zügig für die Nachfolge frei zu machen“, verkündete Wulff, der zudem beteuerte, sich in seinen Ämtern stets korrekt und aufrichtig verhalten zu haben. Er sei davon überzeugt, dass die anstehende rechtliche Klärung der Vorwürfe gegen ihn „zu einer vollständigen Entlastung führen wird“. Bundeskanzlerin Angela Merkel nahm den Rücktritt von Wulff mit „großem Respekt und Bedauern“ zur Kenntnis. Am Donnerstagabend hatte die Staatsanwaltschaft Hannover die Aufhebung von Wulffs Immunität beantragt. Die Behörde will wegen des Anfangsverdachts der Vorteilsannahme gegen den früheren niedersächsischen Ministerpräsidenten ermitteln und damit bereits am Sonnabend beginnen.