Nigeria steuert auf eine Krise zu

Ein Land in Not: Humanitäre Hilfe erforderlich und Langzeitperspektiven

Nigeria, das bevölkerungsreichste Land Afrikas, steht am Rande eines wirtschaftlichen und humanitären Abgrunds. Einst als aufstrebende Wirtschaftsmacht bekannt, kämpft das Land nun mit einer der schlimmsten Krisen der letzten Jahrzehnte. Die Auswirkungen sind verheerend: Millionen Menschen kämpfen täglich ums Überleben. Es handelt sich hier um eine Existenzkrise. Diese Krise fordert dringend eine umfassende humanitäre Hilfe, denn die Situation verschärft sich von Tag zu Tag.

Die Ursachen der Krise – Historische Wurzeln und aktuelle Missstände

Die aktuellen Probleme Nigerias haben tief verwurzelte historische Ursachen. Frühere Regierungen haben durch fehlende Weitsicht und schwache fiskalpolitische Entscheidungen den Grundstein für die katastrophale Lage gelegt, in der sich das Land heute befindet. Diese strukturellen Schwächen wurden durch die jüngsten Maßnahmen von Präsident Bola Tinubu weiter verschärft. Mit seiner Amtsübernahme im Mai letzten Jahres kündigte Tinubu Reformen an, die das Land tiefgreifend beeinflussten und die ohnehin fragile Wirtschaft weiter destabilisieren.

Währungsreform: Ein riskanter Schritt

Eine der umstrittensten Reformen war die Entkopplung des Naira-Wechselkurses vom US-Dollar. Diese Maßnahme sollte langfristig die Währung stärken, führte jedoch kurzfristig zu einem dramatischen 70-prozentigen Wertverlust des Nairas. Die Inflation stieg sprunghaft an, und die ausländischen Investitionen gingen 2023 um 26,7 Prozent zurück. Präsident Tinubu rechtfertigt diese Reformen als notwendig, um einen Staatsbankrott zu verhindern, doch die unmittelbaren Auswirkungen auf die Bevölkerung sind verheerend. Die Menschen haben zunehmend Schwierigkeiten, sich das Nötigste zu leisten, und die Armut breitet sich aus.

Ölindustrie: Ein zweischneidiges Schwert und Subventionsstreichung führt zum schweren Schlag

Eine weitere weitreichende Maßnahme war die Streichung der staatlichen Subventionen für raffinierte Rohölprodukte wie Benzin. Nigeria ist zwar einer der weltweit größten Rohöl-Exporteure, doch es mangelt dem Land an Raffineriekapazitäten. Die vier staatlichen Raffinerien können den Bedarf nicht decken, weshalb Benzin importiert werden muss. Die jahrelangen Subventionen sollten den Preis stabil halten, doch ihre Abschaffung führte zu einer Verdreifachung der Benzinpreise, was die ohnehin schon angespannte Lage weiter verschärfte. Die Bevölkerung leidet unter den immens gestiegenen Lebenshaltungskosten.

Lichtblick: Die Dangote-Raffinerie

Ein Hoffnungsschimmer könnte die Dangote-Raffinerie sein, die vom nigerianischen Milliardär Aliko Dangote gebaut wurde. Diese Raffinerie soll bei vollem Betrieb 650.000 Barrel Öl pro Tag verarbeiten können, genug, um den gesamten afrikanischen Kontinent zu versorgen. Doch bis sie ihre volle Kapazität erreicht, bleibt die Situation angespannt. Solange die Raffinerie nicht ausreichend Rohöl erhält, bleibt die Abhängigkeit von teuren Importen bestehen, was die wirtschaftliche Lage weiter belastet.

