Bei den Fachpressetagen 2011 (http://www.fachpressetage.de) des Redaktionsbüro Stutensee informierten Fachleute aus dem Bereich der Verfahrenstechnik die zahlreich erschienenen Vertreter der Fachpresse über neueste Entwicklungen der Branche. Die Prozesse selbst sind meist ausgereift, Verbesserungspotential steckt aber häufig noch in ihrer Handhabung. Stichworte sind Anlagenerhalt, sichere Arbeitsabläufe, Erfüllung gesetzlicher Vorgaben und betriebsinterner Verwaltung. Hier entscheidende Verbesserungen durch optimiertes Vorgehen zu erzielen, war der Inhalt der meisten Vorträge.
Verwaltung vereinfachen
Das Problem „Wo ist der Autoschlüssel“ kennt wohl jeder. Der antwortenden Schlüsselanhänger war vor Jahren schon für manchen die Lösung. Etwas komplexer ist ein Lokalisierungssystem für die Weiten der Produktionsanlagen, entwickelt von R.Stahl aus Waldenburg. Das auf RFID basierende System erlaubt es auch an unübersichtlichen Standorten, Arbeits- und Produktionsmittel ebenso leicht zu lokalisieren wie Rohstoffe oder Produkte und Personen. Selbst Eigentum mehrerer Firmen auf einem Chemieparkgelände lässt sich so sicher auseinanderhalten. Jedes zu identifizierende Teil bekommt einen RFID-Transponder, Das Gelände wird mit, die Fläche abdeckenden, fest installierten Empfängern ausgestattet. Das funktioniert nun selbst in explosionsgefährdeten Bereichen. Die Signale der aktiven Transponder werden empfangen, ausgewertet und die Position je nach Applikation angezeigt oder per ERP-System weiterverarbeitet. Das spart Zeit und Kosten und erhöht nebenbei noch die Sicherheit und Zuverlässigkeit der Anlage.
Ebenfalls um die Verbesserung von Logistik und Arbeitsabläufen drehte sich der Vortrag der Rösberg Engineering. Menschliche Fehler im Arbeitsablauf können gerade in der Prozessindustrie zu teils erheblichen Konsequenzen bei Produktqualität und Sicherheit führen; das Befüllen von Tankwagen ist dafür nur ein Beispiel. Das neue praxisgerechte Konzept sichert komplexe Abläufe, die aus mehreren manuellen Arbeitsschritten bestehen. Die herstellerunabhängige Lösung nutzt spezielle, an die raue Umgebung angepasste mobile Endgeräte, mit für mobilen Betrieb geeigneter Software. Über PDA oder Tablet-PC können so die vorgeschriebenen Arbeitsabläufe Schritt für Schritt aufgerufen, umgesetzt und abgehakt werden. Vergesslichkeit und Verwechslungen richten keinen Schaden mehr an, da RFID Schieber, Stutzen, Ventile usw. identifiziert.
Ebenfalls mit Bedienung vor Ort und Dateneingabe bzw. Ablesen aktueller Werte beschäftigten sich R.Stahl HMI Systems. In explosionsgefährdeten Bereichen dürfen nur Geräte mit begrenzter Energie oder sicherer Kapselung eingesetzt werden. Durch schlechte Ableitung der Wärme ist aber auch hier die Energie begrenzt. Unter diesem Leistungsmanko leiden besonders Displays im Sonnenlicht. Während Displays normalerweise nur auf blasse 600 bis maximal 1000 Cd/m2 kommen, erreicht die Sonne mit 20.000 bis 100.000 Lux bei bedecktem oder sonnigem Himmel ein Vielfaches dieser Leuchtkraft. Im Freien wie auf Tankschiffen, Bohrplattformen usw. können Abdeckungen aber nicht immer sicher für den nötigen Schatten sorgen. Die Lösung ist einfach, erfordert aber Knowhow: Ein für den explosionsgefährdeten Bereich zugelassener Touch-Screen arbeitet mit einer speziellen Folie, die das einfallende Sonnenlicht zur Seite „umleitet“. Während das Displaylicht ungehindert passieren kann. Damit die Sonnenenergie nicht zusätzlich den Bildschirm aufheizt, wird die Lichtenergie am Rand des Bildschirms wieder ausgekoppelt.
