Der neue Inspekteur des Sanitätsdienstes der Bundeswehr, Ingo Patschke, möchte die Zusammenarbeit zwischen zivilen und militärischen medizinischen Einrichtungen verstärken. „Wenn wir feststellen, dass eines unserer Sanitätszentrum nicht ausgelastet ist, und die Bevölkerung hat Bedarf, dann müsste man die Kassenärztlichen Vereinigung mal fragen: Habt Ihr Interesse, dass die Bundeswehr für euch tätig ist?“, sagte der Generaloberstabsarzt der Tageszeitung „Die Welt“ (Dienstags-Ausgabe). „Dieses Gespräch zu beginnen, um die nationale Aufgabe Gesundheitsversorgung der Bevölkerung mit zu betrachten, finde ich spannend.“
Bei Kooperationen denkt Patschke aber auch an die Soldaten, die wegen der geplanten Schließung von Sanitätszentren künftig bis zu 80 Kilometer für einen Arztbesuch fahren müssen. „Wir müssen uns mehr einfallen lassen, um Service zu bieten“, sagte der 59-jährige Generalarzt. Eine Möglichkeit sei es, die Behandlung in akuten Krankheitsfällen an zivile Ärzte abzugeben und Kooperationen mit zivilen Versorgungszentrum. „Solche Kooperationen sind für uns als Bundesbehörde jedoch an bestimmte Gesetzte gebunden.“ Wegen des bundesweiten Ärztemangels werde auch die Bundeswehr in Zukunft ein Rekrutierungsproblem haben. „Wir müssen weiter die Werbetrommel rühren“, sagte Patsche der Zeitung weiter. „Das kann aber dauern.“ Im Moment hätten sich die Streitkräfte von personellen Defiziten allerdings etwas erholt. „Wir hatten noch nie so viele Sanitätsoffiziere wie heute“, sagte Patschke. In der neuen Struktur würden es noch mehr werden. „Unser Weiterbildungsbedarf steigt, deswegen brauchen wir mehr Stellen. Das erkennt unser Minister an.“ Ingo Patschke hat sein Amt vor rund vier Monaten angetreten, mitten in den Planungen für die Neuausrichtung der Bundeswehr. „Gerade in dieser Phase kann man viele eigene Ideen mit einbringen“, sagte er. Patschke forderte „ein Klima für Diskussionen und Kritik“. Außerdem wolle er den Dialog mit Studenten ausweiten – auch um selbst Neues zu erfahren, zum Beispiel über die Auslandseinsätze. „Ich selbst habe wohl Einsatzerfahrung, aber unsere jungen Leute, die haben Kriegserfahrung“, sagte der Bundeswehr-Mediziner. „Früher erzählte der Ausbilder vom Krieg, und der junge Sanitätsoffizier lernte von ihm. Heute hat sich das teilweise umgekehrt. Das müssen die Jungen auch spüren.“ Zur Zahl der nach Auslandseinsätzen traumatisierten Bundeswehrsoldaten, die im vergangenen Jahr einen neuen Höchststand erreicht hat, sagte Patschke: „Die Zahl von 922 ist eine Aufsummierung von Neuerkrankungen und alten Fällen. Gegenüber 2010 haben wir jetzt grob 200 Fälle mehr.“ Dadurch, dass Krankheiten wie posttraumatische Belastungsstörungen kein Tabuthema mehr seien, trauten sich inzwischen mehr Soldaten, darüber zu sprechen. „Darüber freuen wir uns, weil es gute Heilungschancen gibt.“ Dadurch gingen aber auch die Zahlen in die Höhe. „Wenn die Bundeswehr irgendwann nach 2014 aus Afghanistan abzieht, werden wir noch immer mit PTBS-Fällen zu tun haben, auch in den Folgejahren“, so der Sanitäts-Inspekteur.