Humanitäre Katastrophe: Hunger und Armut

Die wirtschaftlichen Probleme haben gravierende humanitäre Folgen. Der Großteil der Bevölkerung kann sich kaum noch zwei volle Mahlzeiten am Tag leisten, und zwei Drittel der Nigerianer leben bereits in Armut. Das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen warnt, dass von Juni bis August 2024 mehr als jede zehnte Person in Nigeria unter akutem Hunger leiden könnte. In den Städten kommt es bereits zu Massenpaniken bei Nahrungsmittelausgaben, und die Krankenhäuser sind überfüllt mit Menschen, die unter Mangelerscheinungen leiden. Die humanitäre Krise spitzt sich immer weiter zu, und es bedarf dringend internationaler Unterstützung.

Arbeitsmarkt und Gewerkschaften

Die Lage auf dem Arbeitsmarkt ist ebenso düster. Zwischen 75 und 92 Prozent der berufstätigen Nigerianer arbeiten im informellen Sektor, ohne Gewerkschaften und ohne feste Löhne. Gewerkschaften im öffentlichen Dienst kämpfen mit Streiks für Löhne von umgerechnet etwa 20 Dollar im Monat, doch die Mehrheit der Arbeitnehmer kommt nur knapp über die Runden. Die Unsicherheit und die prekären Arbeitsbedingungen verschärfen die soziale und wirtschaftliche Krise weiter.

Sicherheitsprobleme: Eine zusätzliche Belastung

Die Krise wird durch die desaströse Sicherheitslage im Land noch verschärft. Von Terrorismus über Entführungen hin zu Landnutzungskonflikten und Erdölpiraterie – Nigeria ist von vielfältigen Sicherheitsproblemen geplagt. Diese Unsicherheiten hindern viele Menschen daran, Landwirtschaft zu betreiben oder ein Einkommen zu erzielen, was die Wirtschaftslage weiter verschärft. Die fehlende Sicherheit führt zu einer weiteren Verschärfung der wirtschaftlichen und humanitären Situation im Land.

Thomas Wegener und GrowExpress Ltd.: Ein Hoffnungsschimmer

Inmitten dieser Krise gibt es auch kleine Hoffnungsschimmer. Thomas Wegener engagiert sich mit dem sozialen Mustergutprojekt Farmers Future von GrowExpress Ltd. in Ibadan für eine nachhaltige Entwicklung und soziale Gerechtigkeit. „Die aktuelle Entwicklung des Landes ist sehr besorgniserregend“, fügt Wegener hinzu. Die GrowExpress Projekte zielen darauf ab, die Lebensbedingungen der Menschen vor Ort zu verbessern und langfristig wirtschaftliche Stabilität zu fördern. Die stürmische Entwicklung Nigerias durch Ölfunde vor einigen Jahrzehnten führte zur Vernachlässigung der ländlichen Regionen und der Landwirtschaft, obgleich über 70 Prozent der Bevölkerung in der Landwirtschaft tätig sind.

Ein innovatives Landwirtschaftsprojekt

GrowExpress Ltd. hat in Zusammenarbeit mit der örtlichen Universität in Ibadan den Zuschlag für ein Mustergut erhalten. Im Rahmen dieses Projektes wurde der Boden wieder bewirtschaftet und der Landwirtschaft zugeführt, indem das in den vergangenen Jahrzehnten entstandene ökologisch nicht wertvolle Buschland entfernt wurde. Unter Einbeziehung lokaler Kräfte, die auch von diesen wirtschaftlichen Aktivitäten profitieren durch Bildung, Respekt sowie Einkommen, fanden sich internationale Investoren, die sich gemeinsam um das Wiederaufblühen der Landwirtschaft in einem der fruchtbarsten Teile Westafrikas im Staat Nigeria bemühen.