Die Präsentation der Mitsubishi Electric Europe B.V. griff das Thema des Verwaltens und Steuerns von Rezepturen auf. Unter dem Namen C Batch entwickelte Mitsubishi in Zusammenarbeit mit dem Prozesssteuerungsspezialist INEA das neue Programm, um PAC-basierte Batch-Steuerungslösung zu unterstützen. Kompatibel mit ISA S88.01 bietet die Lösung Features zur Bearbeitung und Verwaltung von Rezepturen, Erzeugen von Batches und Steuerung ihrer Ausführung bis hin zur automatischen Rezeptur-Ausführung. Auch simultane Bearbeitung verschiedener Rezepturen ist möglich. Das Programm benötigt keinen Linien-PC, da industriell geprüfte PAC-Hardware anstelle konventioneller PC-Hardware verwendet wird. So werden zugleich die üblichen Probleme mit der IT-Sicherheit umgangen, da Trojaner und Würmer aus der Windows-Welt hier nicht zuschlagen können. Mitsubishi betrachtet gerade die Fabrikautomatisierung in dieser Hinsicht aus einer übergeordneten Perspektive.
Lösungen für die Verfahrenstechnik
Verfahrenstechnik benötigt in vielen Fällen Wärme. Moderne Brennersteuerungen, z.B. für Prozessdampferzeugung, regulieren und steuern die Energiezufuhr präzise. Neben diesen rein aufgabenorientierten Vorgängen muss heute zusätzlich auf die Einhaltung der feuerungstechnischen Normen und Richtlinien geachtet werden. Maßnahmen für funktionale Sicherheit aus den Sicherheitsstandards der Prozess- und Maschinenindustrie sind zu berücksichtigen. Eventuelle Änderungen dieser Vorschriften sind bei Wartungsstillstand unverzüglich umzusetzen und gegebenenfalls Komponenten um- oder nachzurüsten. Der Vortrag von HIMA – Paul Hildebrandt GmbH Co KG zeigte auf, in welchen Phasen des Sicherheitslebenszyklusses Fachnormen aus der Feuerungstechnik Einfluss auf die Brennersteuerung nehmen.
Dem eigentlichen Produktionsgeschehen widmete sich der Beitrag der Endress+Hauser Conducta mit ihren neuen Inline-Photometern. Diese modernen Photometer erlauben nun, präzise und reproduzierbare Trübung oder Zellwachstum innerhalb des Reaktors zu bestimmen. Dazu arbeiten die Sensoren mit Farbmessung, NIR- (Nahes-Infra-Rot) oder UV-Absorption. Die Wechselwirkung des eingestrahlten Lichts mit dem Medium gibt bei der Inline-Messung direkt aussagekräftige Daten ohne personalintensive Probennahme und Labor. Das Verfahren eignet sich sowohl für einfache Applikationen wie auch für höchsten hygienischen Auflagen unterworfene Prozesse. Ebenfalls mit dem Gebiet moderner Sensorik beschäftigte sich der Vortrag der Endress+Hauser Messtechnik. Betriebssicherheit und Anlagenverfügbarkeit müssen heute mit einer einheitlichen und durchgängigen Feldinstrumentierung einhergehen. Nur so lassen sich Betriebskosten in einem vertretbaren Rahmen halten. Als erster Anbieter setzt der Sensorspezialist daher auf ein neues, auf Zweileiter-Technik basierendes Konzept. Sensoren für die Messparameter Durchfluss und Füllstand übernehmen hier die Vorreiterrolle. Das erlaubt einen konzeptionellen Wandel hin zu einfacher und einheitlicher Technik im Feld und setzt gleichzeitig neue Maßstäbe bei Sicherheit und Effizienz in der Feldinstrumentierung.
Dem klassischen Bereich der Dosiertechnik verschrieben war die Präsentation der ProMinent Dosiertechnik GmbH. In einem kurzen Überblick wurde der große Bogen der heute wichtigen Einsatzfelder für zuverlässige Dosierung unterschiedlichster Stoffe aufgezeigt. Damit Kühltürme und Rückkühler von Klimaanlagen nicht zu gesundheitsgefährdenden Salmonellenschleudern werden (Salmonellen wachsen im dort bevorzugten Temperaturbereich von um die 50°C sehr gut), muss das Kühlwasser mit der gerade notwendigen Menge Korrosionsschutz- oder Desinfektionsmitteln versetzt werden. Das ist keinesfalls trivial. Individuell abgestimmte Systeme des Herstellers bekämpfen Mikroben, Ablagerungen und Korrosion durch intelligente Vernetzung von Dosierpumpen, Reglern und Sensoren. So kann bei minimalen Betriebskosten ein maximaler Schutzeffekt für die Anlage und Umwelt sichergestellt werden.
Die vortragenden Teilnehmer der Fachpressetage Prozesstechnik spannten mit ihren Beiträgen zum wiederholten Mal einen interessanten Bogen von der modernen Grundlagentechnik für die Anlage über Neuerungen im Bereich Handling und Sicherheitskontrolle bis hin zu Verwaltungserleichterung bei der Umsetzung von Vorschriften und Normen. In allen Themenbereichen war der Trend zur individuell zugeschnittenen Lösung auszumachen, Hardware wie Software Angebote werden dafür zunehmend flexibler entwickelt.