Abgehobene Utopisten oder ernst zu nehmende Systemkritiker?
(NL/1251634027) Heidelberg 05.04.2012 Auf den ersten Blick wirken die Aktivisten im Frankfurter Occupy-Camp nur wie eine unstrukturierte Outsider-Gruppe, die größtenteils aus einer selbst gewählten Opfer-Rolle heraus gegen das Finanzwesen demonstrieren. Bei näherer Betrachtung zeigt sich aber, dass ihre Skepsis und Kritik mehr als nur kurzlebiger Ausdruck des Unmutes einer kleinen Randgruppe ist. Mittlerweile wächst die Kritik am Bankenwesen auch in anderen Teilen der Bevölkerung, ja sie ist selbst bankenintern deutlich spürbar. Zur Erforschung dieser Stimmungslage hat die GIM (Gesellschaft für Innovative Marktforschung) aus Heidelberg eine Grundlagen-Studie zur Occupy-Bewegung unter den Occupy-Aktivisten und Sympathisanten durchgeführt.
Haltet den Dieb! Die Gruppendiskussion im Frankfurter Occupy-Camp begann mit einer Verfolgungsjagd mitten durch die Häuserschluchten der Bankgebäude in Frankfurt. Gleich nach der Ankunft im Camp wurde der Rucksack der Forscher samt dem kompletten Equipment, Kamera, Aufnahmegerät, Stativ, Fotoapparat, Geldbeutel, von einem Dieb entwendet. Jedoch: Die sich selbst als unstrukturiert, heterogen und egalitär verstehenden Occupy-Aktivisten organisierten sich in Sekundenschnelle in vier kleine Gruppen, die den Täter nach kurzer Zeit erfolgreich stellten.
Ich dachte ihr seid so unstrukturiert. Jetzt habt ihr uns aber überrascht! war der erste Satz der beiden Moderatoren bei Start der Diskussion. Seht ihr, euch geht es auch nicht anders als uns!, wurde ihnen entgegnet. Daraus entwickelte sich dann eine hoch spannende Gruppendiskussion, die unkonventioneller nicht hätte sein können.
Am Ende der Gruppendiskussion standen klare Kritikpunkte aber auch – und vor allem! Lösungsvorschläge – gerichtet an das Finanzwesen und an die Banken: Aus tief verwurzeltem Idealismus heraus verfolgen die Aktivisten Lebensziele wie soziale Gerechtigkeit, Weltfrieden, allgemeinen und nachhaltigen Wertewandel, Transparenz und mehr Demokratie. Vor allem die Großbanken stellen durch unethische und risikoreiche Spekulationsgeschäfte ohne dinglichen Gegenwert und den permanenten Drang nach Gewinnsteigerung und Profit eine massive Gefahr für Gesellschaft und Umwelt dar. Lösungsvorschläge orientieren sich an den Genossenschaftsbanken früherer Zeiten: Banken sollen sich als kundennaher Dienstleister wieder dem eigentlichen Kerngeschäft, der Verwaltung und Sicherung des Geldes und der Investition in dingliche Güter widmen. Weitere Forderungen verlangen Transparenz und Mitbestimmung sowie einen Wertewandel hinsichtlich der Produkte, in die Banken das Geld ihrer Kunden investieren. Als Wegbereiter gelten die Ökobanken, die in sozial und ökologisch verträgliche Produkte investieren, oder teilweise auch die islamischen Banken, die an Stelle von Zinsen Gebühren erheben.
Aufgabe und Verantwortung der Politik ist hierbei, durch Gesetze, Kontrollinstanzen und die Wahrnehmung eines erzieherischen Auftrages im Bildungssystem, die notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen.
Die eigentliche Überraschung folgte dann bei den Gruppendiskussionen mit den Occupy-Sympathisanten, häufig finanziell und beruflich etablierte Bankkunden – weniger von Idealismus geprägt, kommen sie aus ganz anderen Beweggründen zum gleichen Ergebnis: Irgendetwas läuft falsch im System!.
Sie sehen nämlich ein Auseinanderdriften der eigenen persönlichen Werte und den Werten, die Banken verkörpern: Während die Occupy-Sympathisanten sich als ehrenwerte Geschäftsleute oder verantwortungsvolle Leistungsträger verstehen, werden Banken als zu einseitig profitorientierte und zusehends verantwortungslose Institutionen wahrgenommen, so dass das eigene dort investierte Kapital nicht mehr als sicher gilt. Die Folge ist eine Änderung des Investitionsverhaltens weg von klassischen Großbanken, hin zu nachhaltigen Investitionen.