Thomas Wegener erklärt: „Die Situation vor Ort ist, dass es in Nigeria sehr viel ungenutztes ehemaliges Ackerland gibt, das seit 70 bis 100 Jahren brach liegt. Das ist dem Umstand der Landflucht geschuldet. Die meisten Dorfbewohner erhoffen sich in der Stadt ein besseres Leben. Zurückbleiben alleinerziehende Frauen und Kinder, die sich mit kleineren Bewirtschaftungen durch den Alltag schlagen. GrowExpress engagiert sich, diese großflächigen Landflächen wieder in einer sanften Art und Weise zu bereinigen und mit biologischem landwirtschaftlichem Anbau zu starten.“

Nachhaltige Bewirtschaftung und Bildung

Das Farm-Konzept von GrowExpress sieht vor, die örtlichen Strukturen zu respektieren und zu unterstützen. Das bedeutet, dass die bisherige kleinbäuerliche, von Menschenkraft abhängige Feldbewirtschaftung erhalten bleibt. Die Landwirtschaftsabteilung der Universität Ibadan hat ein Bewirtschaftungskonzept erarbeitet, das lokale Düngerproduzenten und geschütztes Saatgut einbezieht. GrowExpress Ltd. stellt den lokalen Landwirten Know-how, Saatgut und Düngemittel zur Verfügung und überlässt ihnen zusätzlich zu ihren eigenen Flächen auch Land.

Insbesondere die Bewässerung, die Mehrfelderwirtschaft, Dünger und die Verwendung moderner Saatgüter haben sich in der kleinbäuerlichen Bewirtschaftung bisher bis jetzt nicht in den einzelnen Familien durchgesetzt. Dies erarbeitet GrowExpress mit den Farmern und den Experten. Nach der Bodenanalyse und der Freimachung von ökologisch nicht wertvollem Buschland werden Fruchtfolgen ausgesucht und die Mechanisierung der Landwirtschaft betrieben. Die Verantwortlichen des nigerianischen Staates unterstützen das Farmprojekt und es sind feste Abnahmeverträge geschlossen, sodass die ökonomische Dimension der Landwirtschaft gesichert ist.

Zudem setzt das Farmprojekt GrowExpress auf Aus- und Weiterbildung, gute Samen, ertragreiche Ernte und Vermarktung der Produkte für ein attraktives Leben auf dem Land. Kleinbauern sind immer noch benachteiligt. Rein rechnerisch könnten weltweit zehn Milliarden Menschen ernährt werden, doch passe die Produktions- und Ernährungssituation nicht zusammen. Agrarökologie aus Sicht von GrowExpress Ltd. macht es erforderlich, dass die Kleinbauern auch finanziell geschützt und gefördert werden. Die agrarindustrielle Landwirtschaft ist nicht gemacht für die Hungerbekämpfung. Multinationale Unternehmen haben einen großen Einfluss auf Politik und Gesetzgebung, auch Patente sind in den Händen großer Unternehmen. Dem gilt es entgegenzusteuern, indem ökologisch und ökonomisch korrekt gehandelt wird. Dazu gehört der Respekt vor dem Menschen vor Ort, die wissenschaftliche Begleitung und die Nutzung von Saatgut und Dünger aus lokaler Produktion.

Der Weg nach vorn: kreative Lösungen und Widerstandsfähigkeit

Trotz der enormen Herausforderungen zeigen die Menschen in Nigeria bemerkenswerte Widerstandsfähigkeit und Kreativität. Sie rationieren Lebensmittel, setzen auf alternative Medizin und erzeugen ihren eigenen Strom. Gemeinschaften verteidigen sich selbst gegen Angriffe und lösen Entführungssituationen oft eigenständig, wenn staatliche Sicherheitsorgane versagen. Diese selbstorganisierten Lösungen sind ein Zeichen der Hoffnung und zeigen, dass die Menschen nicht bereit sind, aufzugeben.

