Parteienforscher: Merkel könnte mit „ramponiertem“ Wulff leben

Nach Einschätzung des Parteienforschers Gerd Langguth wird Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) den umstrittenen Bundespräsidenten Christian Wulff nicht fallen lassen. „Ich bin sicher, dass Merkel im Moment keine weitergehenden Überlegungen hat, zumal sie weiß, dass formal der Bundespräsident eine starke Stellung hat. Einen Minister kann sie entlassen, einen Bundespräsidenten nicht“, sagte der Professor an der Universität Bonn „Handelsblatt-Online“.

Nur wenn dieser gegen Bundesgesetze oder gar gegen das Grundgesetz verstoße, könne das Bundesverfassungsgericht eine entsprechende Entscheidung über eine Ablösung treffen. „Merkel dürfte ein – wenngleich ramponierter – Bundespräsident Wulff lieber sein als ein neuer Bundespräsident oder Bundespräsidentin mit unsicherem Ausgang hinsichtlich des Ergebnisses.“ Mit Blick auf die jüngsten Nachfolgespekulationen und den in Medienberichten genannten möglichen Wulff-Nachfolger Thomas de Maizière sagte Langguth: „Man sollte die Meldungen hinsichtlich eines Kandidatenwettrennens aus dem Unionslager nicht überschätzen.“ Die Person, auf die es ankomme, sei die Kanzlerin. „Sie dürfte überhaupt kein Interesse an einer baldigen Bundesversammlung haben, in denen es für die jetzige Koalition nur eine Mehrheit von vier Stimmen gibt.“ Gleichwohl gibt es nach Langguths Einschätzung bei der Union „sowas wie eine passive, resignative Stimmung“ zu Wulff. „Es gibt insgesamt in der Union ein ungutes Gefühl über Wulff, auch wenn er nichts getan hat, was justitiabel wäre“, sagte der Politikwissenschaftler. „Gäbe es aber einen Plan B in der Union, wären die Umstände schon längst bekannt geworden“, fügte Langguth hinzu. „Personalspekulationen sind immer in den Medien sehr beliebt, und sicher wäre auch Thomas de Maizière prinzipiell ein guter Kandidat.“