Die Forderungen der Sympathisanten an Banken sind also fast deckungsgleich mit denen der Aktivisten: Transparenz, Partizipation, dingliche und nachhaltige Investitionen, Regionalität aber auch ein gerechter eigener Anteil am Profit der Banken.
Somit zeigt sich, dass die Forderungen der Occupy-Bewegung zusehends nicht als Utopie zu betrachten sind, sondern langsam beginnen, sich auch in weiteren Kreisen nieder zu schlagen: Gerechtes Banking mit einer ethisch vertretbaren Ausrichtung, mit nachhaltigen Produkten und fairen Kundenbindungen ist immer mehr im Kommen.
Zur Methode: Ethnologische Rekrutierung und fluide Gruppendiskussion
In der Marktforschung gibt es gängige Rekrutierungs- und Datenerhebungsmethoden, die für viele Forschungszwecke sinnvoll und gewinnbringend sind. Der Zugang zu bestimmten Zielgruppen wird dabei nur bedingt thematisiert oder reflektiert.
Schon bei der Planung der Studie war klar, dass bei der Erforschung der Occupy-Bewegung, zumindest bei der Gewinnung der Aktivisten im Camp, andere Wege bestritten werden müssen. Welche Antwort erhielte ein Call-Center-Agent, der bei einem Occupy-Aktivisten anruft:Hallo, wir sind ein Marktforschungsunternehmen und würden Sie gerne zu einer Gruppendiskussion einladen. Die freundlichste Reaktion wäre da wohl noch: Vielen Dank fürs Gespräch!
Eine weitere Schwierigkeit entsteht durch die Heterogenität und programmatische Unstrukturiertheit der Gruppe, die aus Marktforschungssicht obendrein unerschlossen ist. Um die maßgeblichen Akteure und Wortführer zu erkennen und für eine Gruppendiskussion zu gewinnen, ist es nötig, zunächst einmal die innere Logik einer solchen Gruppe zu verstehen.
Dazu mussten Barrieren überwunden werden, weil aus Sicht der Aktivisten Marktforschungsinstitute auch Wirtschaftsunternehmen sind, die für Finanzinstitute arbeiten. Somit ist es eine Frage des Zugangs und des Vertrauens, an den Kern der Gruppe heran zu kommen. Hierfür stellt die Ethnologie die Methode der Teilnehmenden Beobachtung bereit. Ziel dieser ethnographischen Methode ist das möglichst vorurteilsfreie Eintauchen in eine fremde Ethnie, deren innere Logik auf den ersten Blick nicht zu verstehen ist. Aus diesem Grund hielt sich einer der Forscher eine Woche im Camp auf, führte in dieser Zeit Gespräche, knüpfte Kontakte und schaffte dadurch den Zugang zur Gruppe. Methodisch wurde so die eigentliche Rekrutierung bereits Teil der Datenerhebung.
Weitere Informationen: <a href="http://www.g-i-m.com/unternehmen/presse/news.html„>http://www.g-i-m.com/unternehmen/presse/news.html
FAKTEN ZUR GIM
Gegründet 1987, können wir auf beinahe 25 Jahre Marktforschungserfahrung zurückblicken. In dieser Zeit entwickelte sich GIM von einem kleinen Spezialanbieter zu einem der führenden Marktforschungsinstitute in Deutschland. In den vergangenen 15 Jahren wuchs die GIM kontinuierlich und erzielte jedes Jahr Wachstumsraten deutlich über dem Markt.
Heute ist die GIM ein Netzwerk mit Instituten in Heidelberg, Berlin, Lyon und Zürich.
Die GIM Gesellschaft für Innovative Marktforschung GmbH ist eines der größten Marktforschungsinstitute in Deutschland in deutscher Rechtsform.
Konkret bedeutet das:
* Ca. 90 feste Mitarbeiter in Deutschland
* Ca. 110 feste Mitarbeiter insgesamt
* Ca. 19 Mio. Euro Umsatz (2011)
* Jährlich über 500 Projekte weltweit
* Forscher mit fundiertem wissenschaftlichen Hintergrund aus sich ergänzenden Disziplinen
* Full-Service-Institut mit eigenem Feld, Kooperationen mit Feldinstituten und Teststudios deutschlandweit
* Etablierte Kooperationen mit unabhängigen Forschungsinstituten weltweit
* Hohe Qualitätsstandards: Orientierung an der ISO-Norm 20252 für die Sozial-und Marktforschung
* Ausschließlicher Einsatz von fest angestellten Marktforschern als Moderatoren für Gruppendiskussionen und Workshops
* Ausbildung von Mitarbeitern durch eigenes Trainee-Programm
* Fortlaufende Weiterbildung der Mitarbeiter
Geschäftsführung:
* Wilhelm Kampik & Stephan Teuber
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