Nollywood und Afrobeats: Kultur als Wirtschaftsfaktor

Die kommerzielle Kreativ- und Kulturszene, insbesondere Nollywood und Afrobeats, bietet ebenfalls Hoffnung. Diese Bereiche haben sich zu wirtschaftlichen Kraftwerken entwickelt und tragen erheblich zur nigerianischen Wirtschaft bei. Nollywood, das nigerianische Kino, ist mittlerweile international anerkannt und beliebt, ebenso wie die nigerianische Musikszene, die mit Afrobeats weltweit erfolgreich ist. Diese kulturellen Exporte sind wichtige Wirtschaftsfaktoren und könnten langfristig zur Stabilisierung des Landes beitragen.

Fazit: Eine ungewisse Zukunft

Die globale Ernährungssicherheit steht vor einer beispiellosen Krise, die durch eine Kombination aus Konflikten, klimatischen Extremereignissen und wirtschaftlichen Herausforderungen verschärft wird. Aktuelle Berichte zeigen, dass im Jahr 2023 fast 282 Millionen Menschen in 59 Ländern akute Nahrungsmittelunsicherheit erlitten, ein Anstieg um 24 Millionen gegenüber dem Vorjahr, wie die Weltbank berichtet. In Nigeria sind viele Menschen fassungslos, perspektivlos, wütend und enttäuscht, und die Mehrheit kämpft buchstäblich ums Überleben.

Zusammengefasst erfordert die globale Ernährungskrise eine koordinierte Anstrengung von Regierungen, internationalen Organisationen, dem privaten Sektor und sozialen Unternehmern. Nur durch gemeinsame Anstrengungen und innovative Lösungen können wir die Ernährungsunsicherheit wirksam bekämpfen und eine nachhaltige Zukunft sichern. Es liegt an uns allen, aktiv zu werden und unseren Beitrag zu leisten, sei es durch direkte Beteiligung an nachhaltigen Projekten oder durch die Unterstützung von Initiativen, die sich dieser globalen Herausforderung stellen. Die Krise in Nigeria ist das Ergebnis jahrzehntelanger Misswirtschaft und Unsicherheit, und es wird lange dauern, bis das Land wieder auf die Beine kommt. Die Weltgemeinschaft ist gefordert, eingeplante Hilfsgelder auszuzahlen und Nigeria auf dem Weg aus der Krise zu unterstützen.

Autor:

Erik Simon
CEO – Managing Director
GrowExpress Ltd.

Zur Person Erik Simon:

Banken- und Wirtschaft sind die Domäne von Erik Simon, der global seit Jahren verantwortlich tätig ist. Nach einer Ausbildung zum Versicherungskaufmann folgte der selbstständige Vertrieb mit berufsbegleitendem Studium der Wirtschaftswissenschaften unter anderem an der Uni Trier und der Hochschule in St. Gallen. Die DZ Bank Luxemburg und Bear Stearns Companies, Inc. in London förderten maßgeblich seine Schwerpunktfindung Akkreditierung und alternative Finanzierung (documentary crediting and alternative financing). In der heutigen Zeit wird die unabhängige und qualifizierte Beratung von Ländern und Institutionen immer wichtiger, um kurz-, mittel- und langfristig Ziele und Erfolge zu erreichen, die zur Verbesserung des Lebens der Menschen und auf vielen Ebenen beitragen, ist Erik Simon CEO (Chief Executive Officer), Geschäftsführer von GrowExpress Ltd. überzeugt.

Das GrowExpress Ltd. Büro befindet sich in Nigeria, Cocoa House, Dugbe, 200263 Ibadan, einem der wichtigsten Gewerbegebiete im Bundesstaat Oyo, Nigeria. Das Unternehmen GrowExpress Ltd. bewirtschaftet ein landwirtschaftliches Gut von 800 Hektar ungefähr 200 km nördlich der Millionenstadt Lagos in Nigeria. GrowExpress steht für Nachhaltigkeit. Durch Investitionen in die landwirtschaftliche Zukunft mit innovativen Produktionsverfahren für höchste Effizienz und Ertragssteigerungen. Weitere Informationen unter https://growexpress.org

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