Ökonomen stützen Westerwelles Griechenland-Vorstoß

Die Äußerungen von Außenminister Guido Westerwelle, wonach über den Zeitplan für die Reformen in Griechenland geredet werden könne, stoßen bei Ökonomen auf Zustimmung. Die von Westerwelle angekündigte Korrektur der Auflagen durch Streckung des Konsolidierungskurses sei „eine zu begrüßende Einsicht“, sagte der Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), Gustav Horn, „Handelsblatt-Online“. „Nur indem die Konsolidierung langsamer angegangen wird und zum Beispiel der Aufbau eines wirksamen Steuersystems beschleunigt wird, kann sich Griechenland von der Krise befreien.“ Ähnlich äußerte sich der Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), Michael Hüther.

„Freilich kann man bei grundsätzlicher Akzeptanz der Sparauflagen über das Timing und über einzelne Instrumente sprechen“, sagte Hüther „Handelsblatt-Online“ mit Blick auf das griechische Reformprogramm. „Das sture Festhalten an den Vorgaben für die Defizitquote käme einem Hinterhersparen hinter der Konjunktur gleich, und die Erhöhung der Mehrwertsteuer war sicher nicht klug.“ Aber ebenso gelte, fügte Hüther hinzu, dass kein Land bisher so viel solidarische Hilfe erhalten habe wie Griechenland. „Es muss nun endlich ernsthaft privatisiert werden“, sagte er. Und es müsse nun endlich die staatliche Verwaltung auf Effizienz getrimmt werden. Als „gute Nachricht“ wertete Hüther, dass die Regierungsbildung auf jene Parteien hinauslaufe, die sich grundsätzlich zur Sparpolitik bekennen würden. „Griechenland würde dann die Geschäftsgrundlage der EU-Krisenpolitik – Geld gegen Auflagen – einhalten“, sagte er und fügte hinzu: „Die Ausstiegszenarien wären damit vorübergehend obsolet.“ IMK-Chef Horn unterstrich, dass es bei der Wahl in Griechenland anders als von vielen dargestellt nicht um ein Für oder Gegen den Euro gegangen sei. Die Griechen hätten immer signalisiert, dass sie den Euro als Währung behalten wollten. „Es ging allerdings sehr wohl um den geeigneten Weg die griechischen Staatsfinanzen in Ordnung zu bringen“, sagte Horn. „Hier ist zunächst festzuhalten, dass der bisherige Austeritätskurs gescheitert ist, weil er ökonomisch nicht funktioniert.“ Dies sei ein Versagen der europäischen Politik, allen voran der Bundesregierung. In Koalitionskreisen stieß Westerwelles Ankündigung hingegen auf Kritik. „Westerwelle darf Brüderle und der Bundeskanzlerin, die bisher stets auf strikte Vertragseinhaltung gepocht haben, mit seinem unbegründeten Nachgeben nicht in den Rücken fallen“, sagte der CDU-Bundestagsabgeordnete Klaus-Peter Willsch „Handelsblatt-Online“. Willsch sieht daher auch keine Veranlassung einer neuen Regierung in Athen entgegenzukommen. „Nachdem den Griechen seit 2010 schon mehrfach die Zinsen abgesenkt wurden, muss die Troika und die Eurogruppe jetzt Kurs halten: es darf weder am Zins, noch an der Laufzeit rumgefummelt werden“, unterstrich er. Griechenland müsse endlich Ergebnisse liefern für die Milliarden an deutschen Steuergeldern, die es inzwischen erhalten habe. „Es kann doch wohl keinen Rabatt geben dafür, dass Kommunisten oder Rechtsradikale nicht noch mehr Stimmen bekommen haben.“ Ähnlich äußerte sich der Finanzexperten der FDP-Bundestagsfraktion, Frank Schäffler. „Griechenland hat die Troika-Maßnahmen nicht umgesetzt, daher darf die nächste Tranche über 31,2 Milliarden Euro Ende Juni nicht bewilligt werden.“ Unabhängig vom Wahlausgang müsse der Euro-Club glaubhaft bleiben.